Wrestler Darren Young:"Schau mich an - ich bin schwul"

Lesezeit: 3 min

Coming-out im Wrestling: Darren Young bei einem Kampf 2012 (Foto: Simon Q / CC-by-sa-2.0)

US-Wrestler Darren Young erklärt lapidar am Flughafen, schwul zu sein. Die Reaktionen sind positiv - doch geschah das Coming-out wirklich spontan? Denn in der Unterhaltungsindustrie Wrestling lässt sich der starke Mann nun noch besser vermarkten.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es kommt bei einem Gespräch bisweilen gar nicht so sehr darauf an, was gesagt wird - sondern darauf, wann, wo und vor allem wie es gesagt wird. Der Inhalt bleibt freilich wichtig, insbesondere dann, wenn ein aktiver professioneller Sportler erklärt, homosexuell zu sein. Der Wrestler Darren Young hat das vor wenigen Tagen im amerikanischen Boulevardmagazin TMZ getan.

Es war kein Interview, vielmehr stand der 33-Jährige am Flughafen von Los Angeles und wartete am Gepäcklaufband auf seine Koffer. TMZ fängt dort gewöhnlich Berühmtheiten ab und erhofft sich kurze Statements von den Promis, woher sie gerade kommen oder wohin sie nun fliegen werden. Young trägt ein schwarzes T-Shirt, ein weißes Armband und eine Sonnenbrille.

Der Reporter fragt ihn beinahe nebenbei, ob er denn glaube, dass ein homosexueller Wrestler in der professionellen Organisation World Wrestling Entertainment (WWE) erfolgreich sein könne. Youngs lapidare Antwort: "Absolut! Schau mich an. Ich bin ein WWE-Superstar - und um ehrlich zu sein: Ich bin schwul. Ich bin glücklich. Ich bin sehr glücklich."

"Es fühlte sich in diesem Moment einfach richtig an"

Der Reporter weiß für einen Moment nicht, was er zu diesem Statement sagen soll, also fährt Young fort: "Macht es einen Unterschied für dich? Ändert es, was du über mich denkst? Wenn man so will, dann ist das hier mein Coming-out, wenn man das so nennen will. Ich will nur, dass ihr das wisst: Ich bin glücklich, ich fühle mich wohl in meiner Haut. Ich lebe meinen Traum, ich bin hier in Los Angeles für den WWE-Summerslam."

Bei dieser Veranstaltung im Staples Center von Los Angeles unterlag Young dann Rob Van Dam. Das ist die Rolle von Darren Young im Wrestling, einer Sportart, in der sich jeder Teilnehmer Superstar nennen darf, in der es beinahe so viele Titel wie Profis gibt - und in der die Ergebnisse zuvor festgelegt werden. Mit seiner Niederlage verhalf er seinem Gegner Van Dam zu einem Comeback - dennoch wurden nach dem Kampf Sieger und Unterlegener gleichermaßen gefeiert.

"Es fühlte sich in diesem Moment einfach richtig an", sagt Young ein paar Tage später, "ich habe diese Gefühle so lange unterdrücken müssen, aber jetzt bin ich glücklich." In einer anderen Situation wäre er vielleicht erschrocken gewesen oder hätte Panik bekommen. Doch dort, am Flughafen bei den Gepäckstücken, habe er sich wohl gefühlt: "Es brauchte nur ein bisschen Mut."

Er wolle ein Vorbild sein für jene Menschen, die Angst davor hätten, sich zu ihrer Homosexualität zu bekennen - und er wolle zeigen, dass es keine große Sache sei, die sexuelle Neigung öffentlich zu machen: "Ich bin viel mehr als nur schwul. Ich wurde als Kind gehänselt, weil ich gestottert habe. Mir wurde damals geholfen - und genauso wird mir gerade geholfen."

Er habe mit Jason Collins gesprochen, jenem Basketballspieler, der sich vor vier Monaten zu seiner Homosexualität bekannte und derzeit versucht, einen Verein zu finden: "Er hat mir ein paar Tipps gegeben, wie ich mit der Situation umgehen kann und dass ich optimistisch und stark bleiben soll."

Seine Wrestling-Kollegen äußerten sich allesamt positiv über sein Coming-out. John Cena, dessen Bruder ebenfalls homosexuell ist, sagte etwa: "Das ist wunderbar, ich kann ihm nur gratulieren, dass er es endlich getan hat. In unserer Sportart geht es um Unterhaltung, da macht es keinen Unterschied, welche Herkunft, welchen Glauben oder welche Sexualität einer hat."

Sorgfältig ausgetüftelt?

Mittlerweile indes gibt es Gerüchte, dass das Bekenntnis von Young gar nicht so spontan gewesen sei, wie es sich zunächst anhörte. Die WWE habe es vielmehr lange geplant, um daraus Kapital zu schlagen. Das behauptet zumindest der frühere Profi Justin Credible: "Ich freue mich für Darren - aber es kann nicht sein, dass es nur eine Aussage im Affekt war. Ich habe gehört, dass es sorgfältig ausgetüftelt wurde."

In der Tat feierte Young wenige Tage nach seinem Coming-out einen wichtigen Sieg bei der Veranstaltung "WWE Monday Night Raw", er wird mit seinem Sparring-Partner als Duo "Prime Time Players" auf der aktuellen USA-Tour immens vermarktet, der Videospielehersteller 2K Sports verkündete sogleich, dass Young in der neuen Version "WWE 2K14" eine bedeutende Rolle spielen würde.

Nur - und um es mit den Worten von Young selbst zu sagen: Macht das einen Unterschied? Da fühlte sich einer jahrelang schrecklich, weil er nicht zu seinen Gefühlen stehen durfte, nun profitiert er eben ein wenig davon in einer Sportart, die davon lebt, als "Scripted Reality" für Dramen und Unterhaltung zu sorgen. Darren Young ist derzeit äußerst unterhaltsam.

Wichtiger für Darren Young ist, so sagt er, dass er glücklich sei. Und dann sagt er noch etwas - und wieder ist es keine große Ankündigung, sondern ein Nebensatz. Er spricht darüber, dass er sich gerade extrem wohl fühle in seiner Haut. "Ich bin gerade verliebt."

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: