WM-Auftakt in Dänemark:Weite Wege

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Deutschland verliert zum Auftakt gegen den Gastgeber und verspielt damit eine gute Ausgangsposition im Kampf ums WM-Ziel Viertelfinale. Nun hofft das Team von Bundestrainer Sturm auf eine alte Stärke.

Von Christian Bernhard, Herning/München

Es sind weite Wege, die die Eishockeyspieler in der Jyske Bank Boxen Arena in Herning in Dänemark auf sich nehmen müssen, um aufs Eis zu kommen. Wie weit, machte Timo Pielmeier am Freitagmittag deutlich, als er sich in voller Torhüter-Montur auf einen Golfwagen setzte und sich Richtung Kabine kutschieren ließ. Vor dem Abschlusstraining hatte er die rund 300 Meter von der Kabine aufs Eis noch zu Fuß zurückgelegt.

Pielmeiers Golfcart-Anreise durfte man durchaus auf die Leistung der deutschen Mannschaft am Freitagabend übertragen. Denn der Weg ins Viertelfinale der Eishockey-Weltmeisterschaft in Dänemark ist für die deutsche Mannschaft schon nach dem ersten Spiel noch ein Stückchen weiter geworden. Am Freitag verlor das Team von Bundestrainer Marco Sturm das Auftaktspiel gegen Gastgeber Dänemark 2:3 nach Penaltyschießen. "Es ist alles nicht so einfach", sagte Sturm hinterher und verwies auf die "neue Truppe", mit der er ins Turnier gestartet ist. Nur noch zehn Silbermedaillengewinner von Pyeongchang sind ihm geblieben. Zwölf Absagen und Rücktritte, wie jene der Schlüsselspieler Marcel Goc, Christian Ehrhoff und Patrick Reimer, muss er auffangen. Der Kader ist jünger und auch unerfahrener geworden: Neun WM-Neulinge sind dabei.

Vor dem zweiten Gruppenspiel steht das deutsche Team bereits unter Druck

Der Bundestrainer war trotzdem "sehr zufrieden" und sprach von "Kleinigkeiten", die den Unterschied ausgemacht hätten. "Wir sind von Drittel zu Drittel besser geworden und hatten am Schluss auch genügend Chancen, das Spiel zu gewinnen", erklärte er. Die Größte bot sich seinem besten Spieler: Leon Draisaitl startete knapp drei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit einen Alleingang, schloss diesen aber neben dem Tor des WM-Gastgebers ab. Zuvor hatte der Angreifer der Edmonton Oilers, der zum besten deutschen Spieler der Partie gekürt worden war, das 1:1 selbst erzielt und Yasin Ehliz' 2:2 vorbereitet.

Im Penaltyschießen verschoss er allerdings - so wie alle anderen vier deutschen Schützen auch. "Wenn ich den reinmache, ist das Spiel vielleicht vorbei", sagte er zu seinem Alleingang. Sturm erklärte, Draisaitl habe ein bisschen Zeit gebraucht, sei dann aber "immer besser ins Spiel gekommen". Generell habe der 22-Jährige ein gutes Spiel gemacht, unterstrich der Bundestrainer. Die Niederlage konnte aber auch Draisaitl nicht verhindern. Die Dänen waren lange Zeit aggressiver und wacher, erst im Schlussdrittel bestimmte Deutschland gegen den Weltranglisten-14. zumindest phasenweise die Partie. Dänemarks Torhüter Frederik Andersen zeigte in dieser Phase aber, warum er der Stamm-Torwart der Toronto Maple Leafs in der NHL ist.

Obwohl Sturm nach der Auftaktniederlage ruhig und sachlich darauf verwies, dass das Turnier noch lang sei und "wir unseren Weg weitergehen", steht sein Team im zweiten Gruppenspiel gegen Norwegen am Sonntag (16.15 Uhr) bereits unter Druck. Gegen die Skandinavier ist ein Sieg fast schon Pflicht, um dem anvisierten Ziel, der Viertelfinal-Teilnahme, nicht schon früh hinterherzulaufen. Die Dänen haben im Kampf um einen der ersten vier Plätze in der Gruppe B nun ja nicht nur einen Punkt mehr auf dem Konto, sondern auch das direkte Duell auf ihrer Seite. Das bedeutet, dass Deutschland in den ausstehenden sechs Partien zwei Zähler mehr als der Gastgeber holen muss, um ihn zu überholen. Die harten Brocken Kanada, die USA und Finnland, die - anders als bei Olympia - mit beeindruckenden Teams voller NHL-Spieler angereist sind, erwarten Deutschland am Schluss der Vorrunde.

"Wir müssen uns wieder hinten anstellen", sagt Sturm

Dass ihr Weg kein einfacher sein würde, war den Deutschen schon vor der Auftaktniederlage klar gewesen. "Die Amerikaner, die Kanadier, die Schweden und viele andere haben jetzt NHL-Spieler dabei. Für den normalen Zuschauer haben wir vielleicht mehr Druck, aber wir wissen, dass wir vor derselben schweren Aufgabe stehen wie in den letzten Jahren. Daran hat Olympia nichts geändert", sagte Kapitän Dennis Seidenberg. Sturms Lösung lautete: "Wir müssen uns wieder hinten anstellen."

Erst einmal gilt der Fokus aber den Norwegern, die am Samstag beim 2:3 nach Verlängerung gegen Lettland ebenfalls einen Punkt holten. Sturm erklärte, sie seien mit den Dänen zu vergleichen. "Sie sind läuferisch, technisch und auch taktisch sehr gut geschult, das haben wir in den letzten Jahren selbst miterlebt. Deswegen wird es für uns nicht leichter." Das deutsche Team setzt nun darauf, dass es sich so wie in den vorangegangenen Turnieren unter Sturm von Spiel zu Spiel steigern kann.

© SZ vom 06.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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