Wieder kein Heimsieg für Gladbach:Die Krux mit den Toren

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Die mangelnde Chancenauswertung kostet Gladbach wieder einmal den Sieg: Raffael (vorn) und Mahmoud Dahoud hadern. (Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Großchancen vergeben, Führung verspielt: Beim 1:1 gegen Hoffenheim erlebt Gladbach den üblichen Herbst-Frust. Einziger Trost: Die zuletzt nörgeligen Fans feuern ihr Team bis zuletzt an.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Ungläubigkeit, Staunen, Entsetzen - aber keine Pfiffe. Bei Borussia Mönchengladbach hat das siebte Bundesligaspiel in Serie ohne Sieg keine Unmutsbekundungen bei den zuletzt kritischen und von Sportdirektor Max Eberl dafür heftig kritisierten Fans hervorgerufen. Bis zum Abpfiff des 1:1 (1:0) gegen die TSG Hoffenheim sangen und skandierten die Gladbacher Zuschauer, obwohl sie sich doch mal wieder einen Sieg gewünscht hätten. Wieder verspielten ihre Borussen eine 1:0-Führung, wieder nutzten sie später zwei glasklare Torchancen durch Lars Stindl (49.) und Fabian Johnson (78.) nicht zum zweiten Treffer - und versäumten so den ersten Liga-Sieg seit zwei Monaten. "Unsere Krux ist, dass wir die Tore nicht schießen", sagte Trainer André Schubert, "dort fehlt uns momentan die gewisse Leichtigkeit. Zufriedener waren die Hoffenheimer mit dem Remis, obwohl es ihr drittes in Serie war. "Wir können total zufrieden sein, weil Gladbach wahnsinnig viel Qualität hat", sagte der Torwart Oliver Baumann, der mit einigen guten Aktionen das zweite Gegentor verhindert hatte.

An dem Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud hat sich in dieser Saison schon manche Gladbacher Geschichte festmachen lassen, dabei hat der 20-Jährige vergleichsweise wenig gespielt. Vor der Saison galt der im rheinischen Langenfeld aufgewachsene gebürtige Syrer als große Mittelfeldhoffnung, weil Granit Xhaka zum FC Arsenal nach London gewechselt war. Dann spielte Dahoud allerdings eher selten, der Trainer Schubert zog ihm oft den Zugang Tobias Strobl vor, weil der mehr Sicherheit einbrachte. Dahoud wurde mehr und mehr zum Thema, weil es den Gladbachern zugleich ja an Erfolgserlebnissen mangelte, aber Schubert sah Dahoud in einem Kreativloch und erklärte damit, warum er Gladbachs größtem Talent seit Langem so wenig Einsatzzeit gab. Zuletzt wurde dies dann wieder ein wenig besser, Dahoud konnte wieder mehr spielen und dabei auch andeuten, wie wichtig er für die Mannschaft sein kann.

Hat die Fan-Kritik von Manager Eberl gefruchtet?

Als Dahoud am vergangenen Mittwoch beim 1:1 in der Champions-League gegen Manchester City in der zweiten Halbzeit gelb-rot-gefährdet ausgewechselt wurde, pfiffen Tausende Fans und wurden dafür hernach von Sportdirektor Eberl als "dumm" bezeichnet. Gegen Hoffenheim nun stand Dahoud wieder in der Startelf und erzielte in der 25. Minute sein erstes Saisontor. Auf Vorlage von Christoph Kramer schlenzte er den Ball mustergültig ins linke Eck des Hoffenheimer Tors. Der davor letzte Bundesliga-Treffer war ihm vor sieben Monaten gelungen - gegen Hoffenheim.

Dahoud war auch nach der Pause an mehreren Offensivaktionen beteiligt, aber es ist typisch für diese Gladbacher Saison, dass sie nicht das 2:0 erzielten, sondern in der 53. Minute den Treffer zum 1:1 kassierten. TSG-Trainer Julian Nagelsmann hatte mit Aufnahme der zweiten Hälfte zwei Mal gewechselt, unter anderem hatte er den Torschützen Nadiem Amiri für den Innenverteidiger Fabian Schär hereingebracht. "Wir hatten zu viele Defensivspieler auf dem Platz und mussten umstellen", sagte Nagelsmann. Amiri hatte in dieser 53. Minute ziemlich viel Platz vor dem Gladbacher Strafraum und entschloss sich mangels besserer Alternative zu einem Fernschuss, der aus 20 Metern recht zielsicher seinen Weg ins Gladbacher Tor fand. Das Gladbacher Publikum beschwerte sich diesmal nicht über diese unvorteilhafte Wendung, sondern feuerte die Borussia stattdessen umso mehr an. Hatten die mahnenden Worte von Eberl nach dem Mittwochspiel die Zuschauer doch erreicht?

Die Mannschaft unterstützte den Enthusiasmus ihres Publikums freilich zu wenig. Die Hoffenheimer übernahmen die Kontrolle über das Spiel. Dennoch hätte Gladbach in der 78. Minute unbedingt in Führung gehen müssen: Dahoud hatte den kurz zuvor eingewechselten Fabian Johnson wunderbar freigespielt, und dieser lief allein auf Hoffenheims Torwart Baumann zu - traf allerdings nur den Außenpfosten. "Ich kann das nicht erklären", sagte Johnson, "aber wir dürfen uns wegen solcher Szenen nicht verrückt machen, sondern müssen weiter arbeiten." Die Zuschauer konnten nicht glauben, was sie da sahen - aber sie pfiffen weiterhin nicht, sondern besangen ihre Borussia tapfer bis zum Ende. "Die Fans haben uns unterstützt, so gut sie nur konnten", sagte Schubert. Bleiben die Fakten: Zwei Monate ist der 2:0-Heimsieg gegen Ingolstadt her, seither hat Gladbach aus sieben Ligaspielen nur drei Punkte und 2:12 Tore erwirtschaftet. Es bleibt ein trüber Herbst für die Gladbacher.

© SZ vom 27.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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