Wettskandal im Fußball:Verdächtige packen aus

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Der aus Niedersachsen stammende Nurretin G. belastet Spieler vom VfL Osnabrück und Wettbetrüger in der Türkei schwer. Es folgte eine Verhaftungswelle - und weitere Geständnisse.

Hans Leyendecker

Im Wettskandal galt der aus Lohne in Niedersachsen stammende Nurettin G. lange Zeit nicht gerade als Hauptfigur. Die Ermittler gingen davon aus, dass G. geholfen habe, Spiele des VfL Osnabrück zu manipulieren. Auch in den türkischen Fußball-Ligen hatte er, wie dokumentierten Telefonüberwachungen dokumentieren, geholfen, Spiele zu verschieben.

Inzwischen bewerten Ermittler die Rolle von G. neu. Er hat umfangreich ausgepackt und Aussagen zu über hundert manipulierten Spielen gemacht. Auch belastete er zwei ehemalige Osnabrücker Spieler schwer. Angeblich hatten sie bei ihm Wettschulden und sollen selbst angeboten haben, Spiele zu manipulieren. Beide Spieler hatten ähnliche Vorwürfe bisher heftig bestritten.

Die Bochumer Staatsanwaltschaft arbeitet seit Beginn der Ermittlungen im vorigen Herbst eng mit türkischen Kollegen zusammen. Nachdem G. und andere inhaftierte Wettbetrüger, die ebenfalls die türkischen Ligen im Blick hatten, ausgepackt hatten, reiste in den vergangenen Wochen eine türkische Delegation nach Bochum, um Einblick in Vernehmungsunterlagen zu erhalten. Im Beisein des deutschen Anwalts von Nurettin G. befragten türkische Ermittler den mutmaßlichen Wettbetrüger.

Kurz danach gab es in der Türkei eine Verhaftungswelle. Präsidenten, Trainer und Spieler von türkischen Klubs sollen von Manipulationen gewusst und zum Teil daran verdient haben. Betroffen sind vor allem Vereine der zweiten und dritten türkischen Liga.

Ein anderer Beschuldigter sagte aus, er sei mit 100.000 Euro nach Istanbul geflogen. Das Geld sei dort zum großen Teil an Funktionäre und Spieler verteilt worden. Auch skizzierte er die speziellen Beziehungen zu Wettbüros in Europa. Mittlerweile haben etliche der mehr als ein Dutzend einsitzenden Wettbetrüger ausgepackt. Sie wollen durch Geständnisse ihre Chancen in dem für den Herbst erwarteten Prozess verbessern.

Der deutsche Hauptbeschuldigte Ante Sapina ("Navigator"), der nach dem ersten Wettskandal zu zwei Jahren und elf Monaten Haft verurteilt worden war und auch in den zweiten Wettskandal verwickelt ist, hat noch nicht ausgepackt. Die Ermittler rechnen aber damit, dass auch er reden wird. Seine Aussagen werden mit Spannung erwartet, denn der "Navigator" weiß vermutlich, welche Spiele in welcher Liga in Deutschland gekauft wurden.

© SZ vom 8.4.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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