Werner Lorant entlassen:Danke, Werner

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Jetzt hat ihn die Türkei - ausgerechnet - in den Ruhestand geschickt, nur weil er sechsmal in Serie verloren hat. Eine Hommage an Werner Lorant

von Michael Neudecker

Liebe Fußballfreunde, wir haben uns heute versammelt, um den Sportskameraden Werner zu verabschieden. Wir haben Bruder Werner immer geliebt, ach was, vergöttert, jawoll, wir haben ihn vergöttert. Weil er nämlich kein langweiliger "Wir-müssen-kompakt-stehen"-Fußballtrainer war und kein öder "Grüß-Gott-wie-geht's"-Sager. Werner Lorant hat Feuer entfacht, und das Feuer war stets mit ihm.

Taubenzüchter? Nein, geht auch nicht. Werner Lorant hegt Sympathien mit Habichten. (Foto: Foto: dpa)

Und er war schon überall: als Spieler in Welver und Dortmund und Essen und Saarbrücken und Frankfurt und Schalke und Hannover, als Trainer bei Welver und 1860 München und 1860 München und Ahlen und, na, eben überall, Istanbul, Teheran, Nikosia, Unterhaching und ein paar Mal in der Türkei. Er liebt die Türkei und die Türkei liebt ihn. Und jetzt hat ihn die Türkei - ausgerechnet! - in den Ruhestand geschickt, nur weil er mit einem Klub namens Kasimpasa sechs Mal in Serie verloren hat.

Nun, das mit dem Ruhestand, liebe Freunde, wissen wir nicht sicher, aber wir vermuten, dass kein Klub ihm noch einen Vertrag geben wird, auch kein Taubenzüchterverein, weil der Taubenzüchter Lorant kürzlich zugegeben hat, dass ein Habicht in seinem Garten alle Tauben gefressen habe und ihm der Habicht sympathisch sei, weil er kompromisslos seinen Hunger stillt. Dabei hat Lorant vieles in seinem Leben erreicht.

Er hat als aktiver Grätscher und Quetscher Jammerlappen wie den Bayern-Spieler Jupp Kapellmann per Griff in die Männlichkeit ins Krankenhaus befördert, er hat als Trainer die Fraktion der Schimpfwort-Erfinder erweitert, er hat mit 1860 gegen Bayern 1:5 verloren, Erciyesspor auf den letzten Platz der Süper Lig geführt und Unterhaching von der zweiten in die Regionalliga und dort auf Platz elf. Natürlich ist er nie entlassen worden, man hat sich immer einvernehmlich getrennt. Immer einvernehmlich getrennt!

Und so blicken wir mitfühlend nach Welver, wo die Leute noch heute vom "technisch begnadeten Spargeltarzan Lorant" reden und sich erinnern an den größten Erfolg der Vereinsgeschichte des SVW, als man 1968, dank Lorant!, aus der Bezirksklasse Staffel 9 in die Landesliga Staffel 5 aufstieg. Und schließen mit einem Satz des hochverehrten Kameraden Werner: "Ich wechsle nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht."

Danke, Werner, danke für alles.

© SZ vom 04.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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