Werksklub gewinnt 1:0:Zähe Integration

Lesezeit: 2 min

Ob das Lachen in Wolfsburg endgültig zurück ist, kann man nach dem Sieg gegen den HSV noch nicht sagen: Torschütze Mario Gomez (Nr. 33) freut sich aber sichtlich. (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Wolfsburgs Neue überzeugen gegen den HSV nur zum Teil. Einer bereitet immerhin das entscheidende Tor vor.

Von Carsten Scheele, Wolfsburg

Wann hatte der VfL Wolfsburg zuletzt so schnell, so zielgerichtet gespielt? Vielleicht in der Meistersaison 2008/09, vielleicht 2015 beim Pokalsieg. An diesem Samstag lief die 83.Spielminute, Paul-Georges Ntep trat auf der linken Seite an, passte zu Borja Mayoral, zurück zu Ntep, das alles im Vollsprint. In der Mitte stand Mario Gomez, er erhielt den Pass von Ntep, ein Ballkontakt - Tor!

Zur Einordnung sei gesagt, dass es die einzige Aktion des VfL Wolfsburg im ersten Spiel nach der Winterpause war, die in dieser Geschwindigkeit vollzogen wurde. Es war auch viel Krampf dabei, allerdings stand am Ende ein verdienter 1:0 (0:0)-Erfolg in eigener Arena über den Hamburger SV. In Paul-Georges Ntep, dem frisch von Stade Rennes verpflichteten Franzosen, war auch gleich ein neues Gesicht entscheidend beteiligt.

Es war ja das Duell der beiden Top-Einkäufer der Winterpause. Die Wolfsburger sahen nach Platz 13 zum Jahreswechsel Optimierungsbedarf in der Offensive, die Hamburger (auf Platz 16) zuvorderst in der Defensive. So lief am 17. Spieltag viel neues Personal auf den Rasen, Wolfsburg setzte auf den neuen Regisseur Yunus Malli (Mainz 05) und den französischen Außenstürmer Ntep, der HSV präsentierte in Mergim Mavraj (1. FC Köln) und Kyriakos Papadopoulos (Leverkusen) ein neues Duo in der Innenverteidigung. Das war gar nicht vorgesehen, aber Johan Djourou verletzte sich beim Aufwärmen, Papadopoulos sprang ein.

Die Implementierung eines neuen Innenverteidiger-Duos mitten in der Saison entspricht bei einer Bundesliga-Mannschaft etwa der OP am offenen Herzen, doch der HSV hatte keine andere Wahl. Der neue Boss Heribert Bruchhagen hatte mitgeteilt, dass er für den nicht immer pflegeleichten Emir Spahic keine Zukunft beim HSV sieht, und da auch Cléber zurück in seine Heimat verkauft wurde, kamen Mavraj und Papadopoulos. Zwei ligaweit beachtete Einkäufe, insbesondere Mavraj, den sie beim 1. FC Köln nur sehr ungern ziehen ließen.

Wolfsburg müht sich in Überzahl, Zugang Malli fehlt die Präzision

Doch was bringen die besten Wintereinkäufe, wenn sich das übrige Personal so tölpelhaft verhält wie Hamburgs Albin Ekdal? In Wolfsburg leistete sich der Sechser binnen weniger Minuten zwei Fouls, das erste noch strittig, das zweite definitiv gelbwürdig. Schon in der 33. Minute musste Ekdal vom Platz, was seinen Trainer Markus Gisdol augenblicklich vor neue Aufgaben stellte. Später sprach Gisdol von einem schweren Fehler, der "so einem erfahrenen Spieler nicht passieren" dürfe. Mavraj schimpfte, Ekdal habe der Mannschaft mit seiner Aktion "ins eigene Fleisch geschnitten".

Auch bei den Wolfsburgern lief nicht alles rund. Alles hatte auf die rasche Eingliederung des Ex-Mainzers Malli in der Zentrale gehofft, der als bisheriger Königstransfer des neuen Sportchefs Olaf Rebbe gilt. Rebbe, erst 38 Jahre alt, hatte zum Einstieg als Nachfolger von Klaus Allofs beeindruckt, weil er den in Ungnade gefallenen Julian Draxler geräuschlos und ungemein lukrativ (42 Millionen Euro) zu Paris Saint-Germain veräußerte und in Malli ebenso geräuschlos einen Ersatz fand, der vor einem Jahr noch bei Borussia Dortmund oben auf dem Wunschzettel stand, damals Mainz aber nicht verlassen durfte.

Doch Malli tat sich gegen den HSV schwer. Versuchte es mal offensiver, mal aus der Tiefe, fand aber kaum ins Spiel. Eine gute Gelegenheit erarbeitete sich der Deutsch-Türke, als er knapp am zweiten Pfosten vorbeizielte (8.). Immer wieder suchte er Mario Gomez, der als Typ Strafraumstürmer diese Zuspiele natürlich braucht - Mallis Versuche kamen nur meist nicht an. Erst als Malli in der 80. Minute ausgewechselt wurde, fiel das Tor. Ntep, Mayoral, Ntep, Gomez - dann wurde es laut in der Arena.

Trainer Valérien Ismael war erleichtert. Sein Team sei im Kopf "noch nicht komplett befreit", das habe er deutlich gesehen, so der Coach: "Aber das war nur ein Schritt, nächste Woche müssen wir den nächsten Schritt machen." Beim Gegner hatte HSV-Coach Gisdol nur einen Wunsch: "Nächste Woche muss, muss mit elf Mann zu Ende gespielt werden."

© SZ vom 22.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: