Werder gewinnt 2:0:Mit Mann und Maus und Nouri

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Die Bremer feiern den ersten Sieg im neuen Jahr - weil sie sich endlich darauf besinnen, zunächst einmal stabil zu stehen. Das bringt auch Trainer Alexander Nouri aus der Schusslinie.

Von Frank Hellmann, Mainz

Für Überschwang sah Alexander Nouri an diesem Nachmittag keinen Anlass. Überaus kontrolliert, fast zurückhaltend wirkte der Trainer des SV Werder, als der vor allem für ihn so wichtige 2:0 (2:0)-Erfolg beim FSV Mainz 05 unter Dach und Fach gebracht war. Motto: bloß nicht zu viel Aufhebens machen. "Ich habe immer gesagt: Ich begreife mich als Teil des Teams. Dieser Sieg war wichtig für den Klub, für die Mannschaft, für die Fans. Ich nehme mich da nicht so wichtig", erklärte der 37-Jährige nach einem Auswärtsspiel, das vorab vor allem als Finale für den Fußballlehrer gegolten hatte. Nouri hatte bereits nach drei Spieltagen für den glücklosen Vorgänger Viktor Skripnik übernommen, steht aber nicht minder in der Kritik.

Zwar versicherte Geschäftsführer Frank Baumann eilig, die Trainerdiskussion sei wie üblich von außen an den Verein herangetragen worden, aber der neue Macher hätte den Absturz sicher nicht tatenlos mitangesehen. Nun gab sich Baumann erleichtert, denn ein zweiter Trainerwechsel in der Saison passt noch schlechter zum Verein als ein Bundesligaabstieg. "Wir hatten die letzten Wochen immer die Überzeugung, dass wir mit Alex da unten rauskommen."

Angezählt, aber nicht kleinzurkiegen: Bremens Trainer Alexander Nouri lässt seinen Emotionen beim Sieg in Mainz freien Lauf. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Der 41-Jährige hatte nach der Heimniederlage gegen Borussia Mönchengladbach ausdrücklich die Spieler in die Verantwortung genommen - nicht den Trainer. Klar, dass die Mannschaft nun Baumanns Streicheleinheiten spürte, "weil alle von der ersten bis zur letzten Minuten defensiv aktiv gegen den Ball gearbeitet haben". Und offensiv hat der Manager einen Kader zusammengestellt, der immer für Überraschungen gut ist. In Mainz beispielsweise durch ein Kopfballtor des nur 1,73 Meter großen Serge Gnabry, der sich nach Ecke von Zlatko Junuzovic unbemerkt auf den langen Pfosten absetzte und ziemlich unbehelligt das Bremer Führungstor köpfte (16.). Kurz darauf folgte durch einen feinen Freistoß des bärenstarken Dänen Thomas Delenay bereits das vorentscheidende 2:0 (23.).

Der Job hat an Nouri persönlich gezehrt

"Wir hatten wieder die Kompaktheit. Und dann mit zwei Standards zum Erfolg zu kommen, ist ein legitimes Mittel", meinte Nouri. Wie sehr dieser Job inzwischen auch an ihm persönlich gezehrt hat, ließ sich an den unterschiedlichen Reaktionen belegen, die der Coach nach seinen beiden bislang wichtigsten Siegen zeigte. Als vor knapp fünf Monaten im Weserstadion der erste Befreiungsschlag gegen den VfL Wolfsburg gelungen war, drehte der Deutsch-Iraner noch völlig enthemmt mit angezogenen Knien auf dem Platz seine ganz eigene Ehrenrunde. Und nun nach dem wichtigen Erfolg am Mainzer Europakreisel beließ er es dabei, sich einzeln bei den Spielern zu bedanken. Nouri im sachlichen Tonfall: "Es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgen müssen und werden. Wir bleiben bescheiden."

Bremer Geniestreich: Thomas Delaney (rechts) bringt Werder durch einen Freistoß mit 2:0 gegen Mainz in Front. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Zur Zurückhaltung passte die Rückbesinnung auf jene Tugenden, die für den Abstiegskampf als elementar gelten: defensiv gut stehen. In einem neuen 4-4-2-System, das gut aufeinander abgestimmt erst hinter der Mittellinie den hilf- und harmlosen Gegner empfing, standen die Hanseaten so stabil aus wie lange nicht mehr. "Wir wollten damit die Umschaltsituationen des Gegners zu kontrollieren", erklärte Nouri, der mit der überfälligen Abkehr von der instabilen Dreierkette die richtigen taktischen Schlüsse gezogen hatte.

Felix Wiedwald reklamiert den Nummer-Eins-Status für sich

Seine Viererreihe um zweikampfstarke Recken wie Robert Bauer oder Lamine Sané sah auch deshalb so viel besser aus als zuletzt, weil sich mit Kapitän Clemens Fritz und Winter-Zugang Delanay eine sehr präsente Doppel-Sechs um die nötige Absicherung kümmerte. Die Hausherren fanden eine Stunde lang kaum ein Mittel, die Bremer wirklich zu beschäftigen; und wenn es dann doch einmal brenzlig wurde, hatte der oft kritisierte Felix Wiedwald gegen Jhon Cordoba (31.) und Pablo de Blasis (50. und 87.) so starke Aktionen, dass der Werder-Keeper hernach für sich den Nummer-Eins-Status reklamierte: "Wir haben alle ein gutes Spiel gemacht - ich auch. Warum sollte ich jetzt nicht im Tor bleiben?"

Wiedwald erläuterte ferner, dass speziell bei ihm das Kurztrainingslager in Wiesbaden viel gebracht hatte: "Ich ging mit dem Wissen in dieses Spiel: 'Heute geht keiner rein!'" Eine Schilderung, die Altmeister Fritz zu bestätigen wusste: "Wir haben endlich mit Mann und Maus unser Tor verteidigt." Und dafür braucht es einen zähen Hund wie den unverwüstlichen Mannschaftsführer, den Nouri zuletzt für verzichtbar erklärt hatte: Das aber scheint der 36-Jährige in dieser Verfassung noch nicht. Dumm nur, dass Werder im nächsten Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg auf Vorkämpfer Fritz wegen einer Gelb-Sperre verzichten muss. Auch bei Delanay könnte es für den kommenden Freitag knapp werden: Er wurde mit Verdacht auf Gehirnerschütterung in der zweiten Halbzeit ins Krankenhaus gebracht.

© SZ vom 19.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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