Victoria Beckham:Spielführerin in der Defensive

Lesezeit: 3 min

Baden-Baden und die englische Klatschpresse haben sich viel von Victoria Beckham versprochen - bisher erregen jedoch nur ihre Sonnenbrillen Aufsehen.

Bernd Dörries

Es ist gar nicht so schwer, sie zu treffen. Man stellt sich am besten auf den Leopoldplatz in der Mitte von Baden-Baden und wartet, bis ein paar Fotografen mit Teleobjektiven vorbei kommen. Dann läuft man hinterher und schaut, wen sie ins Visier nehmen.

Victoria Beckham im Nürnberger Frankenstadion (Foto: Foto: ddp)

An diesem Nachmittag ist es eine junge Frau mit Jeansrock und roten Oberteil, die gerade an einer Gruppe Schüler vorbeiläuft, die auf den Bus warten. Man kann nicht sagen, dass sie sich groß von den Schülerinnen unterscheidet. Außer eben, dass Schülerinnen, die auf einen Bus warten, nicht fotografiert werden.

Die Nachfrage bei den englischen Fotografen ergibt, dass es sich bei der Frau im roten Oberteil um Coleen McLoughlin handelt, die 20-jährige Freundin des Superstars Wayne Rooney. Die sieben Paparazzi knipsen ein paar Bilder und fangen dann augenblicklich an, in ihre Mobiltelefone zu sprechen. Für sie ist das ein guter Fang. Der beste bisher an diesem Tag.

Seit einer guten Woche befinden sich die englischen Spielerfrauen in Baden-Baden, wohnen in Brenner's Park Hotel, dem besten und teuersten Haus am Platze. In gewisser Weise kann man sagen, dass hier eine WM-Mannschaft ihr Quartier bezogen hat, die zwar nicht auf dem offiziellen Spielplan steht, deren Leistungen aber besonders in England ebenso intensiv beobachtet werden, wie die der männlichen Kollegen. Es geht natürlich vor allem um die Spielführerin dieser Mannschaft, Victoria Beckham.

Sie war früher mal ein etwas pummeliges Mädchen, das als Teil der Spice Girls bekannt wurde. Aus "Posh Spice" wurde die Frau von David Beckham. Mittlerweile fragt man sich, wer hier eigentlich der Star ist, Beckham oder seine Frau.

David spielt auf dem Platz nur noch mäßigen Fußball, von seiner Frau hatte man den Eindruck, sie komme abseits des Platzes immer besser in Form. Von manchen wird sie als Stilikone bezeichnet und ist angeblich mit den meisten großen Modemachern der Welt befreundet. Sie wurde immer dünner, während ihre Sonnenbrillen dicker wurden. Irgendwo auf diesem langen Weg von Posh Spice zu Victoria Beckham hat sie offenbar ihr Lächeln verloren. Spielerfrau scheint ein anstrengender Beruf zu sein.

In Baden-Baden verfolgt Victoria Beckham offenbar eine eher defensive Tatik. Sie lässt sich selten blicken. Der Fotograf Marten, der für die englische Agentur Mayfair Celebs unterwegs ist, sagt, er habe sie bisher nur einmal durch die Scheibe des Hotels fotografiert. Für ihn ist das mindestens so enttäuschend als wenn England die Vorrunde nicht überstanden hätte.

Dabei hat man sich in Baden-Baden durchaus auf Victoria gefreut, eine örtliche Disco hatte Plakate an den Bushaltestellen zu ihrer Begrüßung ausgelegt, ein Juwelier seine Auslagen erweitert. Hoffnungen auf einen Sturmlauf durch die örtlichen Geschäfte waren aber offenbar verfrüht.

Bei Nanou, einem der führenden örtlichen Damenmodegeschäfte in der Nähe des Spielerfrauenhotels wurde Frau Beckham noch nicht gesichtet. "Sie kennt ja die meisten Designer persönlich, warum soll sie noch etwas kaufen?", sagt Ilona Witte, die Inhaberin. Dafür seien viele andere Spielerfrauen schon hier gewesen, Frau Owen und Frau Robinson beispielsweise. Alle seinen ganz zauberhaft gewesen, sagt Witte, "so schlank und gut aussehend".

In ihrem Laden liegt ein ganzer Stapel von englischen Zeitungen, mit den Bildern der Spielerfrauen, die ihre Sachen tragen. Von Victoria Beckham ist dagegen bisher nur der Erwerb zweier Fußbälle bekannt, das vermeldet jedenfalls die Daily Mail.

Nach Ansicht der englischen Zeitungen ist innerhalb der englischen Spielerfrauen-Nationalmannschaft bereits ein kleiner Machtkampf um die Spielführerin im Gange. Größte Konkurrentin von Victoria scheint eben jene Coleen McLoughlin zu sein, die man vorhin in der Stadt gesehen hatte.

Die Daily Mail berichtet, sie habe die Feierlichkeiten der Frauen nach dem englischen Sieg gegen Paraguay angeführt, und der Guardian fügt hinzu, sie sei Victoria, was das Wechseln der Garderobe angeht, bereits jetzt überlegen.

Victoria scheint in die Defensive geraten zu sein. Vielleicht spielt sie auch nur auf Zeit. Sie hat noch mehr als sechzig Sonnenbrillen in ihrer Garderobe, die bisher nicht zum Einsatz kamen.

© SZ vom 20.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: