VfL-Stürmer Max Kruse:Traumhafte Woche

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Tage voller befreiender Momente krönt der Neu-Wolfsburger Max Kruse durch einen Dreierpack beim 4:2 gegen Hoffenheim.

Von JAVIER CÁCERES, Wolfsburg

Die Partie gegen die TSG 1899 Hoffenheim war kaum mehr als sieben Minuten alt, als Wolfsburgs Stürmer Bas Dost von einem wohligen Gedanken durchzuckt wurde, der sich noch als Irrtum erweisen sollte. "Und ich dachte noch: Heute ist mein Tag!", sagte er nach der Partie. Der Irrtum war darin begründet, dass es, wie Dost selbst anfügte, dann doch Max Kruses Tag wurde. Der Grund: Kruse zeichnete für insgesamt drei Tore verantwortlich - und sicherte so dem VfL Wolfsburg nicht nur einen 4:2 (2:1)-Erfolg, sondern nach vier sieglosen Spielen (drei Bundesliga-Partien und ein Champions-League-Match) auch einen Platz in der Spitzengruppe der Bundesligatabelle.

"Es ist wichtig, dass wir in die Erfolgsspur zurückgefunden haben", sagte Kruse. Der frühere Schalker Julian Draxler, der vor allem in der Anfangsphase immens stark war, pflichtete ihm bei: "Dieser Sieg war sehr wichtig, weil die letzten Wochen von den Ergebnissen her nicht so waren, wie wir uns das vorgestellt hatten."

Es war eine alles in allem seltsame Partie, in der Kruse zu seinen ersten Bundesligatreffern für die Wolfsburger kam; er war ja im Sommer für 12 Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach nach Wolfsburg gewechselt. Seltsam war sie vor allem deshalb, weil die Partie als erledigt galt, noch ehe sie richtig begonnen hatte. Kruse brauchte keine 50 Sekunden, um - unter allerdings dubiosen Umständen - das 1:0 per Kopf zu erzielen: Wolfsburgs brasilianischer Innenverteidiger Dante hatte aus der eigenen Hälfte einen langen Ball nach vorn geschlagen, Hoffenheims Verteidiger Niklas Süle verlängerte den Pass ungelenk mit dem Kopf an einen Ort, zu dem Julian Draxler rannte: aus dem Abseits kommend. Den Pass auf Kruse durfte er trotz irregulärer Position dennoch schlagen.

Hecking lobt: "Wir haben den Faden wieder aufgenommen"

Keine sieben Minuten später schlug dann eben Dost per Kopf zu, ebenfalls auf Flanke Draxlers. Ebendieser Draxler, Kruse und auch Dost ließen hernach noch beste Gelegenheiten für eine höhere Führung der Wolfsburger aus - und erlaubten dadurch Hoffenheim, doch noch ins Spiel zu finden: Der von seinem Gegenspieler Draxler vergessene Jeremy Toljan durchschritt nach knapp einer halben Stunde die von Dante und Ricardo Rodríguez böse vernachlässigte linke Abwehrseite der Wolfsburger und schoss zum Anschlusstreffer flach ein. Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit sorgte Jonathan Schmid für den zwischenzeitlichen Ausgleich (54. Minute).

Max Kruse darf zukünftig für Werder Bremen jubeln. (Foto: Peter Steffen/dpa)

"Manche Mannschaften wären nach dem Ausgleich vielleicht ganz eingebrochen, aber wir haben den Faden wieder aufgenommen", sagte VfL-Trainer Dieter Hecking. Das lag nicht zuletzt an Kruse.

Erst nutzte er eine Flanke von Luis Gustavo, den der blendende Rechtsverteidiger Christian Träsch auf die Reise geschickt hatte (62.). Dann verwertete Kruse eine scharfe Hereingabe des spät eingewechselten Weltmeisters André Schürrle zum 4:2 (83.). Unmittelbar vor dem Schlusspfiff hätte Kruse eigentlich noch das 5:2 erzielen müssen. Doch er scheiterte allein vor Torwart Oliver Baumann. "Ich schieße gerne Tore, und wenn ich allein vorm Torwarte stehe, mach ich ihn auch gerne rein - aber da es kein entscheidender Treffer gewesen wäre, ist die Freude doch größer" als der Ärger über den vergebenen Viererpack, sagte der sichtlich gelöst wirkende Kruse.

Eine Woche voller aufbauender Momente

Das lag weniger am Ende eines langen Wartens auf das erste Tor, sondern daran, dass er auf "zwei sehr schöne Momente in der letzten Woche" zurückblicken konnte. Vor Wochenfrist löste er in Leipzig mit einem Tor zum 2:1-Sieg gegen Georgien das deutsche EM-Ticket - nun erzielte er also den ersten Hattrick seiner Profi-Karriere. "Es waren heute, glaube ich, ein paar ganz gute Momente drin. Aber wir dürfen uns jetzt nicht blenden lassen", sagte er. Auch Trainer Hecking gab sich zufrieden. "Das wird ihm Auftrieb geben für die kommenden Wochen", sagte er mit Blick auf die Champions-League-Partie vom Mittwoch gegen PSV Eindhoven (21.10.) und das Pokal-Duell gegen Meister Bayern München (28.10.).

Die Mannschaft dürfte das noch eher beruhigen als die warmen Worte, die VW-Vorstand und VfL-Aufsichtsratschef Francisco Javier Garcia Sanz am Freitag vor dem Abschlusstraining an die Mannschaft richtete - offenbar, um die Spieler angesichts der Debatten um eine mögliche Kürzung der finanziellen Mittel von VfL-Mutterkonzern Volkswagen wegen des dortigen Abgas-Skandals zu beruhigen.

Hoffenheim komplettiert seinen schlechtesten Bundesliga-Start

Ungleich schwerer ist die Lage für die Hoffenheimer. "In unserer Situation ist es insgesamt schwierig, weil wir dem schlechten Saisonstart hinterher hinken. Wir waren dran, aber haben es leider nicht geschafft", sagte Trainer Markus Gisdol, der nur sanft mit den Unparteiischen haderte - obwohl das 0:1 einer Abseits-Stellung entsprang und auch Wolfsburgs Daniel Caliguri im Strafraum sehr ungestüm gegen Kim einstieg. Es hat schon Elfmeter für weniger gegeben. Schiedsrichter Felix Brych pfiff nicht.

Hoffenheim ist nach dem schlechtesten Bundesliga-Start der Vereinsgeschichte im unteren Drittel der Tabelle angekommen. Sebastian Rudy meinte gleichwohl, dass das Potenzial der Mannschaft sie bald wieder nach oben katapultieren wird. "Ich spreche nicht von Abstiegskampf", sagte er. Sanft wird es auf dem Weg nach oben freilich nicht. Mitspieler Eugen Polanski polterte: "Wir müssen uns zusammensetzen und uns wahrscheinlich auf die Fresse hauen: Wir gehen mit 0:2 in ein Auswärtsspiel, das darf nicht wahr sein. Das ist kein Bundesliganiveau."

© SZ vom 18.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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