VfL siegt 2:0:Mit kalibriertem Navi

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Die Regel besteht weiter: Wenn Mario Gomez trifft, sieht es für Wolfsburg gut aus. Sein Trainer Andries Jonker stellt ihn trotzdem auf eine Ebene mit einem Ersatzmann.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Die überschwängliche Geste hat ein Fußballer seiner Klasse nicht mehr nötig. Mit Schlusspfiff ballte Mario Gomez kurz die linke Faust, bewegte dreimal den Unterarm hin und her - das sollte schließlich als Zeichen des persönlichen Triumphes genügen. Und nachdem ihm Mitspieler Maximilian Arnold gratuliert hatte, ging der Mann des Tages schnurstracks zum Schiedsrichtergespann: Erst als die Nummer 33 des VfL Wolfsburg artig den Assistenten Sven Jablonski und Markus Sinn und Schiedsrichter Markus Gräfe die Hand geschüttelt hatte, ließ sich der Gentleman von Mittelstürmer vom Rest der Mannschaft vereinnahmen.

Nach Wochen der Schmach dürfen sich die Wolfsburger verdient feiern lassen. (Foto: Lukas Schulze/Getty)

Gomez, 31, ist mehr als nur die Lebensversicherung des in eine tiefe Identitätskrise gerutschten Vereins: Er ist Sympathieträger und Mahner, Torjäger und Wortführer. Damit lastet auch einiger Druck auf ihm. Seit der Amtsübernahme des Trainers Andries Jonker muss Gomez treffen, sonst geht wenig bis nichts bei der Mannschaft. Der wichtige 2:0-Auswärtserfolg bei der erschütternd schwachen Frankfurter Eintracht diente am Samstag als der nächste Beleg dafür.

Die Wölfe gingen hart, aber fair in die Zweikämpfe. Timothy Chandler (vorne) bekommt das zu spüren. (Foto: Thomas Frey/dpa)

Erst bereite Gomez mit einer gedankenschnellen Ablage das 1:0 von Daniel Didavi vor (48.) - sein erster Assist in dieser Spielzeit. Dann profitierte er bei seinem 15. Saisontreffer zum 2:0 davon, dass ihm der stark spielende Paul-Georges Ntep den Ball einschussbereit auflegte (63.). "Es ist normal, in dieser Situation den Ball zu Mario zu geben", verriet Ntep hinterher mit breitem Grinsen. Als es der französische Winter-Neuzugang in der ersten Halbzeit selbst versuchte, knallte der 24-Jährige die Kugel nämlich aus kürzester Distanz an die Werbebande (28.). Dann doch lieber das Spielgerät zu einem, der sich auf den Abschluss spezialisiert hat.

"Mario ist nicht wichtiger als Gian-Luca Itter"

Gomez hat ja sein inneres Navigationsgerät so eingestellt, dass er im Strafraum in den entscheidenden Situationen instinktiv das Richtige zu tut. Der Stürmer klassischer Bauart, groß, breitschultrig, kopfballstark, macht sich erst gar nicht die Mühe, Bälle aus der eigenen Hälfte zu schleppen - ihm genügen eine Handvoll lichter Momente im Zentrum.

Ein bisschen ratlos an der Seitenlinie: Frankfurts Coach Niko Kovac. (Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

Gomez hat nun bei der Hälfte der 32 Wolfsburger Tore Kopf oder Fuß im Spiel gehabt, und es wäre doch eigentlich eine nette Idee, ihm irgendwo am Mittellandkanal ein kleines Denkmal hinzustellen, sollte die Abstiegsgefahr bald gebannt sein. Trainer Jonker gefiel die Frage auf der Pressekonferenz in der Frankfurter Arena ganz und gar nicht. "Jeder meiner Spieler ist wichtig. Mario ist nicht wichtiger als Gian-Luca Itter, der hier jeden Tag mittrainiert."

Mit Verlaub: Das 18-jährige Linksverteidiger-Talent, vor zwei Jahren gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder aus der Eintracht-Jugend abgeworben, kann nicht denselben Stellenwert wie ein 70-facher deutscher Nationalspieler besitzen. Aber Jonker muss ja irgendwie die Gemeinschaft stärken, die in der Vorwoche bei der 0:6-Abreibung gegen den FC Bayern kollektive Versagensängste aufführte.

Didavi: "Wir haben zurecht auf die Fresse bekommen"

"Meine Mannschaft kann gut Fußball spielen", sagte Jonker weiter. "Aber punkten wird sie nur in Verbindung mit dem richtigen Kampfgeist." Insofern hatte das halbe Dutzend Gegentreffer vom alten und neuen Meister auch einen positiven Effekt, wie Torschütze Didavi berichtete: "Wir haben zurecht überall auf die Fresse bekommen und das intern angesprochen: Von uns musste eine Reaktion kommen."

Ähnlich äußerte sich auch Sportdirektor Olaf Rebbe, der sich erfreut zeigte, "dass die Mannschaft den Plan des Trainers umgesetzt hat und ruhig geblieben ist". Rebbe möchte sich jede Rechnerei vor dem letzten Spieltag ersparen ("das ist nicht schön"), zumal der VfL Wolfsburg dann beim Hamburger SV antritt. Ein emotional aufgeladenes Alles-oder-Nichts-Spiel im Volksparkstadion braucht es aus Wolfsburger Sicht nicht.

Daher geht der Rettungsplan der VW-Fußball-Tochter ein bisschen anders: Am kommenden Samstag wird in der werkseigenen Arena gegen Borussia Mönchengladbach dem ehemaligen Trainer Dieter Hecking ein "herzliches Wiedersehen" (Rebbe) bereitet und dann mit aller Kraft versucht, sich mit dem nächsten Dreier vielleicht schon vorzeitig ans rettende Ufer zu bringen. Der Sportchef: "Wir sind alle sehr eng zusammengerückt und tun alles dafür, dass wir aus dieser schwierigen Situation rauskommen."

© SZ vom 07.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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