VfB verliert 1:2 gegen Heidenheim:"So gewinnt man auch in der zweiten Liga kein Spiel"

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Ratlose Gesichter beim VfB Stuttgart, angefangen bei Kapitän Christian Gentner (r.) bis zu Maskottchen Fritzle. (Foto: imago)

Der schnelle Wiederaufstieg ist in Stuttgart derzeit kein Thema mehr. Nach der Heimpleite gegen Heidenheim fürchten die Fans den nächsten Abstieg.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Eigentlich sollte die zweite Liga ja einen Neuanfang für den VfB Stuttgart markieren - in möglichst jeder Hinsicht. Umso dringlicher stellt sich nun im Stadion die Frage, warum man im Juni dann nicht wenigstens die Musik einer Generalüberholung unterzogen hat. Aber nein, dieselbe schwäbelnde Frauenstimme ("So bisch du, so isch där Vf Bäh") schmachtete nach der Heimniederlage gegen Heidenheim aus den Boxen wie nach all den Heimniederlagen der vergangenen Jahre in der ersten Liga, der man im Mai nach 39 Jahren Adieu sagen musste.

Auch sonst erinnert vieles an die vergangenen Jahre. 1:2-Niederlagen fühlen sich nun eben gegen Heidenheim nicht besser an als gegen Bayern. Wieder schimpften weite Teile der Anhänger auf der Haupttribüne, erneut pickte sich das sitzende Publikum einen einzelnen Spieler heraus, den es mit zunehmender Spieldauer immer unbarmherziger auspfiff. Wobei der bedauernswerte Innenverteidiger Stephen Sama tatsächlich ein ganz schwaches Spiel zeigte, aber nach den unwirschen Zuschauerreaktionen natürlich auch nicht selbstsicherer wurde.

Trainer Luhukay gesteht: Wir hatten Angst

Immerhin hatte der schwäbische Strukturkonservativismus auch sein Gutes: Spieler und Verantwortliche zeigten sich nach dem Schlusspfiff so zerknirscht wie in der vergangenen Saison, als die Abwärtsspirale Richtung zweite Liga weitgehend ohne Schönfärberei kommentiert worden war: "Wir hatten Angst davor, Fußball zu spielen. Aber Angst ist kein guter Ratgeber", sagte also der nun neue Trainer Jos Luhukay. Und Verteidiger Kevin Großkreutz, der nach langer Verletzungspause sein Saisondebüt feierte, war sogar noch strenger mit sich und den Kollegen: "Wenn man solche Fehler macht, gewinnt man auch in der zweiten Liga kein Spiel."

Das klang nach etwas übertriebener Selbstkasteiung, war aber in etwa der Tenor dessen, was die VfB-Fans nach dem Spiel so von sich gaben. Von Ulm war die Rede in Stuttgart, von Nürnberg, dem KSC. Und vom Durchrutschen von der ersten in die dritte Liga. Was man halt so sagt, wenn man insgeheim fest vom sofortigen Wiederaufstieg ausgeht. "Mer bräuchte halt nur ä Abwehr."

Die Defensivschwäche ist eine Parallele zur Abstiegssaison

Tatsächlich waren es - auch das ist eine Parallele zur vergangenen Saison - haarsträubende Fehler in der Stuttgarter Defensive, die dafür sorgten, dass der Außenseiter von der Ostalb innerhalb von sieben Minuten durch John Verhoek und Tim Skarke (69./76.) die zwei entscheidenden Tore erzielen konnte. So frei wie Verhoek beim ersten Treffer war, ist man im Profifußball genauso selten wie Skarke bei seinem Alleingang vorm 2:1.

Ob Sama und Toni Sunjic als Innenverteidiger-Duo der Weisheit letzter Schluss sind, dürfte Luhukay künftig ebenso hinterfragen wie sein Verhältnis zu Alexandru Maxim. Der rumänische Nationalspieler war nach seiner Einwechslung erneut auffälligster Stuttgarter, doch warum der Coach ihn erneut nicht von Beginn an gebracht hatte, verstand am Freitagabend niemand so recht.

Eindeutig und klar verständlich ist hingegen die Zweitligatabelle, derzufolge der VfB nach erst vier Spielen schon sechs Zähler Rückstand auf Tabellenführer Braunschweig hat. Zwar betonen Luhukay und Sportdirektor Jan Schindelmeiser seit Wochen, dass ihrem Team die Favoritenrolle zu Unrecht zugewiesen werde. Doch mit dem Zwischenzeugnis von zwei Niederlagen und zwei Siegen ist auch Luhukay nicht zufrieden. "Wir sind in einem Entwicklungsprozess. Aber diese Momentaufnahme ist nicht schön." - "Mer bräuchte halt scho mehr Punkte", sagen sie in Stuttgart.

© SZ vom 11.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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