VfB Stuttgart nach dem Abstieg:Personalwechsel

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Nicht mehr furchtlos, nicht meh treu: Bernd Wahler tritt als Präsident des VfB Stuttgart zurück. (Foto: imago/Pressefoto Baumann)

Kurz nach dem ersten Abstieg nach 41 Jahren folgt in Stuttgart die Trennung von Trainer Jürgen Kramny, Präsident Bernd Wahler tritt zurück. Offen bleibt die Zukunft von Sportvorstand Robin Dutt.

Nicht einmal 24 Stunden nach vollzogenem Abstieg räumten zwei Verantwortliche des VfB Stuttgart ihren Posten. Wie nicht anders erwartet, beendete der VfB am Sonntag die kurze Zusammenarbeit mit Trainer Jürgen Kramny. Der Vollzug dieser erwarteten Botschaft war wohl die letzte Amtshandlung im Geschäftsbereich von Präsident Bernd Wahler, der am Nachmittag seinen Rückzug erklärte. Offen ist weiterhin die Zukunft von Robin Dutt. Als Nachfolger für den glücklosen Sportvorstand wurde ausgerechnet dessen Vor-Vorgänger Horst Heldt gehandelt, der sich am Wochenende unter Tränen vom FC Schalke verabschiedet hatte.

Mit dem Namen Heldt ist zumindest eine angenehme Erinnerung verbunden: jene an den von Heldt organisierten Meisterschaftsgewinn im Jahre 2007. Seither ging es bergab. Neun Trainer verschlissen die Stuttgarter fortan, in dieser Saison waren es zwei: Alexander Zorniger, 48, blieb bis November, ehe er von Kramny, 44, abgelöst wurde.

Dabei schien der VfB eigentlich die Rettung schon geschafft zu haben. Am 25. Spieltag, nach einem 5:1 gegen Hoffenheim, hatte der VfB bereits 31 Punkte. In den letzten neun Liga-Spielen vollzog sich der spektakuläre Absturz: Es gelangen nur noch zwei Punktgewinne (3:3 in Ingolstadt; 2:2 in Darmstadt). Zuletzt verlor der VfB sechs Mal in Folge - besiegelt wurde der erste VfB-Abstieg seit 41 Jahren mit dem widerstandsarmen 1:3 am Samstag in Wolfsburg.

Die Trainer-Favoriten kommen aus der zweiten Liga

"Es ist noch immer unfassbar, wir sind abgestiegen. Dafür übernehme ich die Verantwortung", wurde Wahler in einer VfB-Mitteilung zitiert: "In der Geschichte unseres Vereins war gestern ein schwarzer Tag." Der 57-Jährige habe sich nach Rücksprache mit dem Aufsichtsrat zum Rückzug entschlossen. Kramnys Vertrag für die Lizenzspielermannschaft habe mit dem ersten Abstieg des Klubs seit 41 Jahren automatisch geendet, sagte ein Klubsprecher: "Ob und in welcher Form Jürgen Kramny nach der Sommerpause für den Verein tätig sein wird, wird in den kommenden Wochen entschieden."

Demnach ist offen, ob Kramny als Trainer zur zweiten Mannschaft des VfB zurückkehrt, die von der dritten Liga in die Regionalliga abgestiegen ist. Ebenfalls unklar ist, wer sein Nachfolger als Cheftrainer wird, und wer als Präsident auf Wahler folgen soll. Bis spätestens Ende Mai soll ein Termin für eine ordentliche Mitgliederversammlung bekanntgegeben werden, auf der ein neuer Präsident gewählt wird. Dafür will der Vorstand den Mitgliedern ein bis zwei Kandidaten vorschlagen. Auch die Mitglieder selbst können dem Aufsichtsrat mögliche Kandidaten vorschlagen. Wahler war seit Sommer 2013 VfB-Präsident.

Gentner und Ginczek - der VfB hält wichtige Spieler

"Über allem steht das Ziel, den VfB Stuttgart personell und strukturell, aber auch wirtschaftlich so auszurichten, dass der schnellstmögliche Wiederaufstieg gelingen kann", heißt es in der Mitteilung weiter. Als mögliche Kandidaten für den Neuanfang waren zuletzt die Zweitliga-Trainer Alois Schwartz vom SV Sandhausen und Frank Schmidt vom 1. FC Heidenheim gehandelt worden. Beide hatten entsprechende Medienberichte dementiert. Auch der ehemalige Trainer von 1899 Hoffenheim, Markus Gisdol, gilt als Kandidat.

Am Sonntag hielt der VfB-Aufsichtsrat Telefonkonferenzen ab, schien sich bezüglich der Personalie des Sportchefs Dutt aber zunächst uneins zu sein. Kurz nach Abpfiff in Wolfsburg hatte Dutt noch gesagt: "Jeder sollte überlegen, was sein Anteil daran war. Da werde ich bei mir anfangen. Ich kann sagen, dass ich den Turnaround nicht geschafft habe." Dutts zentrale Entscheidung, das Engagement von Trainer Alexander Zorniger, floppte spektakulär. Nach neun Niederlagen in den ersten 13 Spielen übernahm Kramny und sah schon wie der Retter aus, ehe die verhängnisvolle Pleitenserie begann.

Auch die Stuttgarter Kickers sind abgestiegen

Immerhin bleiben dem VfB einige wichtige Spieler. Kapitän Christian Gentner verlängerte bis 2019, Stürmer Daniel Ginczek bis 2020. Mündlich für die zweite Liga zugesagt haben überdies Torhüter Mitch Langerak, Mittelfeldmann Geoffroy Serey Dié sowie Weltmeister Kevin Großkreutz. VfB-Angreifer Timo Werner dagegen wird mit Borussia Dortmund und Aufsteiger RB Leipzig in Verbindung gebracht, Filip Kostic und Martin Harnik dürften gehen. Daniel Didavi wechselt nach Wolfsburg. Den Lizenzspieleretat muss der VfB deutlich senken. Zudem sind massive Einnahmeverluste beim Fernsehgeld einzukalkulieren. Ob die von Wahler geplante Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Gesamtverein bei der Mitgliederversammlung am 17. Juli genehmigt wird, ist nach der sportlichen Katastrophe ungewiss.

Der Absturz des VfB hatte am Samstag den negativen Höhepunkt eines fußballerischen Totalcrashs in Stuttgart markiert. Neben beiden VfB-Teams war mit den Stuttgarter Kickers auch das dritte Profi-Team der Stadt abgestiegen und muss kommende Saison in der Regionalliga spielen. "Das ist ein bitterer Tag für den Fußball in Stuttgart", stellte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Sonntag fest.

© SZ vom 15.05.2016 / SZ, sid, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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