Verlierer:Traurig, diese Österreicher

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Zum ersten Mal seit elf Jahren segeln die ÖSV-Adler geschlossen am Podium vorbei. Ein früherer Trainer übt Kritik.

Von Max Ferstl, München

Vor dem finalen Springen der Vierschanzentournee hat Alexander Pointner ein Bild ins Netz gestellt. Es zeigt Gregor Schlierenzauer, lächelnd. Neben ihm lächeln Thomas Morgenstern und Andreas Kofler. Das Bild stammt aus dem Jahr 2012, drei Österreicher standen damals bei der Tournee auf dem Podium. Der Vollständigkeit halber erinnerte Pointner, damals ÖSV-Trainer, daran, dass seine Athleten die Weltspitze dominierten, alle vier Springen gewannen und neun von zwölf möglichen Podest-Plätzen belegten. Die Reaktionen auf den Beitrag waren vor allem nostalgischer Natur: "Die gute alte Zeiten..."

Als die diesjährige Tournee wenige Stunden später in Bischofshofen zu Ende ging, wirkte die glänzende Vergangenheit noch weiter entfernt vom tristen Hier und Jetzt. Auf dem Siegerfoto lächeln der Pole Kamil Stoch, sein Landsmann Piotr Zyla und der Norweger Daniel Andre Tande. Ein Österreicher ist nicht dabei. Zum ersten Mal seit elf Jahren sind die ÖSV-Alder geschlossen am Podium vorbei gesegelt. Der beste war Manuel Fettner als Fünfter, unmittelbar vor Stefan Kraft, der lange Siegchancen hatte. Kraft hatte das Auftaktspringen in Oberstdorf gewonnen, lag nach Garmisch nur knapp hinter Stoch.

"Der Körper hat nicht gemacht, was der Kopf wollte"

Doch dann legte ein Magen-Darm-Virus Österreichs Skispringer lahm. Ein bleicher Stefan Kraft landete beim dritten Wettbewerb in Innsbruck viel zu früh und verlor viele Punkte. Die angekündigte Aufholjagd endete in Bischofshofen auf einem enttäuschenden 25. Rang. Er rutschte sogar vom Podium. "Die Tournee hat so schön begonnen, es ist sehr bitter, dass es so endet", ärgerte sich Kraft. Er wollte den Einbruch nicht allein auf den Virus schieben. Aber natürlich spielte es eine Rolle. Wenn schon das Essen schwer fällt, wie soll man dann kraftvoll abspringen? "Der Körper hat nicht gemacht, was der Kopf wollte", klagte Kraft. Auch Fettner haderte mit der eigenen Leistung: "Eigentlich hatte ich zwei versemmelte Wettkämpfe. Erstaunlich, dass ich noch Fünfter wurde."

Für Österreichs Trainer Heinz Kuttin war der Schuldige längst identifiziert: "Wenn man nicht gesund ist, funktioniert es nicht. Auf diesem Niveau muss alles zusammenpassen". Doch auch die Konkurrenz hatte mit Problemen zu kämpfen. Bei Tande versagte im entscheidenden Sprung die Bindung, er wurde trotzdem Dritter. Stoch krachte in Innsbruck beim Probesprung auf die Schulter, und gewann am Ende trotz Schmerzen die Gesamtwertung. In diese Kerbe schlägt auch Pointner in seiner Kolumne für die Tiroler Tageszeitung: "Nichts kann man bei der Tournee weniger brauchen als die Aufregung um Dinge, die sich nicht ändern lassen." Stoch habe die Ruhe bewahrt. Das dürfte auch für Michael Hayböck gelten, den der Virus so geschwächt hatte, dass er in Innsbruck nicht starten konnte. Trotzdem sprang Hayböck in Bischofshofen auf Platz zwei.

Kraft hingegen habe dem Druck nicht Stand gehalten, findet Pointner. "Die Österreicher haben sich klassisch drausbringen lassen." Der Magen-Darm-Infekt sei zwar Pech gewesen, "aber wie oft ist ein Gregor Schlierenzauer halb krank gestartet". Das waren noch Zeiten. Immerhin: Schlierenzauer wird nach Sabbatical und Verletzungspause am kommenden Wochenende im polnischen Wisla zurückkehren.

© SZ vom 08.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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