US Open in Erin Hills:Die Chance der Ungekrönten

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Martin Kaymer beim Spiel auf Loch 18 in Erin Hills. Der Deutsche proftiert, wie einige andere Außenseiter, vom Favoritensterben bei der US Open. (Foto: Richard Heathcote/AFP)

Nach einem beispiellosen Scheitern der in der jüngsten Zeit stärksten Golfer der Welt, wird sich bei der US Open wohl der Kreis der Major-Turniersieger vergrößern.

Von René Stauffer, Erin Hills/München

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass im doch eher schmucklosen Erin Hills Golf Course in Wisconsin der Kreis der Major-Turniersieger ein neues Mitglied bekommen wird in der Nacht auf Montag. Es wäre das 218. Denn bei der US Open kam es nach zwei Runden zu einem beispiellosen Ausscheiden von Spielern mit klingenden Namen.

Die Liste der Größen, die den Cut verpassten, ist ungewohnt prominent: Sie umfasst alle vier letztjährigen Major-Turniersieger - Danny Willett (US Masters), Dustin Johnson (US Open), Henrik Stenson (British Open) und Jimmy Walker (US PGA Championship), dazu Olympiasieger Justin Rose, mit Rory McIlroy und Jason Day die Nummern zwei und drei der Weltrangliste plus frühere Majorsieger wie Bubba Watson und Adam Scott.

Damit bietet sich einem Außenseiter die Möglichkeit auf den Sieg. Sicher einer der Kandidaten dafür ist der 29-jährige Kalifornier Rickie Fowler, der am ersten Tag in Führung ging. Mit einer schlechten zweiten Hälfte fiel er am Freitag aber auf Rang fünf zurück. Zu den vier Halbzeitführenden gehörte mit Paul Casey ein anderer bekannter Ryder-Cup-Spieler, der noch auf seinen Major-Durchbruch wartet - und das nach 17 Jahren als Profi. Und der Deutsche Martin Kaymer liegt auch noch im Rennen um den Sieg, als 19. und nur vier Schläge hinter den Spitzenreitern.

Garcias Masters-Triumph vom April gibt allen neue Hoffnung

Der Erfolg von Sergio Garcia, der im April als 37-Jähriger das Masters gewann, gibt Spielern wie Fowler oder Casey Hoffnung, es doch noch einmal zum Majorsieger zu schaffen. Geht man nach der Weltrangliste, finden sich in den Top 10 vier Spieler ohne Majortitel: neben Fowler der Japaner Hideki Matsuyama, der Schwede Alex Noren sowie der spanische Aufsteiger Jon Rahm, ein 22-jähriger Hüne mit 100 Kilogramm Körpergewicht. Verdient hätte einen Majortitel längst auch der Engländer Lee Westwood, der allein auf der Europatour 28 Trophäen holte, dessen Zeit mit 44 Jahren aber langsam ablaufen dürfte.

Das amerikanische Magazin Golf führt Westwood in der Liste der besten Spieler ohne Majortitel als "Nummer 1", gefolgt vom Dänen Thomas Björn und den Amerikanern Matt Kuchar, Steve Stricker (der auch schon 50 ist) und Fowler. Der beendete schon fünf Majors unter den besten Fünf, wobei die letzte dieser Platzierungen aus dem Jahr 2014 stammt.

Dabei ist es im Golf, anders als im Tennis, wo sich die besten vier Spieler der Welt fast alle Major-Siege aufteilen, vergleichsweise einfach, eine der vier größten Meisterschaften zu gewinnen. Seit Tiger Woods vor zwanzig Jahren das erste seiner 14 Majors gewann, konnten 43 Spieler eine der vier wichtigsten Trophäen erstmals gewinnen. Für 32 von ihnen blieb es die bisher einzige solche Auszeichnung. Mehr als zwei holten in dieser Phase nur Mickelson (5), McIlroy (4) sowie Harrington und Singh (je 3). Den Rekord hält Jack Nicklaus (18).

Dass es für starke Tenniscracks einfacher ist als für Golfer, ihre Dominanz auszuspielen, liegt in der Natur der Sportarten. Roger Federer, Rafael Nadal und die Kollegen können sich auch einmal schlechte Phasen leisten, zwei Stunden schlecht spielen und trotzdem noch gewinnen. Wer im Golf, wo sich jeder verlorene Schlag auswirkt, dagegen nur 15 schwache Minuten einzieht, kann seine Titelambitionen im Normalfall begraben. Willett, Johnson, Stenson, Walker, McIlroy und viele hoch dekorierte Kollegen mussten das dieser Tage erst wieder in Erin Hills erfahren.

© SZ vom 18.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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