Ungarns Laszlo Kleinheisler:Mit schönem Gruß nach Bremen

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Laszlo Kleinheisler zeigte bei der EM bislang ansprechende Leistungen in Ungarns Mittelfeld. In Bremen blieb ihm bisher meist nur ein Platz auf der Bank. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Bei Werder kaum eingesetzt, ist der Wintereinkauf doch wertvoller geworden.

Von Ulrich Hartmann, Toulouse

Laszlo Kleinheisler ist ein Schnellstarter. Zumindest im Nationalteam. Als er am 12. November 2015 ausgerechnet im wichtigen Playoff-Hinspiel zur EM-Qualifikation in Norwegen erstmals für Ungarns Nationalmannschaft spielen durfte, erzielte er gleich das 1:0-Siegtor und bereitete seinem Land damit den Weg zur ersten EM-Teilnahme seit 44 Jahren. Als er dann in Frankreich in seinem ersten EM-Spiel mit Ungarn 2:0 gegen Österreich gewann, bereitete er den Führungstreffer durch Adam Szalai vor und wurde nach dem Abpfiff vom europäischen Fußballverband Uefa zum "Man of the Match" ernannt. Erst jetzt realisierten sie offenbar auch beim Bundesligisten Werder Bremen so richtig, was für einen Fußballer sie da im Januar verpflichtet haben.

In Bremen war Kleinheisler in der Rückrunde nämlich bloß sechs Mal und insgesamt nur 194 Minuten zum Einsatz gekommen. Trotzdem musste Werders Manager Frank Baumann dieser Tage betonen, dass man nicht bereit sei, den 22-Jährigen schon wieder abzugeben. Er kommt in Frankreich nämlich soeben ganz groß raus.

Im Werder-Mittelfeld könnte er Junuzovic beerben

Die französische Sportzeitung L'Equipe hat nach der Vorrunde ihre Besten-Elf nominiert und auch Kleinheisler hineingestellt. Mats Hummels, der Kroate Luka Modric, der Pole Grzegorz Krychowiak und der Waliser Gareth Bale gehörten auch dazu. Plötzlich spielt der bis vor wenigen Tagen international unbekannte Kleinheisler in der Liga der ganz großen Namen mit, und das verändert auch in Bremen den Blick auf diesen mit 1,73 Meter und 70 Kilogramm beinahe schmächtigen Mittelfeldspieler. Der Österreicher Zlatko Junuzovic, der in Bremen einen Vertrag bis 2018 besitzt, hat bei Baumann nämlich um die Freigabe für einen Wechsel gebeten, und auch wenn für ihn bislang offenbar gar kein eindeutiges Angebot vorliegt, spricht Baumann von Kleinheisler bereits als potenziellem Nachfolger im zentral-offensiven Mittelfeld. Der Bild sagte Baumann: "Ich hoffe, Laszlo nimmt den EM-Schwung mit - wir versprechen uns viel von ihm für die nächsten Jahre." Kleinheislers Vertrag bei Werder gilt bis 2019.

Doch an Bremen dürfte der junge Ungar derzeit gar nicht allzu viel denken, denn er mischt mit seiner Nationalmannschaft ja gerade die EM auf. Ein 2:0 gegen Österreich, ein 1:1 gegen Island und ein 3:3 gegen Portugal im bislang spektakulärsten EM-Spiel haben den Ungarn unter ihrem deutschen Trainer Bernd Storck höchste Meriten eingebracht. Kleinheisler hat in den ersten beiden Spielen in der Startelf gestanden, einmal als linker "Achter" im zentral-offensiven Mittelfeld, und einmal als rechter "Achter". Er hat insgesamt sieben Mal aufs Tor geschossen und von 76 versuchten Pässen 58 bei Mitspielern untergebracht. Im dritten Spiel gegen Portugal kam er nicht zum Einsatz. "Ich habe 23 gleichwertige Spieler und versuche immer, neue Frische ins Spiel zu bringen", sagt Storck. Gut möglich also, dass Kleinheisler mit neuer Frische im Achtelfinale gegen Belgien an diesem Sonntagabend in Toulouse in die ungarische Startelf zurückkehrt.

"Wir haben ihn nicht verpflichtet, um ihn schon wieder abzugeben"

In Bremen werden sie die Partie mit Stolz verfolgen, vielleicht aber auch mit ein bisschen Skepsis, denn sollte Kleinheisler erneut zu großer Form auflaufen, dann könnte das internationale Interesse an ihm wachsen. 250 000 Euro hat Werder im Winter an den ungarischen Klub Videoton FC aus der Stadt Szekesfehervar bezahlt. Allein durch die drei starken EM-Auftritte der Ungarn dürfte sich Kleinheislers Marktwert aber zuletzt mindestens schon verzehnfacht haben. In Bremen denken sie offenbar trotzdem nicht an ein schnelles Geschäft. "Wir haben ihn im Winter nicht verpflichtet, um ihn im Sommer schon wieder abzugeben", sagt Baumann. Der weitere EM-Verlauf wird zeigen, wie sehr sich die Bremer mit der Personalie Laszlo Kleinheisler in diesem Sommer noch beschäftigen müssen.

© SZ vom 26.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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