Unentschieden in Frankfurt:Zürnen und Zaudern

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Nach dem 1:1 von Frankfurt gegen Augsburg stellen Veh und Weinzierl ihren Unmut zur Schau.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Eigentlich, beteuerte Markus Weinzierl, habe er sich ja für die neue Bundesliga-Saison vorgenommen, nichts mehr über die Schiedsrichter zu sagen. Aber der Satz war kaum ausgesprochen, da setzte der Trainer des FC Augsburg schon zu einer Schelte an, die sich gegen einen der beliebtesten Unparteiischen aus dem deutschen Profifußball, gegen Florian Meyer, richtete. "Vor dem 1:1 gibt es ein klares Foulspiel, das ist drei Meter vom Linienrichter entfernt. So etwas nicht zu pfeifen, das ist schon bitter", wetterte Weinzierl in immenser Phonstärke im Erdgeschoss der Frankfurter Arena. "Wenn so etwas nicht gesehen wird, was jeder gesehen hat, dann ist das einfach nur ärgerlich!"

Auch Manager Stefan Reuter führte Beschwerde gegen den renommierten Referee, der aus Sicht der bayerischen Schwaben die unbefriedigende 1:1-Punkteteilung bei der lange unterlegenen Frankfurter Eintracht zu verantworten hatte. "Wenn einer mit gestrecktem Bein reinspringt, darf man nicht weiterlaufen lassen", meinte Reuter über das Einsteigen von Aleksandar Ignjovski gegen den gerade erst aus Leverkusen verpflichteten Linksverteidiger Konstantinos Stafylidis. Im Anschluss tankte sich der eingewechselte Luca Waldschmidt an der Außenlinie durch, die Vorlage des Frankfurter Jungspunds verwertete Marco Russ zum schmeichelhaften 1:1 (86.).

Mehr Fehlpässe als in der gesamten Vorbereitung

Eintracht-Ersatzkapitän Russ hatte an diesem sonnigen Nachmittag im Frankfurter Stadtwald bis dahin kaum eine gescheite Szene gehabt. "Der Ausgleich fiel schon glücklich. Ich war mir gar nicht sicher, dass ich den reinmache", räumte der Torschütze ein. "Augsburg liegt uns als Gegner überhaupt nicht." Auch Eintracht-Trainer Armin Veh, 54, gestand, dassman in besagter Szene "auch hätte abpfeifen können". Ansonsten war der gebürtige Augsburger genauso schlecht gelaunt wie sein 13 Jahre jüngerer Kollege Weinzierl.

Waren beide mit dem Spiel und dem Schiedsrichter unzufrieden: Der Augsburger Weinzierl (vorn) und Frankfurts Armin Veh (hinten). (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)

"Wir haben überhaupt nicht ins Spiel gefunden: Wir sind immer nur unseren eigenen Bällen hinterher gelaufen. Die Spielweise hat mir gar nicht gefallen. So viele Fehlpässe habe ich in acht Wochen Vorbereitung nicht gesehen", sagte Veh. Die Doppel-Sechs mit Stefan Reinartz und Russ funktionierte überhaupt nicht, die Spitzen Luc Castaignos und Haris Seferovic hingen völlig in der Luft. Denn das kreative Loch im Mittelfeld war beinahe so groß wie die Öffnung im Stadiondach.

Der Japaner Inui wird wohl noch verkauft

In Marc Stendera fehlt der technisch beste Mittelfeldspieler verletzt, in Alexander Meier ist der Torschützenkönig der vergangenen Saison gerade erst wieder vorsichtig ins Training eingestiegen. Dennoch wollte Stefan Aigner diese Ausreden nicht als Erklärung für die mangelhafte Leistung anführen. "Wir sollten am Anfang nicht alles schlecht reden, aber wir wissen alle, dass wir es besser können", meinte der gebürtige Münchner, der in der zweiten Hälfte nach einer Umstellung auf eine Mittelfeldraute den Spielmacher mimte. "Das habe ich zuletzt in der Jugend gespielt."

Selbst diese Maßnahme sorgte beim bisweilen arg kopflosen Gastgeber lange nicht für Besserung. "Fußballerisch viel zu bieder", empfand Veh die Vorstellung. Zur Pause hatte der Trainer sein in der Vorbereitung so oft gelobtes Talent Joel Gerezgiher ("er kam nicht ins Spiel rein") wieder ausgewechselt, "aber es hätte auch mehrere andere treffen können". Der Japaner Makoto Hasebe, der das 0:1 von Caiuby (23.) mit einem Fehlpass verschuldete, wäre ebenso ein Kandidat gewesen. Sein Landsmann Takashi Inui stand übrigens gar nicht mehr im Kader. Der Eintracht liegt ein Angebot vom spanischen Erstligisten SD Eibar vor und alles deutet auf einen Wechsel des wenig durchschlagskräftigen Technikers hin, bestätigte Frankfurts Sportchef Bruno Hübner.

Begeisterung über Frankfurts neuen Torwart

Gerade erst angeheuert hat bei den Hessen bekanntlich Lukas Hradecky, der Nachfolger des vor Spielbeginn noch persönlich verabschiedeten Stammtorwarts Kevin Trapp. Die neue Nummer eins erhielt in der Schlussphase bei seinen Prachtparaden beinahe so viel Applaus wie sein Vorgänger bei seiner kurzen Abschiedsrede. Der finnische Nationaltorwart, von Bröndby Kopenhagen losgeeist, verhinderte in der Schlussphase zweimal das 0:2. Stark, wie der 25-Jährige erst gegen Dong Wong Ji (80.) und dann gegen Tobias Werner (85.) in Eins-gegen-eins-Duellen klärte. Sein Rezept erläuterte der Schlussmann mit slowakischen Wurzeln mit einem Augenzwinkern: "Ich mache mich groß, schließe die Augen - und die schießen mich an."

Und so haderten die Augsburger auch über diese vergebenen Möglichkeiten auf der Zielgeraden. "Wir tragen eine gewisse Enttäuschung in uns: Wir haben selbst hier die zwei Punkte liegen gelassen", merkte der ehemalige Frankfurter Halil Altintop an. Und deswegen wollte Weinzierl auch nicht alle Schuld beim Schiedsrichter abladen: "Wir haben glasklare Konterchancen: Wir müssen das zweite Tor machen. Das haben wir versäumt. Und daran sind wir selber schuld."

© SZ vom 23.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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