TSG Hoffenheim:Hoffenheim statt Paris

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Der Zweitligist versucht mit Millionen und dem Brasilianer Carlos Eduardo den Fehlstart zu korrigieren. Nie zuvor wurden in der zweiten Liga so viel Geld ausgegeben.

Tobias Schächter

Kürzlich hat Dietmar Hopp, 67, einmal nachgerechnet, wofür er sein Geld bei der TSG Hoffenheim ausgegeben hat, seit sich sein von ihm alimentierter Heimatklub vor zehn Jahren auf den Weg aus der Kreisliga in die zweite Bundesliga aufmachte. ,,Ich habe deutlich mehr in den Nachwuchsbereich und in die Infrastruktur investiert als in Profifußballer'', teilte der Privat-Sponsor des Emporkömmlings aus dem Kraichgau mit. Nur wenige Wochen später aber wird erkennbar, dass sich die Prioritäten des Milliardärs, der als Begründer des Computerkonzerns SAP reich wurde, verschoben haben: Investiert wird derzeit verstärkt in Beine, nicht nur in Steine.

Carlos Eduardo zog Hoffenheim Lissabon und Paris vor. (Foto: Foto: AP)

Millionentransfers vier und fünf seit dem Aufstieg

Nach den Transfers von Ibisevic (Aachen), Nilsson (Schweden) und Edu (Nigeria) präsentierte der Klub am Donnerstag in Nationalstürmer Demba Ba aus dem Senegal und Brasiliens U20-Auswahlspieler Carlos Eduardo die Millionentransfers vier und fünf seit dem Aufstieg. Hopp selbst nahm an der Vorstellung Eduardos wegen geschäftlicher Termine nicht teil. Doch der Patriarch rief ungeduldig bei Geschäftsführer Jochen Rotthaus an und fragte: ,,Na, wie war's?'' Hopp wusste, dass er etwas verpasst hatte, es ist in der Tat erstaunlich, dass eines der größten Talente des brasilianischen Fußballs erklären muss, warum es die Offerte eines Dorfklubs aus der zweiten deutschen Liga den Anfragen bekannter Großklubs wie Benfica Lissabon oder Paris St. Germain vorzog. Carlos Eduardo Marques, wie der schmächtige Eduardo mit vollem Namen heißt, stand auf der Terrasse des Trainingszentrums und sagte: ,,Hier habe ich das Vertrauen, mich am besten entwickeln zu können.''

Wochenlang hatten sich die Hoffenheimer Verantwortlichen in Brasilien um das Talent mit dem Feingefühl im linken Fuß bemüht. Der Spieler wie auch Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick erklärten, dass die Rücksprache mit in Deutschland beschäftigten Profis aus Brasilien - wie Schalkes Verteidiger Rafinha, der einst unter Rangnick trainierte - die Entscheidung Eduardos beeinflusst haben. Dabei war sicher förderlich, dass Rafinhas und Eduardos Interessen von dem Agenten Roger Wittmann, dem Chef der deutschen Beraterfirma Rogon, vertreten werden. Wittmann ließ sich auf dem Weg zur Pressekonferenz stolz mit Eduardo und den Hoffenheimer Offiziellen ablichten - die Präsentation Eduardos ist in jeder Hinsicht spektakulär.

Für das neue Offensiv-Trio Edu, 21, Demba Ba, 22, abgelöst vom belgischen Erstligisten Mouscron, und Eduardo, 20, von Gremio Porto Alegre, investierte der Klub in den letzten zehn Tagen geschätzte 15 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Lizenzspieleretat des Zweitliga-Rivalen 1.FC Kaiserslautern beträgt 7,5Millionen. Die Schätzungen für Eduardos Ablöse gehen hinauf bis auf neun Millionen Euro, Manager Schindelmeiser bezeichnete die Summe aber als ,,viel zu hoch angesetzt''. Präzise Daten über Transfers will der Klub, der mit nur einem Punkt aus drei Spielen mies in die Saison startete, nicht veröffentlichen. Demba Ba unterzeichnete für vier, Eduardo für fünf Jahre in Hoffenheim. Eines aber steht fest: Nie zuvor sind in der zweiten Liga so kapitale Transfers getätigt worden.

Die Hoffenheimer widersprechen allerdings allen, die jetzt behaupten, die Transfers würden den Zielen ihrer einst lauthals angekündigten Nachwuchs-Politik entgegenwirken. Verwiesen wird darauf, dass im Klub 15 Jugendnationalspieler aktiv sind, die der einstige Hockey-Nationaltrainer Bernhard Peters fördert. Es gebe aber ,,im Moment keine deutschen Spieler zwischen 18 und 22, die sich für uns entscheiden'', sagt Rangnick zur Klub-Politik: ,,Und unsere Talente der 1990er- und 1991er Jahrgänge sind noch zu jung. Eduardo oder Demba Ba sind ein Investment, das sich sicher refinanzieren lässt. Für 28 oder 29 Jahre alte Spieler würden wir nie solche Summen abrufen. Deswegen ist ein Vergleich mit Chelsea oder Bayern auch absurd.''

Rangnick sagt aber auch: ,,Hoffenheim ist kein normaler Verein.'' Was schon in den Neubauplänen deutlich wird: Der Dorfklub bekommt ein 40 Millionen teures Stadion, in dem laut Sponsor Hopp spätestens im Jahr 2010 Punktspiele in der ersten Bundesliga ausgetragen werden sollen. Investiert wird also weiter in Steine. Und was die Beine angeht, dazu sagt Rangnick: ,,Hier kann man Transfers realisieren, die anderswo nicht möglich sind. Wir machen aber keine wahnsinnigen Sachen.'' Die Konkurrenz staunt trotzdem.

© SZ vom 31.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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