Triathlon:"Es geht darum, wer der beste Radfahrer ist"

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Olympiasieger Jan Frodeno über die Gründe, warum er beim Höhepunkt des Triathlons, dem Ironman auf Hawaii, Zuschauer bleibt.

T. Hahn

Diesen Samstag findet auf Hawaii der berühmteste Triathlon der Welt statt, dessen erste Auflage vor 30 Jahren als Ursprung des Ausdauerdreikampfs gilt. Der sogenannte Ironman, bei dem 3,8 Kilometer zu schwimmen, 180 Kilometer Rad zu fahren und 42,195 Kilometer zu laufen sind, ist heute eine Marke der Ereignisindustrie, die Elite besteht aus unabhängigen Profis. Der Kölner Jan Frodeno, 27, hat damit wenig zu tun, obwohl auch er Triathlet ist. Er startet auf der Kurzstrecke (1,5 km/40 km/10 km), die seit 2000 olympisch ist. Diesen August ist Jan Frodeno in Peking Olympiasieger geworden - trotzdem steht er noch etwas im Schatten der Ironman-Prominenz.

Jan Frodeno ist Olympiasieger und einer besten Ausdauersportler der Welt. (Foto: Foto: AFP)

SZ: Herr Frodeno, haben Sie auch schon Pläne für einen Ironman-Start?

Frodeno: Zum jetzigen Zeitpunkt sicher nicht. Ich liebe die olympische Distanz und werde ihr treu bleiben.

SZ: Warum? Der ganze sogenannte Triathlon-Mythos kommt vom Ironman.

Frodeno: Mag sein. Für mich ist die olympische Distanz aber der Hochleistungssport. Man muss sich nur einmal die Zeiten und die Dichte in der Spitze anschauen. Das reizt mich als Liebhaber des Wettkampfes mehr.

SZ: Die Ironman-Lobbyisten sagen, nur die Langdistanz ist die wahre Bewährungsprobe für Ausdauersportler.

Frodeno: Letztlich geht es darum, was einem persönlich am besten liegt. Und jeder Sport entwickelt sich: Nehmen Sie die Tour de France ...stopp, schlechtes Beispiel. Nehmen Sie Basketball. Das ist heute ein anderes Spiel als vor 30 Jahren. Ich denke, man wird Sportarten, insbesondere dem Triathlon, auch nicht gerecht, wenn man polarisiert. Triathlon ist nicht nur das eine oder das andere. Auch Leichtathletik ist ja nicht entweder 100- oder 10000-Meter-Lauf. Es hat sicherlich für viele einen großen Reiz, einen Ironman zu absolvieren. Aber wenn man sich dort die Elite anschaut, muss man auch sehen, dass sehr viele von den erfolgreichen Langstrecklern mit den Geschwindigkeiten auf der Kurzstrecke nicht zurecht gekommen sind. Auf der Olympia-Distanz laufen wir die 10 km regelmäßig unter 30 Minuten. Das ist für mich sportlich gesehen eine andere Kategorie der Leistung, als beim Ironman einen 2:50-Stunden-Marathon zu laufen.

SZ: Auf der Kurzstrecke wurde vor Jahren das Windschattenfahren erlaubt - für Ironman-Puristen war das der Verrat am Geist des Sports.

Frodeno: Die Diskussion hatte ich aktuell nicht mitbekommen, weil ich erst Ende 2000 mit Triathlon begonnen habe. Aber: Es geht um den Triathlon, das heißt, es geht darum, drei Sportarten zu vereinen, und jede Veranstaltung, bei der das Windschattenfahren verboten ist, ist nun mal sehr radfahrlastig. So wie der Ironman. Da geht es im Prinzip darum, wer der beste Radfahrer ist. Bei uns ist der komplette Athlet gefragt. Abgesehen davon, dass das Windschattenfahren den Wettkampf spannender macht.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Frodeno den Unterscheid zwischen Olympia und dem Ironman sieht und was er über Doping denkt.

SZ: Oder auch nicht. Wer nicht mit der richtigen Gruppe aus dem Wasser kommt, hat schon keine Chance mehr.

Frodeno: Man kann das Rennen beim Schwimmen nicht gewinnen, aber man kann es verlieren, ja. Und das misst der ersten Disziplin gleich mehr Bedeutung bei. Beim Ironman dagegen ist das Schwimmen eher das Warmwerden für einen sehr, sehr langen Tag.

SZ: Trotzdem ist der Ironman populärer als der olympische Triathlon.

Frodeno: Das hat auch mit der nationalen Sicht zu tun. In Deutschland hatten wir die Erfolge von Thomas Hellriegel, der in Hawaii 1997 als erster Deutscher gewonnen hat, oder von Sympathie-Trägern wie Faris Al-Sultan. Die haben die Leute für den Sport gewonnen. Wir ziehen nach, zumindest was die Erfolge angeht. Daniel Unger war Weltmeister 2007, ich bin Olympiasieger. Ich sehe die Chance, Boden gut zu machen. Die Olympia-Distanz ist packend und schnell. Sie eignet sich hervorragend zum Zuschauen und auch zum selbst Ausprobieren.

SZ: Hellriegel und Al-Sultan sind sehr bekannt geworden durch ihre Hawaii-Siege. Und Sie, der Olympiasieger?

Frodeno: Schwierig, das persönlich zu beurteilen, zumal der Erfolg noch so frisch ist. Ich bekomme enorm viel Feedback. Wie sich das langfristig auswirkt, wird sich zeigen.

SZ: Die Strukturen beider Triathlon-Sparten sind sehr unterschiedlich: Hier der zentral organisierte Olympia-Kader, dort der Profisport unabhängiger Langstreckler. Ist Doping deswegen bei den Langstrecklern ein größeres Problem?

Frodeno: De facto haben wir auf der olympischen Distanz deutlich weniger Positivfälle und wir sind durch unser System ganz anders in die Antidoping-Maßnahmen eingebunden. Diese Verbandsstrukturen, die ja teilweise als veraltet gelten, haben in der Hinsicht also auch ihr Gutes. Im vergangenen Jahr zum Beispiel bin ich 17 Mal kontrolliert worden. Ich denke, es gibt keinen Ironman-Kollegen, der das von sich behaupten kann. Mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist nicht meine Art. Wir müssen uns aber alle dieses Problems bewusst sein, weil es den Sport zerstört.

SZ: Der Ironman Frankfurt hat sein ganz eigenes Antidoping-Programm...

Frodeno: ...das aber rein auf den Wettkampf bezogen ist. Und auch das ist wieder eine eher nationale Angelegenheit.

SZ: Interessiert Sie der Ironman in Hawaii am Samstag überhaupt?

Frodeno: Natürlich. Alleine deshalb, weil ich viele Teilnehmer kenne.

SZ: Sie schauen das Rennen also an?

Frodeno: Die letzte halbe Stunde werde ich mir anschauen und vielleicht auch gelegentlich mal den Live-Ticker. Aber acht Stunden vor dem Fernseher? So sehr ich die Jungs und Mädels respektiere für das, was sie tun - das ist zu lang.

© SZ vom 10.10.2008/JBe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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