Testosteron und die Folgen:Das Doping der Deppen

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Anabole Steroide sind für Sportler aus mehreren Gründen attraktiv. Athleten erholen sich schneller, zudem werden sie euphorisch und aggressiv.

Werner Bartens

Unter Fachleuten gilt es als das Doping der Deppen. Trotzdem werden immer noch bei 70 bis 80 Prozent aller aufgedeckten Dopingfälle Testosteron oder andere Substanzen aus der Gruppe der anabolen Steroide (Anabolika) nachgewiesen. "Wenn sich der extrem hohe Wert, der bei Patrick Sinkewitz in der A-Probe offenbar gemessen wurde, bestätigen sollte, kann das zwei Gründe haben'', sagt Martin Bidlingmaier, Hormonexperte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Entweder wurde der T-Mobile-Fahrer unmittelbar nach der Applikation erwischt - oder er hat sich die Substanz gespritzt.''

Erwischt: Patrik Sinkewitz. (Foto: Foto: dpa)

Werden Anabolika injiziert, sind sie in Dopingtests leichter nachzuweisen. Etliche Sportler führen sich die Steroidhormone deshalb nicht per Spritze zu, sondern mit einem Pflaster am Hodensack. Dort wird das Anabolikum gleichmäßig, wenn auch nicht in so hoher Dosis, durch die gut durchblutete Haut aufgenommen. Dabei gelangt so viel Wirkstoff ins Blut, dass die Anabolika-Konzentration knapp über oder unter dem erlaubten Grenzwert liegt. Wird das Pflaster entfernt, sinkt der Wert schnell wieder in den gerade noch zulässigen Bereich.

Anabole Steroide sind für Sportler aus mehreren Gründen attraktiv. Die mehr als 50 Substanzen, die aus dem Sexualhormon Testosteron abgeleitet sind, haben eine Muskel aufbauende ("anabole'') Wirkung: Die Masse wächst, gleichzeitig wird der Abbau der Muskelzellen gebremst. Das macht die Mittel für Bodybuilder, Gewichtheber und Kugelstoßer interessant. Doch anabole Steroide haben einen weiteren Effekt: "Die Mittel verkürzen die Regenerationszeit der Muskeln'', sagt Bidlingmaier, der mit Kollegen den Dopingtest auf Wachstumshormon entwickelt hat. "Die Athleten erholen sich schneller, zudem werden sie euphorisch und aggressiv. Daher sind Anabolika auch bei Ausdauersportlern und Sprintern beliebt. '' Ben Johnson und Linford Christie sind die bekanntesten Anabolika-Doper auf der Kurzstrecke.

Bei Wettkämpfen wie der Tour de France haben Sportler Vorteile, die nach täglichen Strapazen schnell wieder zu Kräften kommen. Nebenwirkungen der Anabolika sind Leberschäden, Herzrhythmusstörungen und Akne. Frauen vermännnlichen, Männer verweiblichen.

Was die Reaktion von ARD und ZDF für den zukünftigen Umgang mit Sportereignissen bedeutet, ist offen. Denn nach Untersuchungen in Fitnessstudios und im Breitensport ist dort Doping bereits bei etwa 15 Prozent der Sportler verbreitet. "Bei Leistungssportlern wird vermutet, dass der Anteil noch deutlich höher liegt'', sagt Martin Bidlingmaier.

© SZ vom 18.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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