Tennis:Wie Brasiliens Profis ihren Verbandschef stürzen wollen

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Spieler-Boykott, Trainer-Rücktritt, Polizei-Durchsuchung: Im Tennis-Machtkampf zwischen dem dreimaligen French-Open-Sieger Gustavo Kuerten und Verbandspräsident Nelson Jorge Nastas hat sich das Daviscup-Team nun fast selbst aufgelöst.

Neben Gustavo Kuerten boykottieren derzeit sechs weitere Tennis-Profis die brasilianische Mannschaft.

Ziel der Aktion ist der sofortige Rücktritt des immer eigenmächtiger agierenden Nastas, den Kuerten am liebsten durch seinen Bruder oder ein Mitglied seiner Familie ersetzen möchte. Unterstützt wird er von seinem Vertrauten Jorge Lacerda da Rosa, Präsident des Landesverbandes Santa Catarina. Nastas will seinen Posten allerdings keinesfalls räumen.

"Ich werde dem Druck der Spieler nicht nachgeben und mein Mandat bis zum Jahresende erfüllen", sagt der Verbandschef, der Kritik an seinem Führungsstil und der unzureichenden Basis-Arbeit im Verband ignoriert.

Übergangs-Führung

Voraussichtlich am 25. März will Kuerten-Freund Lacerda, der allerdings erst neun der 25 Landesverbände auf seiner Seite hat, auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eine Übergangs-Führung installieren.

Diese könnte rechtzeitig bis zum 30. März (Kader-Benennung beim Weltverband ITF) ein neues Daviscup-Team nominieren. In zwei oder drei Monaten soll dann ein neues Präsidium gewählt werden. "Es ist schon sieben Jahre her, dass ich die French Open zum ersten Mal gewonnen habe. Seitdem ist das Tennis hierzulande in den Medien präsent, aber der Verband hat diese Entwicklung nicht für Basisarbeit genutzt", sagte Kuerten.

Ausgelöst wurde die Revolte bereits im Februar durch die Ablösung des Teamchefs Ricardo Acioly, der mit Brasilien im September 2003 aus der Weltgruppe abgestiegen war. Die Spieler erfuhren über die Verpflichtung von Nachfolger Jaime Oncins erst aus der Zeitung und fühlten sich übergangen. Ohne Mannschaft trat Oncins am Mittwoch nach nur 18 Tagen Amtszeit wieder ab.

Attacke von zwei Seiten

Attackiert wird Tennis-Boss Nastas gewissermaßen von zwei Seiten. Gustavo Kuerten kritisiert die sportliche Arbeit des Hauptverbandes, Landesverbands-Chef Lacerda beklagt dagegen offen das Fehlverhalten der Funktionäre. Anfang der Woche wurde die Geschäftsstelle des Hauptverbandes von der Polizei durchsucht.

Lacerda hatte Nastas und drei enge Vertraute angezeigt, unter anderem Versammlungen vorgetäuscht und Rechnungen manipuliert zu haben.

© SZ v. 13.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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