Tennis:Liebt Knut, liest Bibel

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Serena Williams ist bei den German Open in Berlin wieder eine ernsthafte Sieganwärterin - und unterhaltsam wie eh und je. Die 26-Jährige hat gute Geschichten zu erzählen.

Claudio Catuogno

Serena Williams weiß, wie man sich beliebt macht. Manchmal legt sie keinen großen Wert darauf. Aber meistens macht sie sich daraus einen Spaß - sie schaut eben gerne in lachende Gesichter. Am Sonntag kam sie nach Berlin eingeflogen und sagte: "Ich liebe Berlin. Es ist die schönste Stadt in Deutschland." Was hat sie sich angeschaut? "Bisher nichts." Welche Stadt kennt sie noch? "Ich kann so selten hier sein. Leider." 2002 war sie das letzte Mal da, genau genommen. Jetzt will sie die German Open gewinnen, das wichtigste deutsche Tennisturnier. Und sei's drum: Serena liebt Berlin. Eine gute Geschichte.

Das Frauentennis ist fast auf sie angewiesen: Serena Williams beim Aufschlag in Berlin. (Foto: Foto: Reuters)

Zumal Serena auch Knut liebt, den Eisbären. Und das kam so: Sonntagmittag, erstes Interview. Frage: Wird sie auch Knut besuchen? (In Berlin fragt man das immer noch gerne.) Darauf Serena: "Wer ist Knut?" Sonntagmittag, zweites Interview: "Ich will unbedingt diesen süßen, kleinen Eisbär sehen", erzählt sie ungefragt. Das ist das System Williams. Man weiß nie, was sie wirklich denkt, aber sie sagt, was man hören will. Serena liebt Knut. Auch eine gute Geschichte.

Es gab eine Zeit, fünf Jahre ist das jetzt her, da war das Frauentennis ihrer überdrüssig. Weil es langweilig wurde mit ihr und ihrer Schwester Venus. Immer diese unfein kräftige Art, die Filzkugel zu bewegen, und trotzdem ein Grand-Slam-Sieg nach dem anderen. Serena Williams aus Saginaw, Michigan, USA, die meistens mit ihrer Mutter und zwei Hunden von Turnier zu Turnier reist, verkörperte das brachiale Element ihres Sports, und dieser Umstand korrespondierte auch mit ihren Umgangsformen. Daran hat sich wenig geändert - doch wie sie wahrgenommen wird, das hat sich ins Gegenteil verkehrt.

Unterhaltsamer als die Püppchen

Jetzt ist das Frauentennis fast auf sie angewiesen. Weil es immer unterhaltsam ist mit ihr, unterhaltsamer jedenfalls, als mit diesen austauschbaren osteuropäischen Tennis-Püppchen. Auf der WTA-Homepage beschreibt sich Serena Williams selbst als "sehr humorvoll" und "großartige Persönlichkeit". Die Latte liegt also hoch, deutlich oberhalb der Netzkante.

Das Jahr 2006 hatte Serena Williams noch als Nummer 95 der Welt beendet, da kümmerte sie sich lieber um ihre eigene Modelinie, was überraschte, weil man Geschmack in diesen Dingen nie für ihre Stärke gehalten hat. Damals hat man sie nicht mehr sehr ernst genommen. Das Interessante ist nun allerdings: In diesem Jahr hat sie erst ein Match verloren und zuletzt drei Turniere in Serie gewonnen, Bangalore, Miami und Charleston. In Miami hat sie Justine Henin, die Weltranglistenerste, 6:2, 6:0 besiegt.

Sie redet nicht nur davon, in Berlin gewinnen zu wollen, es ist tatsächlich vorstellbar - am Dienstag hatte sie in der zweiten Runde wenig Mühe gegen Francesca Schiavone, 6:2, 6:2 lautete das Ergebnis. Serena Williams will wieder die Nummer eins der Welt werden. Was sie dafür noch verbessern muss? "Meine Einstellung", sagt sie. Und lacht. "Mir ist nichts anderes eingefallen auf die Frage."

Spiritualität heißt: "Spaß haben"

Skurrilität ist auch eine Frage der Gegensätze. Gerade hat in Berlin Justine Henin, 25, Auskunft gegeben, die kleine, kühle Belgierin, die ihr Leben als permanente Prüfung begreift, die heute schon grübelt, wie es in drei, vier, fünf Jahren mit ihr weitergeht, "als Frau, als Mensch". Ob sie dann verreisen soll oder lieber studieren.

Studieren? Serena Williams lacht. "Ich habe die Schule immer gemocht", sagt sie, "aber, nein: Das ist nicht meine erste Priorität." Ihre Priorität, "das ist die Spiritualität". Was ist mit Spiritualität genau meint? "Spaß haben." Aber nicht nur das. "Ich lese die Bibel", sagt sie, "das ist mein Projekt. Ich will die ganze Bibel lesen, von vorne bis hinten." Jede Seite? "Ja. Ich bin zwar erst ganz am Anfang. Aber glaubt mir: Ich schaffe das."

© SZ vom 07.05.2008/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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