Tennis in Nürnberg:"Leider, leider habe ich gewonnen"

Lesezeit: 2 min

Eine Italienierin und eine Südtirolerin: Karin Knapp (r.) posiert nach dem Finale in Nürnberg mit der Zweiten Roberta Vinci. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Veranstalter hatten auf eine deutsche Siegerin gehofft, den Cup holte aber die Südtirolerin Karin Knapp. Die großen Dramen hatten sich bereits im Lauf der Woche abgespielt.

Von David Weber, Nürnberg

Nein, antwortete die Südtirolerin Karin Knapp, gefragt, ob sie sich ärgere, dass man sich hier in Nürnberg beim Versicherungscup eine deutsche Siegerin erhofft habe, sie also offenbar nicht die Wunschkandidatin gewesen sei. Nein, sie verstehe, dass es etwas Besonderes sei, wenn bei einem deutschen Turnier eine deutsche Spielerin gewinne - "aber leider, leider habe ich gewonnen", grinste Knapp und zuckte mit den Schultern. Sie hatte sich durch ein gut besetztes Turnier gekämpft, zwei deutsche Talente aus dem Weg geräumt, nämlich Antonia Lottner und Anna-Lena Friedsam, Julia Putinzewa (Russland) und Lara Arruabarrena (Spanien) geschlagen, war dann im Finale auf ihre Freundin Roberta Vinci getroffen, wie sie Italienerin, und sich in einem wechselhaften, "sehr schwierigen" Match mit 7:6 (7:5), 4:6, 6:1 durchgesetzt. "Das passiert nicht oft, dass ich ein Turnier gewinne", sagte Knapp. Erst im letzten Jahr hat die 28-Jährige ihren ersten und bisher einzigen Titel auf der WTA-Tour eingefahren. Und während Knapp zum Flughafen eilte, zum Flieger nach Paris zu den French Open, hieß es hier und da: "wenigstens deutschsprachig".

Die großen Dramen hatten sich bereits im Lauf der Woche abgespielt. Erst hatte Andrea Petkovic (Darmstadt) ihr Erstrundenmatch gegen Putinzewa wegen einer Oberschenkelzerrung aufgegeben. Dann hatten sich nacheinander Sabine Lisicki (Berlin) im Achtel- und Carina Witthöft (Hamburg) im Viertelfinale verabschiedet. Und schließlich war die Kielerin Angelique Kerber, die letzte von acht angetretenen deutschen Spielerinnen, am Tag ihres Halbfinalspiels vor das Nürnberger Publikum getreten, um zerknirscht, traurig, fast verzweifelt abzusagen, wegen Rückenproblemen. Es tue ihr "mega leid", sagte Kerber, und der Sportinformationsdienst wusste gar zu berichten, dass sie "immer wieder von Weinkrämpfen geschüttelt" worden sei, so groß war die Enttäuschung.

Auch Barbara Rittner kann nicht zaubern

Die Turnierdirektion um Sandra Reichel hatte viel dafür getan, um sich bei der dritten Auflage den Traum vom ersten deutschen Turniersieg in Nürnberg zu erfüllen. Die drei deutschen Topspielerinnen verpflichtet, die Fed-Cup-Kapitänin Barbara Rittner als Turnierbotschafterin und Beistand dazu geholt. Doch eine Hoffnung nach der anderen war sportlich ausgeschieden oder hatte sich in den Krankenstand verabschiedet. Im Finale standen sich also zwei Italienerinnen gegenüber, Vinci, 32, Nummer 42 der Welt, und Knapp, 28, die Nummer 48.

Während Vinci zum ersten Mal überhaupt in Nürnberg dabei war, hatte Knapp schon ihre Erfahrungen mit den Sandplätzen beim 1. FCN gemacht, dieses Jahr von mehr als 18.000 Zuschauern besucht. Vor zwei Jahren war Knapp im Achtelfinale gescheitert, 2014 im Halbfinale an der späteren Siegerin Eugenie Bouchard aus Kanada, die im Anschluss - genauso wie die Vorjahressiegerin Simona Halep (Rumänien) - an die Weltspitze vordringen sollte.

Als Roberta Vinci im ersten Durchgang mit 5:2 vorne lag, schien der Nürnberger Titel weit weg für Knapp. Sie verlangte, ihren Coach zu sprechen. Das wirkte. Wenig später stand es 6:5 für Knapp, Alessandro Piccari, der Zaubertrainer, applaudierte und lobte fleißig, und jetzt holte verständlicherweise auch Vinci ihren Coach zur Bank, offensichtlich ebenfalls ein guter Mann, denn Vinci glich aus - um sich dann in einem engen Tie-Break (5:7) doch noch geschlagen geben zu müssen.

Ähnliches Spiel im nächsten Satz: Vinci ging 4:1 in Führung; auf den vollen Tribünen kippte die Stimmung leicht, der Applaus für Vinci wurde lauter - einige Zuschauer hatten sich endgültig in den wunderschönen Rückhandslice der Italienerin, ein Brotmesser von einem Slice, verliebt. Wieder glich Knapp aus, 4:4. Dieses Mal hielt Vinci zwar durch; verlor aber im letzten, entscheidenden Durchgang schnell den Anschluss und stand ihrer Freundin schließlich nach etwas mehr als zwei Stunden am Netz gegenüber, gratulierte, Küsschen rechts, Küsschen links, und dann los zum Flieger. In Paris werden die beiden Freundinnen erstmals bei einem großen Turnier zusammen im Doppel antreten - dort wünscht man sich aber wahrscheinlich zwei Französinnen auf dem Siegerpodest.

© SZ vom 24.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: