Tennis: Australian Open:Bittere Erkenntnisse

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Nach seiner Niederlage gegen Rafael Nadal tritt Tommy Haas mit gemischen Gefühlen die Heimreise an. Seinen großen Traum muss er wohl aufgeben.

René Hofmann

Es begann gut. Vielversprechend. Nach zehn Minuten leuchteten die Ziffern "2" und "0" an der Anzeigetafel der Rod Laver Arena. Von den ersten 16 Punkten, die im letzten Drittrunden-Match des Samstags gespielt worden waren, hatte Tommy Haas zehn gewonnen.

Tennisprofi Tommy Haas kann im Alter von 31 Jahren gut mithalten - aber für die Szenegrößen reicht es nicht. (Foto: Foto: AP)

Gleich bei erster Gelegenheit war ihm ein Break gegen Rafael Nadal geglückt. Die Filzkugel flog mit Wucht durch die kühle Abendluft. Hin und her. Je länger sie aber flog, desto deutlicher wurde, auf welcher Seite des Netzes die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste stand. Die Schwäche im ersten Aufschlagspiel blieb Nadals einzige. Nach zwei Stunden und vier Minuten hatte er 6:4, 6:2, 6:2 gewonnen - und Haas sagte: "Er war heute einfach besser." Das war er wirklich. Ohne viel Übertreibung gab Nadal an: "Das war mein bestes Match, das ich bislang in Australien bestritten habe."

Mit gemischten Gefühlen trat Tommy Haas folglich die Heimreise nach Bradenton/Florida an. Einerseits haben ihm die Australian Open 2009 gezeigt, dass er auch nach monatelanger Pause aus dem Stand noch ganz gut mithalten und sich auch im Alter von 31 Jahren auf dem Center Court sehen lassen kann. Andererseits bescherten sie ihm eine bittere Erkenntnis: Den Szenegrößen wird er wohl nicht mehr gefährlich werden können, auch wenn er noch so klug Stopps und Lobs in sein Spiel streut.

Kühnen steht Haas zur Seite

Seinen Traum, einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen, muss er wohl aufgeben. Was überwiegt, das Gefühl der Genugtuung oder der Ernüchterung? "Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden", sagt Haas: "Ich muss mehr spielen, um in solchen Matches in den entscheidenden Momenten wieder zu wissen, was ich zu tun habe."

Erst einmal will er sein Leben als Tennis-Profi neu ordnen. Einen Trainer hat er nicht, die Zusammenarbeit mit Dean Goldfine ging über die jüngste Schulterverletzung zu Bruch. In Melbourne standen Haas der Schwede Thomas Högstedt und Patrik Kühnen zur Seite. Beim Davis-Cup-Chef hatte Haas kurz vor Weihnachten erst angefragt. Eine langfristige Liaison ist nicht geplant. Vom 9. Februar an will Haas in San Jose spielen, in der Woche darauf steht das Turnier in Memphis auf seinem Plan. Nach den großen Veranstaltungen in Indian Wells und Miami will er schauen, wie sich seine Weltranglisten-Notierung entwickelt.

Im Moment wird er an Nummer 79 geführt. Bei den großen Sandplatzturnieren in Monte Carlo, Rom und Madrid wird er damit nicht ins Hauptfeld kommen. Auf die Qualifikation hat Haas auf dem ungeliebten, langsamen Untergrund, der seine ausgeleierte Schulter besonders stark strapaziert, keine Lust.

"Ich würde mir ein Hallenturnier wünschen"

Bei den BMW Open in München (ab 4. Mai) wird er wohl aus Pflichtbewusstsein antreten. Bei den German Open in Hamburg, die in diesem Jahr erst im Juli gespielt werden, wird er dagegen nicht zu sehen sein. "Mit der Kälte und den Bällen - das geht für mich gar nicht mehr. Damit habe ich seit Jahren abgeschlossen", sagt Haas. Statt in seiner Geburtsstadt wird er wohl in Indianapolis spielen. Glücklich ist er darüber nicht: "Ich würde mir wünschen, dass es in Deutschland wieder ein Hallenturnier gäbe. Vielleicht in Stuttgart, in der Porsche-Arena, in der auch die Frauen spielen."

Das Thema Davis Cup ist ebenfalls ein heikles. Anfang März steht in Garmisch-Partenkirchen die Erstrunden-Partie gegen Österreich an. Der Gegner ist nicht zu unterschätzen. Stefan Koubek hat in Melbourne in der ersten Runde den Russen Michail Juschni bezwungen. Jürgen Melzer kam in Runde drei, wofür er unter anderem den Ravensburger Andreas Beck 5:7, 7:6, 6:4, 6:3 niederrang. Melzer und Julian Knowle bilden zudem ein eingespieltes Doppel.

Ungewisse Aussichten für Kiefer

Ein rein deutsches Duo trat dagegen in Melbourne nicht an. Ohne Haas könnte es in Garmisch spannend werden, zumal Philipp Kohlschreiber nach seinem Ausscheiden in Runde zwei gegen Fabrice Santoro seine Aversion gegen Matches kund tat, in denen er womöglich fünf Sätze spielen muss. Teamchef Patrik Kühnen haben diese Aussagen "überrascht und gewundert". In den nächsten Wochen will er mit dem 25-Jährigen ein ernstes Gespräch führen. Thema: Wo will ich als Tennisspieler hin. Was bin ich bereit, dafür zu tun?

Mit Haas hat Kühnen über den Davis Cup noch nicht gesprochen. Er wollte ihm "erst einmal Zeit lassen, sich wieder einzufinden". Ebenfalls ungewiss sind die Aussichten für Nicolas Kiefer. Der 31-Jährige laboriert an einem doppelten Bänderriss. Wann er wieder Tennis spielen kann, ist ungewiss. Um sich alle Optionen offen zu halten, will Kühnen das Team für das Duell mit Österreich kurzfristig berufen. Der letzte Termin ist zehn Tage vor der Auslosung. Sie findet am 5. März statt.

© SZ vom 26.01.2009/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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