Sportschießen:Plötzlich mit Selfies

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Traf bei Olympia in Rio zu Silber - und bei den Meisterschaften in Garching eine hohe Zehn nach der anderen: Sportpistolen-Schützin Monika Karsch, 33, aus Regensburg. (Foto: Armando Babani/dpa)

Die Sportschützen feiern bei den deutschen Meisterschaften in Garching-Hochbrück ihre Olympiahelden um Barbara Engleder und Henri Junghänel - den Titel mit dem Luftgewehr holt sich in Beate Köstel eine alte Bekannte.

Von Julian Ignatowitsch

Ein Soloauftritt, anerkennendes Raunen, schließlich stürmischer Applaus: Bei den deutschen Meisterschaften auf der Schießanlage Hochbrück in Garching lag nur eine Woche nach den Sommerspielen gleich wieder olympisches Flair in der Luft. Die erfolgreichen Sportschützen von Rio dominierten erwartungsgemäß die nationalen Wettkämpfe bei Gewehr und Pistole.

Gefeiert wurden sie spürbar deutlicher als sonst: Während die anderen Schützen am Samstag bereits in der Finalhalle warteten, kündigte der Hallensprecher die Silbermedaillengewinnerin Monika Karsch an, die winkend und unter Beifall an den Stand kam; Karsch traf eine hohe Zehn nach der anderen, das Publikum staunte; 20 Schüsse später war die Regensburgerin nationale Meisterin an der Luftpistole, stand auf dem Siegertreppchen und wurde euphorisch beklatscht. Karsch siegte tags darauf darauf auch mit der Sportpistole. Olympiasieger Henri Junghänel gewann im Liegendschießen, der Olympia-Vierte Daniel Brodmeier mit Finalrekord an der Freien Waffe. Olympiasiegerin Barbara Engleder komplettierte die Erfolgsserie im Zeichen der Ringe am Sonntag mit einem zweiten Platz im Dreistellungskampf.

Gar nicht so einfach sei das gewesen, erklärte Karsch anschließend, "plötzlich schaut jeder auf dich, will besser sein als du, die Medaillengewinnerin - das ist schon auch Druck". Die Meisterschaften sind eine Breitensportveranstaltung, bei der das Leistungsgefälle gerade in der Qualifikationsrunde sehr hoch ist. Neben den Topsportlern stehen Vereinsschützen am Stand, die noch nie ein internationales Turnier geschossen haben. "Da bist du natürlich in der Pflicht, das höhere Ergebnis zu erzielen", sagte Karsch. Eine tückische Situation, denn beim Schießen, wo Millimeter ausschlaggebend sind, kann ein Wettkampf auch schnell mal daneben gehen. "Aber deswegen sind wir ja die Profis."

Dass der eine oder andere Olympionike vor den Titelkämpfen kaum Zeit zum Trainieren gefunden hatte, war dem Erfolg nicht abträglich. "Die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele war so hart und zeitintensiv, da konnte ich noch davon zehren", schilderte Junghänel. Froh um eine Auszeit nach einer langen Saison sind alle. "Ich bin nur noch müde und werde eine kleine Schießpause einlegen", sagte Brodmeier.

Für Barbara Engleder ist nach dieser Saison sogar ganz Schluss mit der Profikarriere. Zuvor steht aber im Oktober noch das prestigeträchtige Weltcup-Finale im italienischen Bologna auf dem Programm, bei dem die Deutschen noch einmal vorne mitmischen wollen.

Bei 30 Grad Außentemperatur war in München zwischen Wettkampf und Autogrammstunde immerhin ein bisschen Zeit zur Regeneration. Der eine trank einen Cocktail an der Bar, die andere bediente sich an der Eistheke. "Frau Karsch, haben Sie Zeit für ein Selfie?" Hatte sie natürlich. "Das sind schon einmalige Erfahrungen, die wir gerade machen", sagte sie und drückte den Auslöser. Die Finalrunden sahen am Wochenende mehr als 1000 Zuschauer, insgesamt gehen bei den Meisterschaften bis zum 5. September rund 6000 Athleten an den Start.

Nur noch raus aus den Schießklamotten und unter die Dusche wollte Beate Köstel nach ihrer starken Leistung im Luftgewehr-Finale, das der Höhepunkt abseits des Olympiatrubels war. Köstel und Sonja Pfeilschifter, 45, zwei ehemalige Olympionikinnen und Weltmeisterinnen, hatten sich ein Duell geliefert, bei dem selbst Engleder nicht mithalten konnte. Mit 208,6 Ringen schoss Köstel ein Ergebnis, das ihr in Rio den Titel gebracht hätte. Die deutschen Meister in diesen Tagen, schlichtweg olympiareif.

© SZ vom 29.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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