Spanischer Fußball:Ethnisch im Abseits

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Beim spanischen Fußball-Erstligisten Athletic Bilbao dürfen eigentlich nur "echte" Basken spielen. Nun streitet die Region, ob ein Schwarzer in die Mannschaft darf.

Javier Cáceres

Aufmunternder Applaus begleitete Jonas Ramalho, als er auf einem Fußballfeld in Bilbao Geschichte schrieb. Gerade einmal 14 Jahre ist er alt, nie war ein Fußballer jünger, als er sein Debüt in der ersten Herren-Mannschaft des spanischen Erstligaklubs Athletic de Bilbao feierte. Aufsehen erregte Ramalho freilich nicht deshalb, sondern auf Grund seiner Hautfarbe. Er ist schwarz. Das stellt bei den "Löwen", wie die Spieler Athletics genannt werden, möglicherweise einen Bruch mit einer ehernen Tradition dar. Bei Athletic dürfen eigentlich nur "echte" Basken spielen.

Basken, überall Basken: Athletic Bilbao übt sich als einziger Fußballverein des Kontinents in ethnischer Autarkie. (Foto: Foto: dpa)

Der 108 Jahre alte, einst von britischen Einwanderern gegründete Klub übt sich als einziger Fußballverein des Kontinents in ethnischer Autarkie. Dennoch versucht man, mit den Vereinen mitzuhalten, die Fußballer aus aller Welt importieren. Von vielen Fans in Spanien wird diese Selbstbeschränkung sogar bewundert. Athletic ist neben Barcelona und Real Madrid der einzige Klub, der seit Gründung der spanischen Liga vor 76 Jahren nie abgestiegen ist. Doch die Klubphilosophie wirft auch regelmäßig die Frage auf, wer oder was ein Baske ist. Und darüber diskutieren die örtlichen Nationalisten gern und heftig.

Als Klassiker gelten insbesondere die Einlassungen von Xabier Arzalluz, dem früheren Präsidenten der bürgerlich-nationalistischen Regionalpartei PNV. Er zog vor einigen Jahren die Blutgruppe Rhesus-negativ als Unterscheidungsmerkmal heran, die im Baskenland besonders häufig ist:

"Wenn es, ethnisch gesprochen, in Europa eine Nation gibt, dann Euskadi" - so heißt das Baskenland auf Baskisch. Für Athletic sind freilich andere Kriterien ausschlaggebend. Es reicht, wenn man im Baskenland geboren ist - wobei sich die Grenzen mittlerweile mit jenen decken, von denen die Separatisten träumen.

Sohn eines Angolaners und einer Baskin

Demnach gehören nicht nur die drei Provinzen der autonomen Region Euskadi dazu, sondern auch das angrenzende Navarra sowie die baskischen Provinzen in Frankreich. Diese Bedingungen sind allerdings nur offiziös. Würde der Verein sie in seinen Statuten festschreiben, gäbe es vermutlich Ärger mit dem spanischen Verfassungsgericht.

Jonas Ramalho erfüllt die Bedingung jedenfalls voll und ganz. Er ist Sohn eines Angolaners und einer Baskin. Diskussionen hat der Fall des "schwarzen Welpen", wie die spanische Presse ihn nennt, dennoch ausgelöst. Dieser Tage tobt nämlich parallel eine Debatte um die Frage, ob der 15-jährige Enkel einer baskischen Emigrantin aus der Region Katalonien bei Athletic Bilbao spielen darf. Klarer Tenor im Baskenland: Nein.

"Es wird vielen Leuten schwer fallen, ihn zu akzeptieren"

Beim Verein erklärt man, Jonas Ramalho sei aufgrund seiner Fähigkeiten aufgenommen worden, die Hautfarbe spiele keine Rolle. Der Klub reagiert gereizt auf die Debatte. "Ich würde nie Teil eines Vereins sein, der seine Fußballer aufgrund ihrer Rasse oder Religion diskriminiert", sagte Koldo Asua, der Jugendleiter.

Die baskische Zeitung Deia fragte: "Wenn ein Schwarzer Präsident der USA werden kann, warum sollte es dann nicht einen schwarzen Athletic-Spieler geben?" Den Fans sei "klar", so das Blatt, dass Ramalho "die Parameter des Klubs erfülle", zumal der talentierte Verteidiger so gut wie alle Jugendmannschaften durchlaufen habe.

Doch es ist Athletic Bilbao schwer gefallen, sich in der gesellschaftlichen Realität zurechtzufinden. Hunderttausend Ausländer haben sich im Baskenland niedergelassen, doch es ist schon neun Jahre her, dass ein schwarzer Jugendlicher namens Blanchard Moussayou im Verein aufgenommen wurde. Er musste den Traum einer Profikarriere nach Verletzungen aufgeben, und er ist skeptisch, ob Ramalho ihn je wird leben können. "Es wird vielen Leuten schwer fallen, ihn zu akzeptieren", glaubt der Veteran.

© SZ vom 01.03.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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