Skilanglauf-Weltcup:Nur ein Prolog zur großen Tour

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Vor dem Weltcup-Auftakt in Düsseldorf blicken die Ski-Langläufer lieber voraus auf eine neue Serie. Und fragen sich, ob man schon im Herbst auf Skiern rumrutschen muss.

Joachim Mölter

Die erste Veranstaltung einer Saison nutzen Athleten gern, um sich wieder einzustimmen auf den Wettkampf-Rhythmus; eine andere gängige Formulierung dafür ist warmlaufen, aber die hat für Ski-Langläufer eine doppelte Bedeutung in diesen Herbsttagen:

Eine Schneefräse bereitet den Boden für den Skilanglauf-Weltcup am Düsseldorfer Rheinufer. (Foto: Foto: ddp)

Wenn das Wetter so bleibt, müssen sie aufpassen, dass sie nicht heißlaufen am Wochenende in Düsseldorf, wo auf einer Kunstschneepiste am Rheinufer mit Sprint-Wettbewerben schon zum fünften Mal die Weltcup-Saison eingeleitet wird.

Nicht nur, weil das Thermometer derzeit eher gegen zwanzig Grad tendiert als gegen null, ist in der Szene eine Diskussion entstanden, ob man mitten im Herbst schon auf Skiern rumrutschen muss.

Für Wintersport sei es im Oktober zu früh, hat jedenfalls die ARD den Organisatoren mitgeteilt und deshalb im Gegensatz zu früher auf eine Übertragung verzichtet - was Jürg Capol bedauert, der für Langlauf zuständige Renndirektor des Ski-Weltverbandes Fis: "Wenn wir einen Weltcup machen, muss auch ein Live-Signal entstehen", findet der Schweizer.

Die Neue Zürcher Zeitung hat daraus geschlossen, dass der Weltcup zum letzten Mal in Düsseldorf ausgetragen wird. Dem widerspricht Capol, indem er die dortigen Ausrichter lobt: "Sie machen einen guten Job mit dem Schnee; sie wissen, wie man eine Piste herstellt."

Dass dennoch überlegt wird, den Weltcup-Auftakt zu verschieben, bestreitet Capol freilich nicht: "Aber da geht es eher um den Termin, weniger um den Ort."

Ende Oktober ist tatsächlich früh für die Langläufer, zumal sie dann gleich wieder drei Wochen Pause haben bis zum nächsten Bewerb in Gällivare (Schweden).

Sportlich ist Düsseldorf deshalb nachrangig, was man in diesem Jahr daran erkennt, dass der Deutsche Skiverband (DSV) zwar seine prominentesten Frauen hinschickt, aber außer Tobias Angerer keinen Mann, den man kennt.

Und Angerer macht auch nur mit, "weil's in Deutschland ist, gute Stimmung herrscht und ich noch mal im gelben Trikot laufen darf". Das trägt er als Weltcup-Gesamtsieger des vorigen Winters.

Für den 29-Jährigen ist der Start in Düsseldorf allenfalls ein Prolog zu einer anderen Veranstaltung, die in diesem Winter ihre Premiere feiert: der Tour de Ski.

So haben die Fis-Verantwortlichen eine Wettkampf-Serie innerhalb des Weltcups genannt, die zwischen dem 29. Dezember und dem 7. Januar ausgetragen wird und mit insgesamt einer Million Schweizer Franken dotiert ist, rund 630.000 Euro.

In drei Ländern (Tschechien, Deutschland, Italien) und an fünf Orten (Nove Mesto, München, Oberstdorf, Asiago, Val di Fiemme) werden insgesamt acht Wettbewerbe ausgetragen, in allen Techniken und Formen sowie auf fast allen Distanzen. Der Gewinner bekommt am Ende 95.000 Euro und 400 Weltcup-Punkte gutgeschrieben.

"Das ist der Schlüssel für den Gesamt-Weltcup", sagt Angerer, der Vorjahressieger. Nicht nur er ist deshalb schon ganz heiß auf diese neue Serie - in der ganzen Langläufer-Szene ist sie das beherrschende Thema vor dem Saisonstart.

"Die Sportler sind alle begeistert", berichtet Angerer, "das kann ein richtiger Event werden, auch für Medien, Zuschauer und Sponsoren." Für viele gilt die Tour de Ski bereits als zweiter Saisonhöhepunkt neben der WM in Sapporo (Japan) Ende Februar; die zeitgleich stattfindende Vierschanzentournee der Springer wird dabei nicht als Konkurrenz gesehen.

"Wir versprechen uns viel davon", sagt jedenfalls der deutsche Bundestrainer Jochen Behle über die neue Tour: "Das ist eine neue Herausforderung - für die Sportler, aber auch für uns Trainer."

Die Athleten haben zwar versucht, im Sommertraining die ungewohnte Belastung von acht Wettkämpfen in zehn Tagen zu simulieren, die deutschen Läufer zum Beispiel dadurch, dass sie bei ihrer obligatorischen Leistungskontrolle in Oberhof fünf Tests in sieben Tagen absolviert haben.

Aber: "Es weiß keiner, was wirklich auf ihn zukommt", sagt Angerer. Trotzdem freut er sich, "neue Grenzen auszuloten", und zudem ist er sicher, "dass es für alle etwas Positives hat".

Grenzen ausloten und etwas Positives dabei finden - auch das hat etwas Doppeldeutiges in diesen Zeiten.

Über den Namen Tour de Ski sind ja nicht alle Athleten glücklich, weil er Assoziationen weckt zur dopingbelasteten Tour de France der Radsportler. Zudem hat der DSV die durch Evi Sachenbacher-Stehles Schutzsperre bei Olympia entstandene Debatte um Hämoglobin-Grenzwerte aktualisiert mittels des vergeblichen Versuchs, bei der Fis eine Ausnahmegenehmigung für die angeblich grenzwertige Läuferin zu erwirken; damit bleibt das Thema Blutdoping präsent.

Tobias Angerer darf man indes Unbedachtheit zugute halten, als er seine Sätze so zweideutig formulierte. Ihm hat der Ski-Weltverband quasi Unbedenklichkeit bescheinigt: Seine in der Fis-Datenbank gesammelten Blutwerte seien so normal wie sie nur sein können.

© SZ vom 27.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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