Skifliegen:Der Traum vom 300-Meter-Flug

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Die Grenzen des großen Abenteuers Skifliegen sind noch längst nicht erreicht. "300 Meter und mehr sind theoretisch möglich, wenn man auf die Schanzenprofile, das Material und die Flugkurve schaut", sagt Skisprung-Chef Walter Hofer.

"Aber wir wollen keine Rekordjagd um jeden Preis und schließlich soll der Zuschauer nicht nur irgendwo einen schwarzen Punkt fliegen sehen."

Bald auf 300 Meter? Die Grenzen im Skifliegen sind noch nicht erreicht. (Foto: Foto: dpa)

Schon heute staunen Tausende Fans mit offenem Mund an der gigantischen Schanze, wenn die Flieger wie bei der WM am Kulm todesmutig über die magische 200-Meter-Marke segeln. Den Weltrekord hält der Norweger Björn Einar Romoeren seit März 2005 in Planica mit stolzen 239 Metern. Der Bakken für einen Flug in die Dimension von 300 Metern müsste erst gebaut werden, denn die weltweit fünf Fluganlagen sind schlichtweg zu klein dafür.

In Norwegen existiert ein spektakulärer Plan, in der Nähe des Holmenkollens die größte Schanze der Welt zu bauen. Er liegt aber seit Jahren auf Eis, weil sich die Investitionen von mindestens 30 Millionen Euro trotz eines um den Anlauf herum geplanten Restaurants nur schwer amortisieren lassen. Der Internationale Skiverband FIS genehmigt pro Winter nur zwei Flugveranstaltungen, weil die Gefahr besonders bei schlechtem Wetter groß und die psychischen Anstrengungen fast übermenschlich sind.

Der Adrenalinausstoß erreicht wie bei Menschen in Todesangst das Vierfache des normalen Wertes und der Puls rast auf 180, wenn sich die Flieger mit über 100 Stundenkilometern auf zwei gerade 11,5 Zentimeter breiten Latten in die Luft erheben. Doch nüchterne Fakten können das Gefühl in den acht magischen Flug-Sekunden nicht beschreiben. "Es ist schon beim Skispringen gigantisch, wenn du nur mit zwei Holzlatten an den Füßen durch die Luft fliegst. Und Skifliegen ist noch dreimal verschärfter. Das kann niemand verstehen, der es noch nicht gemacht hat", sagt Michael Uhrmann.

Oben auf dem Balken, fast einen halben Kilometer von den Fans unten entfernt, steht "eine gesunde Angst" (Teamarzt Ernst Jakob) in den Gesichtern. Nach der Landung sprechen sie dann von einem Gefühl "wie bei einem Orgasmus" oder "einer Landung auf dem Mars". Wer die 200-Meter-Marke noch nicht überflogen hat, gilt als Weichei. "Ich kann die Hänselei von den anderen Jungs gar nicht mehr hören", erzählte Alexander Herr vor der Skiflug-WM im österreichischen Bad Mitterndorf.

Der deutsche Rekordhalter Michael Neumayer (227,5 Meter) berichtet seinem Teamkollegen stolz, dass man sich "die ersten 100 Meter im Flug gar nix denkt und sich dann auf die restliche Zeit freut". Oder es mit der Angst zu tun bekommt wie der Finne Janne Ahonen, der in Planica den Weltrekord von 240 Metern nicht stehen konnte und sich bei der unsanften Landung eine Rippe brach. Zumindest Ahonen will an Flüge über 300 Meter "gar nicht erst denken". Diesen (Alb)Traum werden sich wohl erst seine Nachfolger erfüllen.

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