Ski-WM:Jugend auf der Baustelle

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Der DSV schöpft Mut: Es gibt neue Talente für den Riesenslalom.

Wolfgang Gärner

Ihr Augenmerk bei der alpinen Ski-WM war auf die Rennen der ersten Woche gerichtet: Abfahrt, Super-G, Kombination.

Maria Riesch: Vermutlich kam die WM zwei Wochen zu früh für die deutsche Skiläuferin. (Foto: Foto:)

Danach ergab sich für Maria Riesch die zwiespältige Situation, dass sie zwar besser abgeschnitten hatte als erwartet, aber gleichzeitig die Empfindung nicht los wurde: ,,Das schmerzt.''

Drei Wochen zuvor hätte ein Abschneiden wie in der ersten Woche von Åre - Neunte, Siebte, Sechste - noch ein mittleres Freudenfest ausgelöst, nun war es Anlass für Bedauern.

So knapp vorbei, zweimal sechs Zehntel, in der Kombination nur 36/100.

,,Einerseits ist sie zufrieden'', erklärte Frauen-Cheftrainer Mathias Berthold, ,,andererseits realisiert sie, wie greifbar die Medaillen waren, wie nahe das Podium gewesen wäre. Vermutlich kam die WM zwei Wochen zu früh für Maria'', die immer noch vieles aufholen muss von dem, was sie in den zwei Wintern verlor, als sie nur zuschauen konnte.

Jetzt ist es Zeit, bei der WM was anderes zu tun: Torläufe zu fahren. ,,Ich freu' mich extrem drauf'', sagte der Cheftrainer, denn während die erste Halbzeit in Åre eine ziemliche One-Woman-Show für Maria Riesch gewesen sei (weil Petra Haltmayr, vergangenes Jahr bei Olympia beste Speedfahrerin des Teams, doch nicht ganz von den Folgen ihres Trainingsturzes in San Sicario erholt war und Fanny Chmelar in der Kombination ebenso überfordert wie Gina Stechert in der Abfahrt), ,,fahren wir jetzt als Mannschaft. Die für den Riesenslalom hat ein Durchschnittsalter von neunzehnkomma irgendwas. Das sind die, auf die wir bauen für die Zukunft''.

Richtig langfristig, deshalb haben sie für die WM die Nachwuchskräfte Viktoria Rebensburg, 17, aus Kreuth am Tegernsee und Carolin Fernsebner, 20, aus der Ramsau nachgeholt, nachdem beide sich mit Spitzenplätzen in den Europacuprennen in Bansko/Bulgarien und am Abetone empfohlen hatten.

Ihr Einsatz sollte mehr sein als nur Belohnung oder Schnupperkurs. Mathias Berthold sagt: ,,Die zwei sind gefährlich. Denn die taktieren nicht herum, die geben Gas.'' Merke: Abfahrt ist Erfahrungssache, Torlauf können auch die Jungen.

Außer Maria Riesch (schied 2003 in St. Moritz im ersten Durchgang aus) hatte aus diesem Team vor Åre noch keine einen Riesenslalom bei einem Großereignis bestritten.

Auch nicht Kathrin Hölzl, aus Bischofswiesen, größte Hoffnung in der Disziplin, die seit Jahren eine desolate Baustelle des Deutschen Skiverbandes war. ,,Wir sind die nächste Generation'', sagt die 22-Jährige.

Die Riesenslalomkrise, verursacht durch das Verpassen der Carving-Revolution, hat sie kaum betroffen. ,,Mitbekommen habe ich es, zeitweise kam überhaupt keine Deutsche ins Finale - das war nicht lustig. Dann holten sie gleich uns Junge und setzten uns ein.''

Womöglich zu früh für sie selbst, die prima fuhr in Rennen der zweiten Klasse, es aber im Weltcup nie hinbrachte. Jahrelang verzweifelten die Coaches an ihr, nun ist sie da angelangt, wo sie ihrem skifahrerischen Vermögen nach hingehört: Unter den Besten des Riesenslaloms.

Chance auf den zweiten Lauf

Eigentlich, sagte Martina Ertl-Renz, ihre Vorgängerin als beste Deutsche im Riesentorlauf, ,,fährt Kathrin jetzt so, wie sie im Training schon immer gefahren ist''. Jetzt geht es, ,,und man weiß nicht, warum'', meint Kathrin Hölzl.

In Teilen weiß man es schon: Weil es ihr (mit der allgemein üblichen Hilfe von Mentalcoaches) gelang, ihre übertriebene Nervosität abzulegen. ,,Früher traute ich mich kaum aus dem Starthaus hinaus, heute freue ich mich auf jedes Rennen.''

Eine weitere Begründung sei, dass einige Cracks wie die Spanierin Rienda-Contreras, Sonja Nef, Martina Ertl, Janica Kostelic Platz machten und das Leben leichter für Novizinnen. Hölzl: ,,Als die mitfuhren, hatte unsereins praktisch keine Chance, unter die besten 30 zu kommen. Jetzt fällt es leichter, in den zweiten Durchgang zu rutschen.

Wenn man das mal geschafft hat, geht es automatisch weiter.'' Man muss schon selber was dazu tun, skitechnisch talentiert und beschlagen zu sein, genügt längst nicht mehr. Mathias Berthold hegt den Verdacht, dass Kathrin Hölzl sich im vergangenen Sommer erstmals vernünftig vorbereitet habe.

Täglich arbeiteten sie und Carolin Fernsebner an der Kondition unter Anleitung von Torlauftrainer Christian Schwaiger, der zu diesem Zweck eigens von seinem Wohnort Saalfelden nach Berchtesgaden fuhr.

Man muss auch an sich glauben, das funktioniert jetzt: ,,Weil es gut losgegangen ist und gut weiter ging. ,,Man schaut nur noch nach vorne, man will ja auch ganz nach vorn''.

© SZ vom 14.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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