Ski alpin:Skifahren ist wichtiger

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Felix Neureuther überrascht als Golfer und verzichtet auf ein Turnier in Arizona.

Wolfgang Gärner

Weder Cheftrainer Margreiter noch Vater Christian musste ihm raten: "Das ging schon von mir aus, zu sagen, dass mir das Skifahren wichtiger ist", sagt Felix Neureuther, 21. Für ihn selbst habe früh fest gestanden, dass er um der Hauptsache willen verzichten würde auf die Chance, die sich ihm durch das Hobby eröffnete: Den Start beim Weltfinale der größten Amateurgolfserie (Audi Quattro Cup) auf dem Kurs Troon North in Scottsdale/Arizona. "Ich bin hier geblieben, mein Spezi flog mit einem anderen Partner 'rüber", sagt der junge Mann, der am vorletzten Sonntag das männliche deutsche Alpinteam beim Söldener Weltcup-Auftakt ganz allein repräsentierte als 33. im Riesenslalom.

Der Freund vom Golfen ist Philip Frankenberger, Garmisch-Partenkirchener wie er, und der Spezialist der beiden für diese Sportart: "Er ist richtig gut, hat Handicap zwei", sagt Neureuther, "ich habe nur Handicap 30, bin nicht wirklich gut." Gemeinsam haben sie allerdings die Konkurrenz stark aufgemischt im Auswahldrive: Jeder schlägt einen Ball, der besser liegende wird dann abwechselnd gespielt. Das machten die beiden schon in der ersten Runde auf dem heimischen Platz von Oberau besser als alle anderen und ebenso anschließend beim nationalen Finale auf Gut Fleesensee in Mecklenburg-Vorpommern. Trotz widriger Begleitumstände: Ihre gesamte Ausrüstung war ein Fall für Lost&found geworden, Ersatz wurde teils im Proshop, teils leihweise beschafft. Am Ende waren sie eines von zwei Paaren, die sich unter 14 000 Golfern durchgesetzt hatten, und Werner Margreiter, für die Männer zuständiger Cheftrainer im Deutschen Skiverband, meinte zum jungen Neureuther: "Wenn du zum Turnier nach Scottsdale willst, brauchst du es nur zu sagen - für uns ist das kein Problem."

Für Felix Neureuther schon, trotz der Ermunterung durch den Coach, der selbst enthusiastisch golft, bevorzugt mit Alois Vogl, dem anderen deutschen Slalomfahrer, zwölf Jahre älter als der Teamkollege und in beiden Disziplinen noch vorne als Gewinner des Weltcupslaloms von Wengen im vergangen Winter. "Und im Golfen ist er auch der Beste von uns, mit Handicap zwei", sagt Neureuther. Er hat das Problem einfach dadurch gelöst, das er auf den Trip nach Arizona verzichtete, schließlich begann gestern in Sölden ein Slalom-Training, das er nicht versäumen wollte.

Das freute Torlauftrainer Sepp Hanser, der wiederum in engem Kontakt zu einem anderen Freund des Golfsports (mit Handicap acht) steht: Stefan Eberharter, 36, dessen Nachbar im Zillertal er ist, den er betreute, als er 1991 in Saalbach Weltmeister in Kombination und Super-G wurde. Der bisherige Slalomspezialist Neureuther will sein Spektrum erweitern auch auf die Speed-Disziplinen, außerdem gibt es im bevorstehenden Winter Weltcuppunkte zu sammeln in vier Kombinationen - so vielen wie seit Menschengedenken nicht mehr. Doch zu diesen Anlässen wird DSV-Abfahrtscoach Walter Hlebayna kaum zugegen sein, weil es sein Job ist, eine neue Mannschaft im Europacup aufzubauen. Also hat Hanser bei Eberharter mal formlos angefragt, ob er nicht hin und wieder für ein paar Tipps zur Verfügung stünde. "Einen besseren als Eberharter", Gewinner von 18 Weltcup-Abfahrten, "kann man nicht haben, wenn man Ratschläge braucht, speziell über die Linienwahl" für diese Disziplin, meint Felix Neureuther, und der Gewinner der Gesamt-Weltcups von 2002 und 2003 hat auch schon zugesagt, dem Hanser Sepp den Freundschaftsdienst zu leisten. "Ich kann Felix nur Tipps geben, wie er nicht um jeden Preis Kopf und Kragen riskieren muss", führt der Zillertaler aus.

Da wollen wir mal lieber nicht an das Kitzbüheler Hahnenkammrennen von 2004 denken: Damals zelebrierte ein gewisser Stefan Eberharter die wohl wagemutigste und grenzwertigste Abfahrtsvorführung der Neuzeit (und hoffentlich rät er der größten Hoffnung unter Deutschlands männlichen Skifahrern nie zu einer Linie, wie er sie damals wählte). Aber bald nach jenem Elementar-Ereignis hat Eberharter ja auch aufgehört als Downhiller und widmet sich seitdem vorwiegend dem Golfsport, während der Rausch der Geschwindigkeit nun jüngere Menschen lockt wie Felix Neureuther. Der weiß, wo er hingehört: Zum Skifahren, Golf ist nur ein Hobby, auch wenn er besser spielt, als sein Handicap aussagt: "Solche Leute nennt man normal Handicap-Schoner."

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