Ski Alpin:Der Traum von Olympia endet im Akja

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Das Verletzungspech bleibt ihr treu: Alpin-Hoffnung Maria Riesch fällt nach ihrem zweiten Kreuzbandriss wie im vergangenen Winter aus.

Wolfgang Gärner

Auch der Gedanke, alles hinzuwerfen, ging Maria Riesch durch den Kopf, "aber nur kurzzeitig. So was zu denken, ist Schmarren - ich bin ja noch so jung, und auch wenn das die zweite schwere Verletzung innerhalb so kurzer Zeit ist, kann ich nicht einfach sagen: Jetzt mag ich nicht mehr".

Das schmerzhafte Ende einer Diesntfahrt: Maria Riesch wird von der Piste in Aspen transportiert. (Foto: Foto: AFP)

Die zweite schwere Verletzung ist wie die erste elf Monate zuvor ein Riss des vorderen Kreuzbandes. Am 12. Januar fuhr sie nach ihrem Sturz in der Abfahrt von Cortina noch aus eigener Kraft, auf Ski ins Ziel, erst dort nahm die betrübliche Befürchtung überhand: "Ich glaube, das Kreuzband ist gerissen."

Damals am rechten Bein, am Samstag im Riesenslalom von Aspen im linken. In einer Rechtskurve des zweiten Durchganges war sie auf dem Innenski ausgerutscht, "rappelte mich auf, fiel ins nächste Tor", da verdrehte es ihr das Knie endgültig. Diesmal war nichts mehr mit eigener Kraft, musste sie den Weg bergab im Akja hinter sich bringen, und der Kernspin bestätigte die Diagnose von Teamarzt Jürgen Winter.

Spätestens, als Maria Riesch im Winter 2004 drei Weltcup-Rennen gewann, war klar: Das ist die alpine Hoffnung des Deutschen Skiverbandes, Nächste nach Katja Seizinger, die sich um den Weltcup bewerben kann, diejenige, welche die Erfolgsgeschichte weiter schreiben könnte nach dem Rücktritt von Hilde Gerg und Martina Ertl-Renz.

Im Skisport sind aber die Verletzungsrisiken so groß geworden, das kaum eine Karriere geradlinig und nach Plan sich entwickelt. Auch Maria Riesch wurde schmerzhaft gestoppt vor vergangenem Winter, der ihr erster großer werden sollte mit der WM von Bormio.

Cheftrainer Wolfgang Maier: "Als sie richtig nach den Sternen griff, zog einer die Leiter unter ihr weg." - "Es war brutal schwer, zuschauen zu müssen", gestand die Partenkirchenerin nach den fünfeinhalb Monaten, die Ausheilung und Rehabilitation nach einem Kreuzbandriss benötigen.

Eher ein kleiner Rückschlag war der Trainingsunfall vom September in Neuseeland, wo es ihr das Bein im Super-G-Training nach hinten durchdrückte: "Ein richtiger Kreuzband-Sturz, dachte ich." Es blieb bei einer Knochenstauchung, damals.

Diesmal nicht, und die Schmerzen, die ihr in der ersten Nacht nach dem Unfall den Schlaf raubten, waren das geringste, gemessen daran, dass ihr im zweiten Jahr hintereinander die Teilnahme an einem Großereignis verwehrt bleibt: "Das ist extrem bitter", sagt Maria Riesch, "ich kann es noch gar nicht richtig fassen. Gerade dann, wenn du anfängst, dich zu steigern, kommt die nächste kalte Dusche."

Umso brutaler, denn: "Das ist der Olympiawinter", es wäre ihr erster gewesen, und dafür hatte der Plan gelautet: "Ich denke, dass es bis Februar passt, dass ich die Form für Turin hinkriege." Am Freitag hatte sie als Zehnte des Super-G endgültig die Qualifikation für die Winterspiele geschafft, "und einen Tag danach passiert dann so was".

So was heißt, dass Maria Riesch in den olympischen Revieren von San Sicario und Sestriere genauso wenig fahren wird wie Hilde Gerg, die vor gerade Mal drei Wochen nach einem schweren Trainingsunfall - ebenfalls in Colorado - ihren Rücktritt erklärte.

In der Abteilung Speed ist damit als einzig aussichtsreiche Deutsche Martina Ertl-Renz übrig, die mit der Kollegin litt und unter Tränen meinte: "Wir waren ja nur noch zwei Leistungsträger. Es kann doch nicht sein, dass alle ausfallen." - "Es ist bitter für das ganze Team", sagte die Verunglückte selbst, "erst tut sich die Hilde weh, jetzt ich auch noch. So viele Leute sind wir auch wieder nicht. Für das Team ist es ein Schlag, aber erst mal für mich."

So ist es, bestätigt der Technikcoach und künftige Cheftrainer Mathias Berthold: "Das ist brutal für die Mannschaft und den Verband, aber wie brutal muss es erst für Maria sein."

Für die kann die Erfahrung hilfreich werden, dass vom ersten Kreuzbandriss kein Schmerz, keine Einschränkung geblieben war, "höchstens im Unterbewusstsein steckte noch was drin - aber ich wurde sicherer mit jeder Fahrt".

Nun das Ganze von vorne, die Leidgeprüfte kannte die Abläufe ja schon: Mit dem Shuttle zum kommunalen Flughafen, von dort nach Denver, weiter am späten Sonntagnachmittag, Ankunft in München Montag Mittag, gleich in Empfang genommen von Teamarzt Ernst-Otto Münch, mit ihm direkt in die Klinik.

Dass sofort operiert werde, glaubte Maria Riesch nicht: "Denn Ober- und Unterschenkel sind stark eingestaucht", vermutlich wird das Abklingen der Schwellung abgewartet. Zeit ist erst mal sowieso kein Faktor, sondern es gilt das Wort von Maria Riesch: "Ich bin ja noch so jung." Zeit hat sie erst mal, Zuversicht ist auch vorhanden.

© SZ vom 12.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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