Silbergewinner Hambüchen:"Zeit rennt mir davon"

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Die Schulter schmerzt, trotzdem will Fabian Hambüchen in Rio am Reck antreten. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Der verletzte Fabian Hambüchen gerät mit dem Training in Verzug. Einen Mehrkampf-Start in Rio schließt er nun aus.

Fabian Hambüchen kann seine Ungeduld kaum bändigen. Seit Wochen quält ihn eine schmerzhafte Schulterverletzung. Die macht nach dem Verzicht auf den olympischen Test-Event in Rio auch einen Start bei den Turn-EM in Bern vom 26. bis 29. Mai unmöglich. "Die Zeit rennt mir davon. Bis zu den deutschen Meisterschaften sind es nur noch vier Wochen. Und ich will unbedingt Gas geben und kann es noch nicht", bedauert der Vorzeige-Turner.

Eine Bestrahlungs-Therapie soll nach fünf Wochen endlich die Entzündung aus der Schulter verdrängt haben. Immer größer werden jedoch seine Zweifel, ob er überhaupt bis August fit werden kann. Die lange Wartezeit ist fast um. "Leider gibt es noch nicht viele Fortschritte", räumt Hambüchen ein. In den vergangenen Wochen konnte er kaum an die Geräte, konzentrierte sich auf Jogging und Krafttraining. "Ich darf in dieser Phase keine Reize draufsetzen und muss mich zurücknehmen", begründete er.

Schon jetzt steht für den 28-Jährigen fest, dass er bis zu den Olympischen Spielen keinen Mehrkampf auf hohem Niveau präsentieren kann. "Ich habe das offen mit Cheftrainer Andreas Hirsch besprochen: Ein Sechskampf wird es in Rio nicht", ist sich Hambüchen jetzt schon sicher. Die Kraftteile an den Ringen sind für ihn und seine in mehr als 20 Wettkampfjahren strapazierten Sehnen nicht mehr zu stemmen. "Der Kraftaufwand an diesem Gerät ist einfach viel zu hoch." Im Umkehrschluss heißt das: Hambüchen will seine Übung am Reck perfektionieren.

Die Schulterschmerzen kommen oft nachts

Das olympische Finale ist das Ziel, nachdem er schon 2004 (Siebter), 2008 (Dritter) und 2012 (Zweiter) an dem Gerät zu den Top Acht bei Olympia gehörte. Zudem möchte Hambüchen für die Riege gute Ergebnisse an Sprung und Boden anbieten. Ob es klappt, kann er nicht versprechen. "Wichtig ist jetzt erstmal, dass ich wieder schmerzfrei bin. Ich bin ungeduldig. Aber wenn ich nachts den Schmerz spüre, nur weil ich mal auf der Schulter liege, ist das schon blöd", sagt er.

Zugleich gehen seine Gedanken voraus an die Zeit nach Rio. Der Umzug nach Koblenz in die gemeinsame Wohnung mit seiner Partnerin war ein Schritt auf diesem Weg. "Allerdings werde ich noch nicht viel Zeit in Koblenz verbringen: Bis zu den Olympischen Spielen trainiere ich in Köln oder in Wetzlar", kündigte der Student der Sporthochschule an.

Natürlich hat sich Hambüchen gefreut, dass seine Kameraden im April die Olympia-Tickets bei der Qualifikation in Rio im zweiten Anlauf souverän holten. "Ich hatte ganz verschwitzte Hände, dabei haben die Jungs das so easy hinbekommen. Dabei wusste ich, wie hibbelig alle vor dem Wettkampf waren", erinnerte er sich. Genauso intensiv wird Hambüchen den Auftritt der Deutschen bei den Europameisterschaften in Bern verfolgen. "Da gibt es ganz wichtige Fingerzeige für Olympia. Für die Deutschen wird es schwer, aber Marcel Nguyen traue ich die Medaille am Barren zu", prognostiziert Hambüchen, der einen Abstecher nach Bern erwägt.

© SZ vom 20.05.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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