Sicherheit:Peinliche Panne

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Ein bereits ausgewiesener russischer Rechtsaktivist reist wieder in Frankreich ein und verkündet seine Handlung posaunend im Internet.

Im Gefängnis war endlich Funkstille. Vor seiner Festnahme in der Nacht zum Dienstag hatte der eigentlich ausgewiesene russische Rechtsaktivist Alexander Schprygin das französische EM-Sicherheitskonzept mit seiner problemlosen Wiedereinreise ad absurdum geführt - und das teilte er dann auch posaunend per Twitter aller Welt mit. Erst als die Handschellen klickten, war Schluss.

"Er wurde am Abend im Stadion von Toulouse in Arrest genommen", teilte ein Sprecher des Innenministeriums kurz und knapp mit - es war das Eingeständnis einer peinlichen Sicherheitspanne. Schprygin, der in der Vergangenheit gerne mal den Hitlergruß zeigte, war in Verbindung mit den blutigen Ausschreitungen von Marseille (11. Juni) erst am vergangenen Samstag des Landes verwiesen worden.

Vor dem letzten Gruppenspiel der Russen gegen Wales (0:3), das die EM-Teilnahme für seine Landsleute beendete, schickte Schprygin Bilder aus dem Flugzeug und der Passkontrolle. Internen Quellen zufolge flog der Chef der sehr zweifelhaften russischen Fan-Vereinigung zunächst nach Barcelona und reiste dann per Auto über die Grenze nach Frankreich. "Im Schatten der Dunkelheit" und als "Tourist", wie er selbst im Internet schrieb. Aufgehalten hat ihn niemand.

"Mein Schengen-Visum ist gültig, ich habe eine Karte für das Spiel und bin legal in der EU", hatte Schprygin der Nachrichtenagentur AFP am Telefon gesagt: "Ich wurde nicht abgeschoben, sondern nur ausgewiesen." Und zwar, weil die französischen Behörden den starken Verdacht hatten, der Rechtsaktivist könnte in Frankreich gezielt für Unruhe sorgen. In Marseille waren Dutzende Menschen verletzt worden.

Insgesamt hatte die französische Polizei im Anschluss 43 russische Staatsbürger festgesetzt. 20 wurden wieder freigelassen, gegen drei sprach ein Schnellgericht ein- bis zweijährige Haftstrafen aus. Die restlichen 20, zu denen auch Lautsprecher Schprygin gehörte, wurden am Samstag in ein Flugzeug Richtung Moskau gesetzt.

Schprygin zählt zu den Mitarbeitern des rechtsextremen russischen Parlamentsabgeordneten und Vorstandsmitglieds der Russischen Fußballunion, Igor Lebedew. Nach den Ausschreitungen von Marseille twitterte Lebedew, er könne "nichts Schlimmes an kämpfenden Fans finden". Ungeachtet der internationalen Besorgnis über die ungezügelte Fan-Gewalt feuerte Lebedew den russischen Block noch an: "Bravo Jungs! Macht weiter so!" Der Fall Schprygin werde nun ausgewertet und an die entsprechenden Behörden weitergegeben, teilte das französische Innenministerium mit. Sein Visum sei inzwischen einkassiert worden. Am Dienstagmittag hieß es aus Polizeikreisen dann, Schprygin werde "wahrscheinlich" in den nächsten Stunden wieder ausgewiesen. Das hat ja beim letzten Mal schon so gut funktioniert.

© SZ vom 22.06.2016 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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