Sechs Tore in Mainz:26 573 Gewinner

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Beim 4:2-Sieg der Mainzer bieten beide Mannschaften den Fans beste Unterhaltung. Die Freiburger haben mehr Chancen, können dem Umschaltspiel von 05 aber nichts entgegensetzen.

Von Christoph Ruf, Mainz

Fünf Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit griff sich Schiedsrichter Patrick Ittrich den Ball und lief damit Richtung Mittelkreis. Er schlichtete damit ein Gerangel zwischen dem Mainzer Gulio Donati und Freiburgs Angreifer Nils Petersen, der gerade den 2:3-Anschlusstreffer erzielt hatte.

Dass dem Referee ebenfalls an einer schnellen Fortsetzung des Spiels lag, sollten ihm die Zuschauer auch in der Folgezeit danken. Denn in den letzten zehn Spielminuten passierte noch mehr als in vielen anderen Bundesligaspielen über die gesamte Spielzeit. Es fiel zum Beispiel noch der Treffer zum 4:2-Endstand durch Karim Onisiwo (90+4.), nachdem Ittrich Freiburg kurz zuvor einen Elfmeter verweigert hatte - Leon Balogun hatte einen Schuss von Janik Haberer mit dem Ellenbogen geklärt.

Freiburger Chancenplus von 24:11

Doch das war nicht der einzige Umstand, der den Freiburgern die Laune verdarb. Sportdirektor Jochen Saier sprach sarkastisch von einer "Reise, die sich gelohnt hat". Neben der unglücklichen Niederlage angesichts des Freiburger Chancenplus' von 24:11 drückten auch zwei schwere Verletzungen aufs Gemüt: Maximilan Philipp schied nach einer Viertelstunde mit Verdacht auf einen Bänderriss aus. Und kurz vor Schluss musste Caglar Söyüncü nach einem Zusammenprall mit André Ramalho ohnmächtig vom Platz getragen werden.

Das 3:1 für Mainz: Auch wenn noch zwei Tore beim 4:2 gegen Freiburg fallen - Stefan Bells (2.v.l.) Kopfball ist richtungsweisend. (Foto: Alexander Scheuber/Getty Images)

Es war also wieder jede Menge los in Mainz, wo ja traditionell viele Tore bei den Spielen fallen und selbst eher seltene Ergebnisse wie ein 4:4 (gegen Hoffenheim) keinen mehr wundern.

Auch beim 4:2 gegen Freiburg gab es kaum mal eine zähe Phase, beide Mannschaften waren von Beginn an darauf aus, den Sieg einzufahren, der den Anschluss ans obere Tabellendrittel erlaubt. Dabei war es allerdings einigermaßen grotesk, wie die Tore fielen. Beim Kopfballtreffer von Niko Bungert (15.) hatte der Mainzer Kapitän das Privileg, völlig unbedrängt abschließen zu können. Auch vorm zweiten Treffer, einem von Yunus Malli im zweiten Versuch verwandelten Elfmeter, erwiesen sich die Freiburger Verteidiger als freundliche Erfüllungsgehilfen der Mainzer Wünsche. Zuerst ging Marc Torrejon im Mittelfeld dilettantisch gegen Jhon Cordoba vor, der sich durchsetzte, um dann von Söyüncü im Strafraum umgerissen zu werden (20.). Und beim 3:1 (82.) durfte sich Stefan Bell ebenfalls recht unbedrängt bewegen.

"Wenn man Standards so verteidigt, kann man kein Spiel gewinnen", ärgerte sich Freiburgs Mike Frantz, der angeblich in keinem seiner 143 Bundesligaspiele "so viele Torchancen für ein Auswärtsteam in einem Spiel erlebt" hat und seine Freiburger "fußballerisch klar überlegen" fand. Doch es reichte eben nur zu den beiden Treffern von Vincenzo Grifo (67.) und Petersen (85.).

"Jeder, der hier kein Ticket hat, hat eh verloren."

Tatsächlich ist der Mainzer Fußball ganz anders strukturiert als der der Freiburger. Die 05er leben vom Umschaltspiel, der Schnelligkeit der Angreifer und der Qualität eines Spielers wie Cordoba, der vor allem im ersten Durchgang überragend spielte und neben dem starken Torwart Jonas Lössl bester Spieler seiner Mannschaft war. Man tut den Rheinhessen darüber hinaus nicht Unrecht, wenn man feststellt, dass die Offensive besser besetzt ist als einzelne Positionen in der Defensive.

Freiburger Schock: Maximilian Philipp muss nach wenigen Minuten bereits verletzt ausgewechselt werden. (Foto: Ronald Wittek/dpa)

Dass es einen Zusammenhang zwischen den vielen selbst erzielten Toren (21) und den vielen kassierten (20) gibt, dementierte Trainer Martin Schmidt allerdings vehement. "Aber ich würde auch manchmal lieber 2:0 statt 4:2 gewinnen." Doch solche Rechenspiele standen an diesem ereignisreichen Fußballnachmittag nun wirklich nicht im Zentrum der Betrachtungen. Dazu hatte Schmidt mit seiner abschließenden Bemerkung zu sehr das Wesentliche zusammengefasst: "Die Spiele hier sind spannend und unterhaltsam. Jeder, der hier kein Ticket hat, hat eh verloren." Insofern gab es, laut offizieller Zuschauierzahl: 26 573 Gewinner.

© SZ vom 20.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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