Schweizer Nationalspieler Breel Embolo:Rekordtransfer in Badeschlappen

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Soll seine Kopfbälle nach der EM in königsblauen Trikots vollführen: Der Schweizer Breel Embolo steht vor einem Wechsel zu Schalke 04. (Foto: Georgi Licovsk/dpa)

Während der EM arbeitet Schalke 04 an der Verpflichtung von Breel Embolo vom FC Basel. Der 19-Jährige soll mindestens 20 Millionen Euro kosten.

Von Philipp Selldorf, Évian

Am Sonntag wird gewählt in Gelsenkirchen. Auf der Mitgliederversammlung möchte sich Clemens Tönnies als Aufsichtsrat bestätigen lassen. Die Prozedur mit all ihren Präliminarien beeinflusst seit Monaten die Vereinspolitik, denn es gibt in den Gremien und unter Mitgliedern eine aggressive Opposition gegen den Vorsitzenden. Nach dem Stand der Debatte ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass sich diese Minderheit durchsetzen wird, aber Tönnies hat viel unternommen, um Eventualitäten entgegenzuwirken. Mancher interpretiert sogar die Ablösung von Sportchef Horst Heldt und die Anwerbung von Christian Heidel als erweitertes Wahlkampfmanöver. Mit solchen Vereinfachungen wird man jedoch Tönnies' weitreichenden Ambitionen nicht gerecht, worauf nicht zuletzt Horst Heldt hinweist, obwohl er das Opfer des vermeintlichen Manövers war.

Nun kam kurz vor der Versammlung heraus, dass der Klub nicht nur einen neuen Manager und einen neuen Trainer (Markus Weinzierl) bekommen hat, sondern auch einen neuen Rekordtransfer realisiert. Der Schweizer Nationalspieler Breel Embolo, 19, soll vom FC Basel nach Gelsenkirchen wechseln; Schweizer Quellen - aus Zürich wie aus Basel - melden übereinstimmend, dass der Handel abgemacht sei. Der Umfang des Geschäfts soll mindestens zwanzig Millionen Euro betragen, plus Zusatzzahlungen. Der FC Basel ist berühmt dafür, dass seine Verkaufsverträge voller Prämien-Klauseln stecken. Für Granit Xhaka, den Borussia Mönchengladbach soeben für 45 Millionen Euro an den FC Arsenal verkauft hat, bekam Basel angeblich doppelt so viel Geld durch Extrazahlungen und Weiterverkaufsbeteiligung, wie der Verkaufspreis (rund neun Millionen Euro) brachte. Im Falle Embolos werde das nicht anders sein, sagen Kenner, denn dieser Spieler wecke noch mehr sportliche und ökonomische Fantasien, als das Xhaka getan habe. Ohnehin haben die beteiligten Klubs das Geschäft mit Embolo noch nicht bestätigt, angeblich liegt es an Schalke 04, dass die Bekanntmachung nicht erfolgt ist. Vielleicht soll die Sache ja auf der Mitgliederversammlung verkündet werden.

Vor zwei Wochen hatte Christian Heidel seinen Urlaub in Marbella unterbrochen, um einen Termin in Frankfurt wahrzunehmen, bei dem Schalke für eine Anleihe warb. Heidel erklärte, dass er auch in Gelsenkirchen eine moderate Ausgabenpolitik praktizieren wolle. In Mainz hatte er sich bekanntlich als Meister des Ein- und des Verkaufs hervorgetan. Zweistellige Millionentransfers hat Heidel beim Termin in Frankfurt zwar nicht restlos ausgeschlossen, aber für weitgehend unwahrscheinlich erklärt. Möglich, dass er da geschwindelt hat, denn schon im Urlaub muss er am Embolo-Transfer gearbeitet haben. Sein Hinweis, dass ihm in Marbella ein Büro zur Verfügung stehe, erscheint nun in neuem Licht. Womöglich hat Heidel den Rekordtransfer in Badeschlappen eingeleitet.

An Embolo, der sich derzeit mit der Schweiz auf das Achtelfinale vorbereitet, waren viele Klubs interessiert. Mönchengladbach stellte die Bemühungen wegen des hohen Preises ein. RB Leipzig wähnte sich bereits am Ziel, nahm dann aber ebenfalls Abstand; angeblich war Manchester United dazwischengekommen. Zudem gab es Unklarheiten über die Kompetenzen von Beratern, die sich einschalteten. Eigentlich ist der Bruder von Embolos Mitspieler Xherdan Shaquiri der Manager.

Ist Embolo das viele Geld wert? In Zeiten wuchernder Betriebskosten, in denen Kevin Volland plötzlich 20 und Yannick Gerhardt 13 Millionen Euro kostet, sind Preise mit Vorsicht zu bewerten. Ob er dem Anspruch an einen Rekordtransfer gerecht werden kann? Gemessen an den Leistungen während der Euro eher nicht, die waren nach Auffassung seiner Landsleute enttäuschend. Embolo, geboren in Yaoundé in Kamerun, hat ohnehin kein gutes Halbjahr hinter sich. Aber in den anderthalb Jahren, die der Zögling des Basler Fußballinternats zuvor bestritten hatte, weckte er riesige Erwartungen. Dynamisch, schnell, körperlich stark, das sind Attribute, die ihm zugesprochen werden. Als klassischer Torjäger mit hoher Schusskraft und tollem Kopfball ist er nicht aufgefallen. Auch seine Rolle ist noch nicht klar definiert: Er hat in der Offensive schon jede Position besetzt, aber auch auf der Sechs gespielt.

Mit dem hohen Preis für Embolo sind auch Spekulationen verbunden, dass Schalke im Sommer Leroy Sané verkaufen könnte. Sané weckt noch größere Fantasien als Embolo, sein Preisschild ist noch größer, auch Pep Guardiola hat Gefallen an ihm gefunden. Angeblich hat Sané jetzt aus dem DFB-Quartier in Évian das erste Gespräch mit Trainer Weinzierl geführt. Es geht zuvorderst um die Frage, ob er in Schalke bleiben oder gehen will. Mit einer Verkaufsmeldung auf der Mitgliederversammlung ist nicht zu rechnen.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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