Schumacher gegen Alsonso:Halbstarke im Clinch

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Die nervösen Gegenspieler im Formel-1-Finale plustern sich auf.

René Hofmann

Am Montagabend ist Michael Schumacher zum Großen Preis von China aufgebrochen. Vorher hat er auf seiner Homepage noch eine Botschaft hinterlassen: ,,Ich habe noch zwei Punkte Rückstand. Das ist zu schaffen.'' Obwohl das nahe an der Binse ist, schafften es die zwei Sätze in fast alle Morgennachrichten. Die Aufmerksamkeit fürs Formel-1-Finale - sie steigt. Nachdem es im Frühsommer noch nach einem Durchmarsch für Titelverteidiger Fernando Alonso ausgesehen hatte, haben Schumacher und seine Scuderia doch noch mal aufgeholt. Nach dem Sieg beim Heimspiel in Monza hat Ferrari erstmals in diesem Jahr die Führung in der Konstrukteurswertung übernommen. Noch drei Rennen stehen an, an diesem Sonntag in Schanghai, am Wochenende drauf im japanischen Suzuka. Seinen letzten Formel-1-Lauf wird Michael Schumacher dann am 22. Oktober in Sao Paulo bestreiten.

Halbstarke im Clinch: Alonso und Schumacher. (Foto: Foto:)

Bis dahin will er sich über seine weitere Zukunft nicht mehr äußern. Alles soll sich um die WM drehen. Seit der Ankündigung seines Rücktritts hat es viele Dementis gegeben. Schumacher hat dementiert, dass Ferrari ihn zu einer Entscheidung gedrängt habe. Sein Manager Willi Weber stellte klar: Ein Wechsel weg von Ferrari komme nicht in Frage. Schumachers Pressesprecherin schließlich widersprach Gerüchten, ihr Chef könne 2007 für Renault ins Steuer greifen. Entstanden war der Unsinn, weil es Fotos gibt, die Schumacher beim Betanken eines in die Jahre gekommenen Serienwagens der Franzosen zeigen. Die Szene stammt allerdings aus einem Werbefilmchen, das mit versteckter Kamera gedreht wurde, um die überraschten Reaktionen der Autofahrer einzufangen. Nicht dementiert wurde hingegen, dass der einstige KFZ-Mechaniker-Lehrling bald Werbung für einen Autoteile-Handel treibt.

Weil die nächsten beiden Rennen innerhalb von acht Tagen stattfinden, und es deshalb nur wenige Möglichkeiten gibt, Teile weiterzuentwickeln, waren die Teams in der vergangenen Woche umtriebig. Es wurde in Silverstone und in Jerez getestet, Michael Schumacher drehte in Mugello seine Runden. Zum Abschluss war er dabei so schnell wie noch nie mit dem Achtzylinder-Motor. Fernando Alonso testete nicht. Offiziell, weil ihm das Knie schmerzte. Doch derlei Begründungen ist in der Formel 1 nicht immer zu trauen. Alonso wechselt zu McLaren, und kein Team hat ein Interesse daran, dass ein Pilot die jüngsten Erkenntnisse zur Konkurrenz trägt. Auch Kimi Räikkönen fehlte zuletzt bei Testfahrten auffällig oft. McLaren ließ den Briten Lewis Hamilton üben, bei Renault kam Nelson Piquet junior zum Einsatz, der Sohn des ehemaligen Weltmeisters Nelson Piquet. Der Weltmeister dieses Jahres ist noch gar nicht gefunden, da läuft die Suche nach den Kandidaten für die kommenden Jahre schon.

Es wird spannend werden, wie sich Kimi Räikkönen fortan gibt. Als er in Monza seinen Wechsel zu Ferrari bekannt gab, beeilte sich McLaren, ihm mit einer Presseerklärung ,,Danke für die gute Zeit!'' nachzurufen. Doch dürfte Räikkönen wenig Interesse daran haben, Fernando Alonso mit dem WM-Titel zu einem prima Einstand bei McLaren zu verhelfen. Clinch liegt in der Luft. Die Gegenspieler plustern sich auf wie Halbstarke vor der Disko. ,,Wir wissen, wo wir stehen, und wir sind zuversichtlich'', sagt Renault-Cheftechniker Pat Symonds. Michael Schumacher habe in Schanghai noch nie gut ausgesehen, daraus könne leicht eine Serie werden. Tatsächlich leistete sich Schumacher 2005 in der Aufwärmrunde einen Auffahrunfall. Sein Auftritt bei der Premiere des Rennens 2004 war auch nicht glänzend. ,,Fernando kann mit Druck besser umgehen'', behauptet Symonds: ,,Michael neigt dann zu Fehlern. Und dieses Jahr ist der Druck so groß wie nie, denn ein nächstes Mal gibt es nicht.''

Derlei psychologische Spielchen gehören in der Formel 1 zum guten Ton. Vor kurzem erst hat Symonds Gegenspieler bei Ferrari, Technikchef Ross Brawn, mit Blick auf den mit seinen 25 Jahren vergleichsweise jugendlichen Alonso die Erfahrung des 37-jährigen Schumacher zum entscheidenden Trumpf im WM-Gerangel erklärt. Ein jeder reizt den Rivalen, so gut es geht. Frieden ist nur an einer Front hilfreich: an der politischen. Die Poltereinlagen aus Monza, als Alonso nach einer angeblichen Behinderung von Felipe Massa in der Startaufstellungen auf Platz zehn verbannt wurde, sind aus gutem Grund schnell verklungen. Im Zorn hatte Alonso damals erklärt, für ihn sei die Formel 1 kein Sport mehr. Teamchef Flavio Briatore war so außer sich, dass er die Schiebereien im italienischen Fußball gemessen am Treiben der Regelhüter des Automobilweltverbandes Fia ,,lächerlich'' fand. Konsequenzen hatte das keine. Das kann passieren, in all den Emotionen, im Eifer des Wettkampfs, findet Fia-Präsident Max Mosley.

Zum gleichen Urteil kam Mosley in diesem Jahr schon einmal: in Monaco, nach dem umstrittenen Parkmanöver von Michael Schumacher, das die Szene noch heute erregt. Einer immerhin sieht dem WM-Finale offenbar milde gestimmt entgegen - altersmilde.

© SZ vom 27.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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