Schiedsrichter:"Schlechter Führungsstil"

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Spricht offen über Missstände im eigenen Lager: Manuel Gräfe. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Schiedsrichter Manuel Gräfe kritisiert seine ehemaligen Chefs Herbert Fandel und Hellmut Krug scharf.

Manuel Gräfe hatte in der neuen Bundesliga-Saison noch keine strittige Szene bewertet, da wurde bereits heftig über den Schiedsrichter diskutiert. Bevor der Referee am Sonntag die Partie zwischen dem SC Freiburg und Eintracht Frankfurt souverän leitete, hatte Gräfe mit scharfer Kritik an den früheren Schiedsrichter-Chefs Herbert Fandel und Hellmut Krug für Aufsehen gesorgt. Fehlende Transparenz, "schlechter Führungsstil", Vetternwirtschaft - die Liste der Vorwürfe ist lang. "Die beiden haben sich ihre Schiedsrichterliste so zusammengebastelt, wie sie es wollten", sagte Gräfe dem Tagesspiegel.

Das Leistungsprinzip sei oft außer Kraft gesetzt worden. "Da sind Leute in Positionen gekommen, für die sie einfach nicht gut oder weit genug waren", sagte der Berliner, "und es fällt doch auf, dass in den vergangenen Jahren alle, die nicht uneingeschränkt auf einer Wellenlänge mit der Führung lagen, auf verschiedenen Ebenen bearbeitet wurden." Gräfe fand es "exemplarisch", dass sich Bibiana Steinhaus erst als erste Schiedsrichterin für die Bundesliga qualifiziert habe, nachdem Lutz Michael Fröhlich das Amt des Schiedsrichter-Chefs übernommen hat. Seitdem gehe es ausschließlich nach Leistung, so Gräfe.

In seine Kritik schloss Gräfe auch aktive Kollegen ein. Er beschwerte sich über den Aufstieg des Berliners Felix Zwayer zum Referee des Weltverbands Fifa, obwohl Zwayer einst in den Skandal um Robert Hoyzer involviert war: "Wie kann so jemand bis in die Spitze der deutschen Top-Schiedsrichter kommen? Kann es vielleicht sein, dass Fandel und Krug dort einen Mann haben wollten, der ihnen zu bedingungsloser Loyalität verpflichtet war?" Zwayer betreute am Samstag das Spiel zwischen Schalke 04 und RB Leipzig (2:0) und zeigte eine abgeklärte Leistung.

Gräfe ist nicht der Erste, der den Führungsstil der langjährigen Schiedsrichter-Bosse Fandel und Krug kritisiert; Letzterer ist beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) mittlerweile "Chef-Instruktor" der Referees und Projektleiter Video. Babak Rafati, der im November 2011 vor seinem Einsatz beim Erstliga-Spiel des 1. FC Köln gegen FSV Mainz 05 einen Suizidversuch unternommen hatte - offenbar wegen des immensen Drucks auf die Spielleiter -, warf den Schiedsrichter-Funktionären "systematisches Mobbing" vor.

Der DFB rügte Gräfe, der auf über 200 Bundesligaeinsätze kommt, umgehend. "Bei allem Verständnis zu einer öffentlichen Meinungsäußerung geht es entschieden zu weit, wenn ein Schiedsrichter einen Kollegen öffentlich und in dieser Form attackiert. Darüber muss mit Manuel Gräfe geredet werden, und zwar zeitnah", sagte der neue Schiedsrichter-Chef Fröhlich in einer Stellungnahme des DFB. Gleiches gelte für Gräfes Einlassungen zu Fandel und Krug. Der frühere Magdeburger Referee Bernd Heynemann, 63, sprang Gräfe indes zur Seite. Im Sport-1-"Doppelpass" sagte er: "Aus meiner eigenen Erfahrung ist da nicht viel Falsches dran." Fandel und Krug wollten sich nicht äußern.

© SZ vom 21.08.2017 / SID - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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