Schalker 3:0-Sieg:Immer in die linke Ecke

Lesezeit: 3 min

Schalke erwischt den VfL Wolfsburg und Torwart Benaglio an einem äußerst schwachen Tag und nutzt dies zu Toren von Huntelaar, Geis und Zugang Schöpf. Manager Heldt redet den Verlierer stark.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Schalkes Sportdirektor Horst Heldt musste seiner Spielanalyse gegen den VfL Wolfsburg zuerst mal eine These vorausschicken. Er sagte: "Ich finde, dass Wolfsburg eine sehr starke Mannschaft ist." Heldt befürchtete offenbar, dieser souverän herausgespielte Sieg seiner gut aufgelegten Schalker hätte ansonsten gering geschätzt werden können. Das wäre ihm überhaupt nicht recht gewesen.

Das deutliche 3:0 (2:0) im Duell der tabellarischen Verfolgerteams war für die Gelsenkirchener ein ebenso schöner wie auch dem Selbstbewusstsein schmeichelnder Triumph gewesen, und umso wichtiger war dabei, dass man es hier mit dem Champions-League-Teilnehmer Wolfsburg zu tun gehabt hatte. "Phantastisch" und "absolut toll" fand entsprechend der Schalker Trainer André Breitenreiter die Leistung seiner Mannschaft. "Gut verteidigt und schöne Tore geschossen", präzisierte Heldt, und auch wenn beide mit ihren Einschätzungen absolut recht hatten, muss man doch explizit konstatieren: Diesmal war der VfL Wolfsburg schlichtweg keine sehr starke Mannschaft.

Wolfsburger Selbstvertrauen? Nicht vorhanden

Ohne die verletzten Christian Träsch, Maxi Arnold, André Schürrle und den gesperrten Luiz Gustavo mussten die Wolfsburger auf Schalke auflaufen, und womöglich lag es ja letztlich auch daran, dass diese Ausfälle nicht kompensiert werden konnten. Allerdings haben etablierte Spieler wie Diego Benaglio, Naldo, Max Kruse, Daniel Caligiuri und Julian Draxler eben auch keinen guten Tag erwischt. "Nach sechs sieglosen Spielen ist das Selbstvertrauen nun mal nicht besonders hoch", sagte Trainer Dieter Hecking entschuldigend. Dieses 0:3 war dann folglich schon das siebte Ligaspiel in Serie ohne maximalen Erfolg.

"Auch Julian Draxler kann besser spielen", beurteilte Hecking die Leistung seines 22-jährigen Stürmers, der nach 14 Jahren bei Schalke 04 erstmals im Trikot des VfL Wolfsburg in die Schalker Arena einlief und ganz sicher vor allem aus Nervosität ein miserables Spiel zeigte. Mehrere Pässe schlug er unbedrängt und stumpf ins Aus. Etliche Schalker Fans hatten ihn bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen, aber dem Wolfsburger Sportdirektor Klaus Allofs war wichtig zu erwähnen, dass Draxler von ganz vielen Schalkern freundlich empfangen worden sei und man nicht immer bloß die pfeifenden Fans hervorheben müsse.

"Mit dem ersten Gegentor kam der Knacks"

Draxler hatte in der 24. Minute eine der besseren Wolfsburger Chancen, nachdem Caligiuri zwei Minuten zuvor den Ball aus 18 Metern an den Querbalken des Schalker Tors gedroschen hatte. Wolfsburg war ein bisschen besser ins Spiel gekommen, aber unmittelbar nach Draxlers Chance war dieses Spiel mit dem ersten Schalker Tor eigentlich schon entschieden. "Mit ein bisschen mehr Glück wären wir hier 1:0 in Führung gegangen", sagte Caligiuri. Aber bei dem auf seinen Latten-Treffer folgenden 0:1 schaute er erst dem Schalker Junior Caicara und dann dessen Stürmer-Kollegen Klaas-Jan Huntelaar - ebenso wie alle anderen Wolfsburger - passiv dabei zu, wie der Gegner mit nur zwei Stationen aus dem eigenen Strafraum vorne in die Zentrale gelangte. Von dort platzierte Huntelaar aus 20 Metern einen Flachschuss ins linke untere Eck des Wolfsburger Tores. Diego Benaglio hätte diesen Ball durchaus parieren können, vermutlich müssen. Doch dass er mit seiner rechten Seite knapp über der Grasnarbe diesmal offenbar ein paar Schwierigkeiten hatte, wurde später noch offensichtlicher. Sowohl Huntelaars Fernschuss (24.), als auch einen Freistoß von Johannes Geis (35.), als auch ganz spät einen Flachschuss des kurz zuvor eingewechselten Neu-Schalkers Alessandro Schöpf (87.) ließ Benaglio an genau diesem, offenbar wunden Punkt in sein Tor hinein.

"Mit dem ersten Gegentor kam der Knacks", sagte Caligiuri und monierte einen derzeit mangelhaften Zusammenhalt in seinem Team und ein mangelndes Selbstvertrauen. "Nach dem 0:1 haben wir die falschen Mittel gewählt", beklagte zudem Sportchef Allofs, "außerdem haben wir keine Linie gefunden, es hat an allem ein bisschen gefehlt." Um in Zukunft wieder Spiele gewinnen zu können und sich tabellarisch zu verbessern, müsse man "mehr investieren, mehr arbeiten und auch bei Rückständen die Nerven behalten".

Schalkes Sportchef Heldt hatte aber gleich einen Trost für die Wolfsburger parat und nannte "das Rennen um die internationalen Plätze noch lange nicht entschieden". In seiner Mannschaft lobte Heldt die erkennbare Einstellung, "dass hier jeder gewinnen wollte". Mit einer zum dritten Mal im dritten Rückrundenspiel unveränderten Aufstellung hatten die Schalker die Partie gegen weitgehend einfallslose Wolfsburger zumeist dominiert und ungefährdet zu Ende gespielt. Die Gäste hätten an diesem Tag noch lange ohne Ertrag weiterspielen können, und so war sicher vor allem Julian Draxler froh, sich den Schalker Fans wieder entziehen zu können, auch wenn deren Wutpfiffe sich im Laufe des Spiels mit ansteigender Schalker Führung zunehmend abschwächten.

© SZ vom 07.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: