Schalke:Frische Farben

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An Freund und Gegner vorbei: Der Freistoß von Johannes Geis (nicht im Bild) bringt das 3:0 für Schalke. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

04 deutet an, dass der neue Trainer Breitenreiter und starke Zugänge das zuletzt ermattete Team beleben.

Von Ulrich Hartmann, Duisburg

Wer beim 5:0-Pokalsieg des FC Schalke 04 die Spannung vermisste, fand im Stadionheft des MSV Duisburg Kurzweil im Bilderrätsel auf der Kinderseite. In einem von zwei identisch erscheinenden Fotos waren fünf winzige Fehler versteckt, damit konnte der Zuschauer schon mal fünf Minuten überbrücken. Einen Pokalkrimi zweier Revier-Rivalen vermochte das zwar nicht zu ersetzen, aber den Schalker Fans war's recht. Sie lösten beim Blick auf den Rasen ihr eigenes Bilderrätsel und fanden beim Vergleich der aktuellen mit der letztjährigen Schalker Mannschaft mehr als nur fünf winzige Fehler - Fehler der Vergangenheit, wohlgemerkt.

Dass aus der phlegmatischen und orientierungslosen Truppe der vergangenen Rückrunde eine stabile und zielstrebige Mannschaft zu werden scheint, liegt nicht nur an Zugängen wie dem brasilianischen Rechtsverteidiger Junior Cacara, dem fränkischen Mittelfeldspieler Johannes Geis oder dem argentinischen Stürmer Franco Di Santo. Es liegt vor allem an jenem Mann, der Schalke am Samstag in Violett anleitete: am neuen Trainer André Breitenreiter, der schon durch sein Polohemd demonstrierte, dass er das zuletzt ermattete Königsblau mit neuen Farbtupfern auffrischen will. Davon profitieren viele im Klub: "Wir haben einen guten Spirit", sagte der in die Kritik geratene Manager Horst Heldt nach dem Pokalsieg erleichtert: "Dieser Neuanfang war dringend notwendig."

Der souveräne Auftritt beim überforderten Zweitliga-Letzten Duisburg schien dazu angetan, die individuellen Stärken der Schalker Spieler hervorzuheben: das Dribbling und Passspiel des offenbar vor dem Verkauf nach Turin bewahrten Linksaußen Julian Draxler; die präzisen Flanken, Ecken und spektakulären Freistöße des vormaligen Mainzers Geis (Torschütze zum 3:0); die offensive Zugkraft des jungen Leon Goretzka (5:0); die defensive Zuverlässigkeit und offensive Gefährlichkeit des Innenverteidigers Matija Nastasic (Kopfballtor zum 2:0) oder die Zielstrebigkeit des bewährten Torjägers Klaas-Jan Huntelaar (1:0) sowie jene des neuen Stürmers Franco Di Santo (4:0).

Aber erst die Matchpläne Breitenreiters und dessen Fähigkeit, jedem Spieler innerhalb des Gefüges individuelle Vorgaben plausibel zu erläutern, dürfte aus schwächelnden Schalkern wieder einen Kandidaten fürs obere Tabellendrittel machen. Breitereiters Urteil nach dem Pflichtspieldebüt in Duisburg lautete: "Echt stark!" Der Trainer, der in der vergangenen Saison aus dem mittelmäßig besetzten SC Paderborn einen (beinahe) wettbewerbsfähigen Bundesligisten geformt hatte, brachte mit Assistenztrainer Volkan Bulut, Torwarttrainer Simon Henzler und Athletiktrainer Tobias Stock drei weitere Betreuer aus Paderborn nach Gelsenkirchen, und er wird seine ebenso simple wie wirkungsvolle Form des pressing-basierten Umschaltspiels auch auf Schalke umzusetzen versuchen.

Der MSV entschuldigt sich für ein deplatziertes Plakat

Hier stehen ihm auf nahezu jeder Position höher veranlagte Spieler zur Verfügung, weshalb sich der 41-Jährige eine höhere Erfolgsquote erhofft. Der aus Rasgrad in Bulgarien verpflichtete Rechtsverteidiger Caicara könnte dabei ebenso gut ins Konzept passen wie Junioren-Nationalspieler Geis, der dem Schalker Umschaltspiel im defensiven Mittelfeld die erforderlichen Impulse geben soll - umgeben von Talenten wie Draxler, Goretzka, Max Meyer oder Leroy Sané. Der aus Bremen geholte Mittelstürmer Di Santo, der in Duisburg vor seinem Tor zunächst einen Elfmeter verschossen hatte, durfte in Duisburg im 4-4-2-System neben Huntelaar als zweite Spitze auflaufen; er wird in einer von Breitenreiter eigentlich favorisierten 4-2-3-1- Schablone gegen stärkere Kontrahenten aber mit Huntelaar um den Startplatz ganz vorne rangeln müssen. Während die Schalker angesichts dieser aussichtsreichen Offensivbesetzung den talentierten Stürmer Felix Schröter an den Zweitligisten Heidenheim verleihen, sehen sie in der Defensive offenbar noch Handlungsbedarf. Laut Gazzetta dello Sport sind sie an Inter Mailands Außenverteidiger Danilo D'Ambrosio interessiert. Der Zukauf des im selben Mailänder Klub beheimateten Schweizer Dribblers Xherdan Shaqiri hingegen soll an den finanziellen Bedingungen gescheitert sein.

Für den Moment müssen die Schalker darüber nicht unglücklich sein. Ihr 5:0 erinnerte sie wohlig an das in identischer Höhe gewonnene Pokalfinale gegen Duisburg vor vier Jahren. Derselbe Querverweis sorgte in Duisburg aber auch für Aufsehen, als MSV-Fans ein Plakat entrollten, auf dem der demente frühere Schalke-Manager Rudi Assauer übel verspottet wurde ("2011? Selbst Rudi kann sich nicht erinnern"). Duisburgs Manager Bernd Maas entschuldigte sich unmittelbar nach dem Spiel: "Das spiegelt nicht die Werte wider, für die der MSV steht."

© SZ vom 10.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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