Rubens Barrichello:Nummer zwei probt den Aufstand

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Mal bekam das Team sein Fett ab, mal der Reifenhersteller oder jüngst der Kollege Schumacher. Seine Attacken fährt der Formel-1-Pilot Ferraris in alle Richtungen - nun spekuliert die Presse über den Rauswurf des Brasilianers aus dem Ferrari-Rennstall.

Die ewige Nummer zwei probt den Aufstand und schadet sich selbst am meisten.

Rubens Barrichello (Foto: Foto: Reuters)

Dem Brasilianer, der seit 2000 im übermächtigen Schatten des Formel-1-Weltmeisters sein Dasein fristet, droht am Ende der Saison der Bannstrahl der Scuderia.

Längst spekulieren italienische Medien, dass der 33-Jährige trotz laufenden Vertrages bis 2006 schon im kommenden Jahr von seinem neun Jahre jüngeren Landsmann Felipe Massa ersetzt wird. Auch BMW-Williams-Pilot Nick Heidfeld wurde von interessierter Seite als Nachfolger ins Spiel gebracht.

Die Gerüchte um seine Zukunft zehren an Barrichellos Nerven. Bei einem Gespräch mit italienischen Journalisten am Samstag im Ferrari- Motorhome auf dem Nürburgring rief er laut: "Ich habe kein Problem mit den Ingenieuren, ich habe kein Problem mit dem Auto. Ich habe einen Vertrag bis 2006!"

Seine Position im Team hatte Barrichello vor dem Großen Preis von Europa in der Eifel mit seiner Kritik an Schumacher geschwächt. Er war sauer, dass ihn der Kerpener eine Woche zuvor beim Grand Prix von Monaco kurz vor dem Ziel überholt hatte.

"In der Zukunft betrachte ich Michael nicht mehr als meinen Teamkollegen, sondern als Piloten wie jeden anderen auch", sagte er. Ferraris Technischer Direktor Ross Brawn bezeichnete den Streit als "Sturm im Wasserglas".

Vor dem Rennen in Monte Carlo hatte Barrichello bereits die Arbeit von Ferrari angegriffen: "Es sind nicht nur die Reifen. Es fehlt von allen etwas. Wir sind nicht schnell, wir sind nicht konstant, wir müssen über uns selbst nachdenken und eine Lösung finden."

Im April in Malaysia hatte Reifenhersteller Bridgestone als erster sein Fett abbekommen. Es mache keinen Sinn, am Auto zu arbeiten, "wenn nicht auch die Reifen entwickelt werden", sagte Barrichello.

Über die Gründe für seine verbalen Angriffe wird gerätselt. Hat ihm die Teamleitung schon signalisiert, dass er gehen kann? Verliert er nach fünf Jahren in Schumachers (Wind-)Schatten die Nerven? Oder will der Störenfried seinen Rausschmiss provozieren?

Barrichello hat als zweiter Fahrer neben Schumacher den schwierigsten Job der Formel 1. Niemand hat die erdrückende Dominanz des Deutschen länger ertragen als er. Selbst Demütigungen wie im Mai 2002, als er Schumacher den Sieg beim Großen Preis von Österreich auf Anweisung von Ferrari-Generaldirektor Jean Todt schenken musste, nahm er klaglos hin. "Er geht damit auf bewundernswerte Weise um", sagte einmal Brawn.

Vor jeder Saison wiederholte Barrichello, er sei reif für den WM-Titel und so schnell wie Schumacher. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Seit seinem Wechsel zu Ferrari gewann er neun Grand Prix, wurde zwei Mal Vize-Weltmeister (2002, 2004), einmal Dritter (2003) und zwei Mal Vierter (2000, 2003). Schumacher holte in dieser Zeit fünf WM-Titel und siegte bei 48 Rennen.

Der Kerpener hat sich seine Sonderstellung bei Ferrari hart erarbeitet. Er gilt als akribisch und fleißig, er hat das Team so weit nach vorn gebracht. Davon hat auch Barrichello profitiert.

Wenn er Ferrari verlassen muss, ist für ihn die Zeit als Spitzenfahrer abgelaufen. Schumacher hat scheinbar schon Gefallen am möglichen Barrichello-Nachfolger Massa gefunden. Auf die Frage, wer für ihn die Überraschung der Saison ist, antwortete er vor kurzem: "Felipe Massa."

Der Sauber-Pilot, der seine Lehrjahre bei Ferrari als Testfahrer absolvierte, wird von Nicolas Todt gemanagt - dem Sohn von Ferrari-Generaldirektor Jean Todt.

© Von Claas Hennig und Jens Marx, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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