Roy Makaays Krise:Die Anwälte rätseln

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Allmählich entwickelt sich die Sache von einem mittleren zu einem großen Problem. Das ist nicht nur den besorgten Kommentaren der Verantwortlichen zu entnehmen. Man kann es inzwischen auch an Roy Makaays Verhalten ablesen.

Philipp Selldorf

Das Alpenstadion in Turin, die nächste Stätte seiner missglückten Selbstverwirklichung, verließ er im Laufschritt wie ein Angeklagter den Gerichtssaal. Seine Anwälte fragen sich derweil, was sie tun können, um ihm zu helfen.

Uli Hoeneß versuchte die Debatte zu verdrängen, indem er die Stellungnahme zu den Ursachen der Torjägerdepression verweigerte. ¸¸Das sind Dinge, die wir nicht in der Öffentlichkeit diskutieren sollten, sondern in aller Ruhe in den eigenen Wänden. Mehr möchte ich nicht dazu sagen", beschied er, was als bedrohliches Anzeichen gewertet wurde, aber gar nicht so gemeint war. Hoeneß hat vielmehr die Absicht, ein freundschaftliches Gespräch mit Makaay zu führen.

Karl-Heinz Rummenigge hingegen hat sich zur unbedingten Zuversicht entschieden. ¸¸Am Samstag schießt er ein Tor. Da wette ich", sagte er und lächelte selbstgewiss wie ein Mann, der am Mittwoch die Lottozahlen vom Wochenende kennt. Aber warum? ¸¸Weil ich sicher bin. Mein Gefühl sagt mir: Jetzt ist er über den Berg." Was für ein Gefühl? ¸¸Ich war ja selbst Stürmer, ich hab ja auch mal zehn Spiele nicht getroffen."

Roy Makaay hat inzwischen eine Bilanz von zwölf torlosen Spielen, niemand hätte für möglich gehalten, dass sowas einmal passieren könnte. Er selbst offenbar auch nicht. Sein Versuch, die erstklassige Chance zum 1:0 nach neun Minuten zu nutzen, war eine Demonstration demolierten Selbstbewusstseins. Kümmerlich hoppelte der Ball am langen Pfosten vorbei, die Mitspieler verfolgten es ungläubig staunend. Fortan irrte er schattengleich über den Platz, und das wäre zumindest dann akzeptabel gewesen, wenn er den Schatten seines Partners Claudio Pizarro gegeben hätte. Der leistete nicht allzu viel Produktives, aber rannte mit wilder Entschlossenheit hin und her auf seiner Suche nach dem Stürmerglück. Makaay jedoch schlich passiv über das Feld, und seine Zweikämpfe glichen der Befehlsverweigerung, nachdem ihm Rummenigge vor dem Match noch den Rat gegeben hatte, er solle sich durch ¸¸Kämpfen und Laufen, Kratzen und Beißen" aufrichten.

Für Felix Magath ergibt das ein Problem. Sein zuletzt bester Angreifer, Roque Santa Cruz, wird Mitte November am Kreuzband operiert und fällt bis Saisonschluss aus. Pizarro und Guerrero bieten (noch) keinen Verlass, Makaay ist tief frustriert. Dass sich Makaay kurz vor Schluss erstmals auswechseln lassen musste, war aber nicht strafhalber, sondern taktisch motiviert, erläuterte Magath. Die harte Linie hält der Trainer auch nicht für sinnvoll: ¸¸Roy ist ein spielerischer Typ, deshalb ist er etwas sensibler. Ich denke, es ist gut, ihm zu zeigen, dass man von ihm überzeugt ist und dass man auf ihn baut."

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