Roger Schmidt geht nach China:Runter vom Karussell

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Der Trainer Roger Schmidt ist relativ jung, begehrt und hat einen eigenen Stil, der sogar Pep Guardiola imponiert. Nun übernimmt er überraschend den chinesischen Klub Beijing Guoan. Es bleibt die Frage nach dem Warum.

Von Johannes Kirchmeier

An zu viele Freundschaftsspiele dürfte sich Pep Guardiola während seiner drei Jahre als Bayern-Trainer nicht mehr genau erinnern. Es waren ja im Grunde alles recht eindeutige Angelegenheiten, einmal hatten seine Münchner 4:0 beim FC Hansa Rostock gewonnen, einmal 9:1 in Regen, ein andermal 15:1 beim Vereins-Fanklub Wildenau in der Oberpfalz. Viele Tore, wenig Anforderung.

Aber eine Partie war dabei, die stach heraus aus den üblichen Torfestivals der Bayern. An die kann sich Guardiola immer noch erinnern, nicht nur weil das Spiel auf den Tag seines Geburtstags fiel. Sondern, weil es ein Spiel war, in dem den offensivstarken Münchnern kein einziger Treffer gelang - und dem Gegner stattdessen drei: das 0:3 des FC Bayern am 18. Januar 2014 beim FC Red Bull Salzburg. Guardiola bekam vorgeführt, wie man ihn mit einer aggressiven Spielweise bezwingen kann, vom späteren Leverkusener Trainer Roger Schmidt. Guardiola würdigte Schmidt später: "Er denkt immer nach vorne. Ich bin ein big, big Fan seiner Spielweise."

Die wird der Katalane, der mittlerweile Manchester City anleitet, jedoch nicht mehr so oft zu sehen bekommen: Denn Roger Schmidt, 50, wurde am Samstagmorgen mitteleuropäischer Zeit als neuer Trainer des chinesischen Erstligisten Beijing Guoan in Peking vorgestellt, am 1. Juli wird er den Dienst antreten. Er unterschrieb bis Ende 2019. Die Begründung klang wie von Guardiola vorformuliert: "Roger Schmidt ist ein hervorstechendes Beispiel für aufstrebende deutsche Trainer. Für seinen Pressing-Stil, den er bei Red Bull Salzburg und Bayer Leverkusen hat spielen lassen, bekam er weltweite Anerkennung", schrieb der Verein.

Schmidts Motive bleiben unklar

Die hat er ohne Zweifel bekommen, auch wenn man sich natürlich fragen dürfte ob die chinesischen Fußballfunktionäre tatsächlich schon Schmidt in Salzburg zugeschaut haben. Bis zu seiner Entlassung in Leverkusen im März galt sein aggressiver Fußball jedoch nicht nur in Deutschland als stilprägend, den zwar ob der Intensität vorwiegend nur jüngere Spieler ausführen können, die jedoch im Regelfall sehr erfolgreich. RB Leipzig beendete die jüngst zu Ende gegangene Saison als Tabellen-Zweiter, mit der Spielidee, die auch Schmidt lehrt.

Schmidts Motive für den Wohnortwechsel bleiben daher unklar. Wieso verabschiedet sich ein angesagter, erfolgreicher Trainer in die sportlich wenig prestigeträchtige chinesische Super League? Und dann auch noch bis 2019? Er hatte sich ja eigentlich für höhere Aufgaben empfohlen nach der Zeit in Salzburg und Leverkusen. Noch vor kurzem war er einer der Kandidaten auf den Nationaltrainer-Posten in den Niederlanden, er sagte dem Verband jedoch ab. Es ist bekannt, dass chinesische Klubs ihre prominenten Angestellten großzügig entlohnen. Vielleicht geht es Schmidt aber noch um etwas anderes: Er wird in China sicher mehr Ruhe haben.

In Deutschland richtete sich der Fokus stark auf ihn - auch selbstverschuldet, nachdem er zweimal gesperrt wurde: Einmal, weil er sich weigerte den Innenraumverweis von Schiedsrichter Felix Zwayer zu akzeptieren. Einmal, weil er seinen Kollegen Julian Nagelsmann als "Spinner" beschimpfte. In China wird er relativ unbeobachtet seinen Beruf ausüben können, so wie der ehemalige Bayern-Trainer Felix Magath. Der trainiert ja, nachdem er in Europa nicht mehr besonders gefragt war, seit einem Jahr Shandong Luneng, derzeit Tabellen-Vierter, fünf Punkte vor Schmidts neuem Klub Guoan (Siebter).

Schmidt dürfte vom europäischen Trainerkarussell verschwinden

Andersherum wird die Ruhe und die fehlende Beobachtung die Chance auf eine neue Anstellung in Europa für Schmidt verschlechtern. Man kann das nämlich ja auch so sehen: Magath und Schmidt sind mit ihren Engagements in Fernost nun vom deutschen Trainerkarussell verschwunden, während gerade neue Trainer die Bundesliga bereichern. Am Freitag erst stellte Schmidts Ex-Klub Leverkusen Trainer Heiko Herrlich aus Regensburg vor, beim FC Schalke übernahm der erst 31-jährige Domenico Tedesco, von Erzgebirge Aue gekommen, den Posten des entlassenen Markus Weinzierl. An Schmidt könnten sich tatsächlich bald nur noch wenige erinnern.

Wie gut, dass er zumindest noch eine Verbindung nach Europa haben wird: Denn Schmidt trifft in China einen der Torschützen, die am 18. Januar 2014 Pep Guardiola so beeindruckten: den Spanier Jonatan Soriano. Der wechselte im Winter für 15 Millionen Euro vom österreichischen Meister Salzburg zu Guoan. Und sorgte dafür, dass dem chinesischen Klub zumindest ein deutschsprachiger Verein beim sozialen Medium Twitter folgt: Genau, der FC Red Bull Salzburg.

© SZ vom 11.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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