Roberto Firmino:Der nächste Brasilianer bringt hohen Gewinn

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Der FC Liverpool bezahlt der TSG Hoffenheim für Roberto Firmino 41 Millionen Euro - das bereits bei Luiz Gustavo und Carlos Eduardo erprobte Südamerika-Modell zahlt sich erneut aus.

Von Javier Cáceres, Philipp Selldorf, Santiago de Chile/Sinsheim

Am Dienstagvormittag saß Roberto Firmino im Ballsaal eines Fünf-Sterne-Hotel in Santiago de Chile und machte einen stark verschüchterten Eindruck. Öffentlichkeitsarbeit ist nicht seine Sache. Auf die 18 Fragen, die ihm bei der Pressekonferenz des brasilianischen Nationalteams gestellt wurden, antwortete er mit den dürrsten aller Floskeln. "Er kam schweigend hinein und ging still von dannen", bemerkte der Reporter eines brasilianischen Sportsenders. In einem Verein wie 1899 Hoffenheim, "der nicht groß ist, aber auch nicht klein", sei er eine solche Belagerung halt nicht gewöhnt, sagte Firmino selbst. Dass Firmino kurz davor stehe, den Klub in der deutschen Provinz zu verlassen, hatte sich aber auch unter den Seleção-Reportern bei der Copa América herumgesprochen. Auf Auskünfte zum Thema warteten sie jedoch vergeblich: "Mein Leben spielt sich hier ab. Ich denke nur an die Copa. Mein Vertrag läuft bis 2017, meine Berater regeln alles. Wir werden sehen", sagte Firmino.

Womöglich hat er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht gewusst, dass die Berater längst alles geregelt hatten. Als Firmino in Chile noch den Nachtschlaf genoss, gab im fernen Europa der FC Liverpool am Mittwochmorgen bekannt, den 23 Jahre alten Offensivspieler mit einem Fünf-Jahres-Vertrag ausgestattet zu haben. Die TSG Hoffenheim erhält dafür - wenn man der in diesen Dingen gewöhnlich gut orientierten englischen Presse glauben darf - eine Entschädigung von mehr als 40 Millionen Euro. Das wäre das Rekordgeschäft der Bundesligageschichte, Firmino bewegt demnach noch mehr Geld, als beim Wechsel von Javier Martinez im Jahr 2012 zu den Bayern anfiel.

"Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Sportlich ist der Abgang natürlich ein Verlust, aber wir sind überzeugt davon, dass die TSG in der neuen Saison auch ohne Roberto wieder über einen spannenden Kader verfügt", erklärte Hoffenheims Sportdirektor Alexander Rosen: "Dass wir Roberto irgendwann einmal nicht mehr halten können, war angesichts seiner Qualität und der Entwicklung, die er gerade in den vergangenen 24 Monaten genommen hat, abzusehen."

Da Firminos Auftritte zuletzt unstet und ineffektiv blieben, dürfte bei der TSG die Freude über das gute Geschäft größer sein als die Trauer über den Verlust des Spielers, der in 152 Spielen 48 Tore für Hoffenheim erzielt hat. Die Gewinnmarge ist jedenfalls enorm. Vor vier Jahren kostete Roberto Firmino rund vier Millionen Euro.

Die Beziehungen des Mannheimer Spielerhändlers und Spielerberaters Roger Wittmann nach Brasilien zahlen sich für den Klub somit ein weiteres Mal aus. Zwar wird Wittmanns Einfluss - besonders jener auf TSG-Gönner Dietmar Hopp - oftmals argwöhnisch beobachtet. Die brasilianischen Quellen aber erweisen sich zuverlässig als ergiebig. Auch die Verkäufe von Carlos Eduardo (2010 für 20 Millionen Euro zu Rubin Kasan) und Luiz Gustavo (2011 für 17 Millionen zum FC Bayern) brachten kräftige Gewinne. Zur neuen Saison hat der Hoflieferant Wittmann den Hoffenheimern bereits das nächste Talent aus Recife vermittelt: den Stürmer Joelinton, 18.

Der mutmaßlich teuerste Bundesliga-Profi: Roberto Firmino. (Foto: imago/Michael Weber)

Firminos Abschied stand seit Monaten fest, die TSG hatte längst mit Einkaufsaktivitäten begonnen: "Die TSG ist auf solche Transfers angewiesen, um Einnahmen zu generieren und die Wirtschaftlichkeit zu sichern", sagte Sportchef Rosen.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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