Qualifying in Spielberg:Silberne Generation jagt die Golden Agers

Lesezeit: 3 min

Hamilton vor Rosberg vor Vettel - das ist die Startaufstellung in Österreich. Trotzdem rumpelt es bei Mercedes. Und in Spielberg begeistern auch die Altmeister.

Von Elmar Brümmer, Spielberg

Auf dem Weg in die Boxengarage von Ferrari stöpselt Sebastian Vettel seinen Kopfhörer ein, um den richtigen Rhythmus für die Qualifikation zum Großen Preis von Österreich zu finden. Nachdem auch beim achten WM-Lauf die Pole-Position wie üblich von einem Mercedes-Fahrer belegt wird, zum siebten Mal durch Lewis Hamilton, und der Heppenheimer sich immerhin mit nur dreieinhalb Zehntel Rückstand auf den dritten Rang schieben kann, verrät er den Songtitel: "Help von den Beatles..." Dann fügt er mit einem Grinsen an: "Ich brauche dringend Hilfe..."

Von den drei Tagesschnellsten war nur der Ferrari-Mann gut gelaunt. Hamilton und vor allem sein Nebenmann Nico Rosberg, legten ernste Mienen an den Tag. Dabei müssten die Silberpfeil-Piloten zufrieden sein, dass die kuriose letzte Qualifikationsrunde ohne weitere Konsequenzen geblieben ist. Ein Kuriosum, dass die beiden Tagesbesten von der Piste flogen, als es um alles ging - und trotzdem vorn blieben. Zunächst machte sich Hamilton auf die entscheidende Zeitenjagd. Zwei Zehntel Vorsprung hatte er vom vorherigen Versuch auf Rosberg.

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(Foto: Samuel Kubani/AFP)

Gewohntes Bild: Auch beim Qualifying in Spielberg, Österreich, muss sich Nico Rosberg (l.) seinem Teamkollegen Lewis Hamilton geschlagen geben.

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(Foto: Mark Thompson/Getty Images)

Dieses Mal mitverantwortlich: ein Fahrfehler des Deutschen. In der letzten Runde rutscht er von der Strecke und kann nicht mehr angreifen.

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(Foto: Darko Bandic/AP)

Dabei hatte der Mercedes-Pilot tatsächlich eine realistische Chance noch auf Platz eins zu fahren, denn auch...

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(Foto: Clive Mason/Getty Images)

...Hamilton hat am Ende kein Glück: ein Dreher verhindert eine letzte gezeitete Runde.

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(Foto: Darko Bandic/AP)

Trotz der Patzer ändert sich auch an diesem Wochenende nichts an der fast üblichen Startfolge: Vettel erreicht nur Position drei.

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(Foto: Erwin Scheriau/dpa)

Enttäuschend verläuft das Qualifying für Vettels Teamkollegen Kimi Räikkönen, der von Position 18 startet: Wieso das so ist, kann er später auch nicht erklären.

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(Foto: Joe Klamar/AFP)

Als konstante dritte Kraft etabliert sich weiter Williams: Bottas, hier in der Box, und Massa starten von den Positionen sechs und vier.

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(Foto: Leonhard Foeger/Reuters)

Dazwischen quetscht sich überraschend der deutsche Force-India-Pilot Nico Hülkenberg.

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(Foto: Erwin Scheriau/dpa)

Hängende Schultern: Erneut früh beendet ist das Qualifying dagegen für die McLaren-Fahrer Button (im Bild, 17.) und Alonso (15.).

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(Foto: Herbert Neubauer/dpa)

Das Rahmenprogramm von Spielberg ist derweil symbolisch: Der WM-Führende Hamilton zeigt sich als musikalisches Uhrwerk am Schlagzeug.

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(Foto: Mark Thompson/Getty Images)

Größen von einst: Christian Danner, Riccardo Patrese, Gerhard Berger, Niki Lauda, Jean Alesi, Nelson Piquet, Pierluigi Martini und Alain Prost (v.l.).

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(Foto: Erwin Scheriau/dpa)

Das "Rennen der Legenden" steht für die Sehnsucht der Motorsport-Königsklasse nach altem Glanz. Gerhard Berger...

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(Foto: Mark Thompson/Getty Images)

...und die Weltmeister Niki Lauda (l.) und Nelson Piquet verkörpern diese Sehnsucht. Derzeit kämpft die Formel 1 mit rückläufigem Interesse.

Von Hamiltons Missgeschick wusste Rosberg nichts

Die Fahrt des Briten begann vielversprechend, dann geriet das Auto mit der Nummer 44 auf die Fahrbahnmarkierung, und schwupps war der WM-Spitzenreiter (17 Punkte Vorsprung) draußen. Da die Qualifikationsuhr schon auf Null heruntergetickt war, war auch Nico Rosberg unterwegs zum letzten Versuch. Von Hamiltons Missgeschick wusste der Wiesbadener nichts. Aber er sah, dass er bei der zweiten Zwischenzeit den Vorsprung seines Teamkollegen egalisiert hatte. Und dann kam er vor den beiden letzten Kurven etwas zu weit nach außen, und der noch nasse Kunstrasen wurde ihm zum Verhängnis: "Ich hab's übertrieben. Das war echt frustrierend."

Die Chance auf die zweite Pole-Position in diesem Jahr war für den Vorjahressieger dahin - während Hamilton jetzt 45 Bestzeiten in seiner Statistik hat und damit in der ewigen Bestenliste Sebastian Vettel eingeholt hatte. Dieser boxte Hamilton dafür freundschaftlich gegen die Schulter. Da hatte sich der Titelverteidiger schon wieder etwas gefangen: "Ich hätte lieber so viele Weltmeistertitel wie er - und daran arbeite ich jetzt..." Hamilton ist beinahe besessen von WM-Gesamtsieg Nummer drei, der ihn auf eine Stufe mit seinem Idol Ayrton Senna stellen würde.

Derzeit ist es ja ohnehin so, dass die silberne Generation, also Hamilton und Rosberg, an die Golden Agers nicht herankommt, die Popularität der Formel 1 lässt nach - das lässt sich auch am Zuschauer-Rückgang in Spielberg veranschaulichen, wo sie dem Schwund jetzt mit einem Showrennen begegnen, bei dem am Samstag Altmeister wie Niki Lauda, Gerhard Berger und Jean Alesi die Autos über die Piste jagten, während die Jungen, Hamilton und Vettel sich ans Schlagzeug setzten.

Der Weltmeister zeigt Respekt vor Vettel und Ferrari

Hamilton jedenfalls bremst sich vor zu viel Übermut an diesem selber: "Das wird wohl ein interessantes Rennen. Ferrari hat ein ordentliches Tempo hingelegt, das könnte eng werden. Aber wir sind bereit für einen guten Kampf."

Die kurze Berg- und Talbahn von Spielberg war durch einen Regenguss über Mittag rutschig geworden, auf dem nur langsam abtrocknenden Asphalt blieben immer wieder nasse und damit tückische Flecken zurück. "Das war für jeden von uns eine ziemlich schwierige Session", bilanzierte Hamilton. Immerhin hielt sich so auch der Vorsprung des nach wie vor überlegenen Mercedes-Duos in Grenzen. Für die 71 Rennrunde hoffen die Veranstalter, für die mehr als 50000 Besucher schon eine ordentliche Kulisse bedeuten würden, auf ähnliche Kapriolen. Und auf Sebastian Vettel, Felipe Massa im Williams oder Nico Hülkenberg (Force India). Vettel, dessen bei Ferrari mehr und mehr umstrittener Teamkollege Kimi Räikkönen bereits im ersten Abschnitt ausgeschieden war, sagt: "Ich bin ganz glücklich mit dem Auto, die Veränderungen haben sich gelohnt. Es ist wichtig, dass ich meinen Rhythmus gefunden habe. Hoffentlich kann ich die zwei ein bisschen ärgern, aber bisher konnten sie immer noch zulegen. Aber wir lauern darauf, attackieren zu können. Ich bin immer bereit, ich werde immer kämpfen, ich warte immer auf meine Chance." Selbsthilfe ist Rennfahrers erster Weg zur Besserung.

© SZ vom 21.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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