Qualifying in Mexiko:Rosberg ruft Mini-WM aus

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Hamiltons Rivale startet bei der Rückkehr der Formel 1 nach Mexiko von Platz eins. Mercedes-Teamchef Wolff glaubt, dass der Streit zwischen den Silberpfeil-Kollegen irgendwann eskalieren wird.

Von Von Elmar Brümmer, Mexiko-Stadt

Nico Rosberg ist ziemlich gut darin, den Frust über seinen bereits als Weltmeister feststehenden Teamkollegen auf der Rennstrecke auszuleben - jedenfalls samstags. Beim Großen Preis von Mexiko an diesem Sonntag (20 Uhr, RTL, Sky) wird der Wiesbadener mit seinem Mercedes zum vierten Mal in Serie und zum 20. Mal insgesamt vom ersten Platz an den Start gehen. Sein britischer Rivale Lewis Hamilton muss damit weiterhin auf die 50. Pole-Position seiner Karriere warten. Aber er geht dennoch ziemlich gelassen in den drittletzten WM-Lauf: In den vergangenen drei Rennen konnte Hamilton von Startplatz zwei aus jedes Mal das Rennen gewinnen - und vor einer Woche vorzeitig auch den Titel. Rosberg konnte nur zwei seiner letzten zehn Pole-Positionen in Siege verwandeln. Dritter hinter den Silberpfeilen ist einmal mehr Sebastian Vettel im Ferrari.

Die Qualifikation war ein Ausscheidungsfahren vor großer Kulisse: 110.000 Mexikaner machten nicht nur Stimmung für Lokalmatador Sergio Perez, der am Ende den neunten Platz vor seinem deutschen Teamkollegen Nico Hülkenberg belegte. "Die Mexikaner jubeln auch für mich ordentlich mit, das ist wirklich cool", freute sich der Rennfahrer aus Emmerich. Besonders im Stadion-Teil des Autodromo Hermanos Rodriguez war der Lärm von den Tribünen größer als der Sound der Hybrid-Motoren. 23 Jahre hat diese Stadt auf die Rückkehr der Königsklasse gewartet, das will als PS-Fiesta ausgelebt werden. Eine mehr als vier Kilometer lange La-Ola-Welle umbrandete am Samstag den Kurs, der immer noch glatt ist wie eine Go-Kart-Piste. "Ich habe alles probiert und viel riskiert, mit dem Resultat, dass ich immer nur noch mehr gerutscht bin", klagte Vettel.

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(Foto: Alfredo Estrella/AFP)

Die WM ist gelaufen, Nico Rosberg fährt nur noch, um Hamilton zu schlagen. In der Qualifikation ist es ihm zumindest mal wieder gelungen.

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(Foto: Ronaldo Schemidt/AP)

Jede Sekunde zählt: Mit heißen Reifen wird Nico Rosberg auf die Strecke geschoben.

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(Foto: AP)

Diesmal bewerfen sich die beiden Teamgefährten und Kontrahenten nicht mit ihren Kopfbedeckungen.

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(Foto: AFP)

Einmal mehr steht Sebastian Vettel im Ferrari hinter den beiden Mercedes-Fahrer und lauert auf seine Chance.

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(Foto: Moises Castillo/AP)

110 000 Zuschauer säumen die Strecke und bejubelten Lokalmatador Sergio Perez.

Rosberg fährt nur noch, um Hamilton zu schlagen

Hintereinander gingen die Mercedes-Piloten in die Qualifikationsstunde, das ist vermutlich auch sicherer als nebeneinander. Und in den entscheidenden zwölf Minuten war Rosberg immer einen Tick besser als Hamilton. "Ich freue mich natürlich total, aber ich habe mich schon das ganze Wochenende über wohl gefühlt. Die Balance meines Autos stimmt, deshalb konnte ich richtig attackieren", bilanzierte er. Rosberg hat die letzten drei Rennen der Saison zu einer Art Mini-WM erklärt. Er fahre nicht um den zweiten Platz in der Gesamtwertung gegen Vettel, sondern nur, um Hamilton zu schlagen. Worauf es in Mexiko mit seiner ultralangen ersten Gerade ankommt, darüber braucht er nicht nachzudenken: "Ich brauche einen guten Start, dann wird es ein aufregender Kampf werden."

Hamilton quittierte die Kampfansage mit einem überlegen wirkenden Grinsen. Er nimmt Rosberg offenbar nicht mehr so richtig ernst. Nach der Ellbogen-Attacke in der ersten Kurve von Austin wollte der Deutsche eine Aussprache, der Brite sah keinen Grund dafür. Die Mercedes-Teamspitze, die von dem erbitterten Stallduell bisher profitiert hat, war in der Zwickmühle: Wen der Streithähne stärken? Beim letzten Treffen dieser Art im vergangenen Frühherbst war die Runde an Hamilton gegangen, seither ist der 30-Jährige auf einem Erfolgstrip. Teamchef Toto Wolff entschied sich in Mexiko für Einzelgespräche, mit dem gemeinsamen Nenner: Ihr dürft alles, nur nicht kollidieren. Obwohl er zugibt, dass das "irgendwann mal" passieren wird. "Die psychologische Komponente zwischen Teamkollegen, die auf Augenhöhe fahren, spielt eine enorme Rolle", weiß Wolff, "für das Team ist so etwas immer bittersüß. Es geht darum, das Gleichgewicht zu wahren. Wenn Emotionen da sind, dann sollen sie die auch ausleben. Ich bin nicht der Oberlehrer, aber wir wollen keine Spaltung in zwei Lager haben."

Vettels Hoffnung heißt Speedy Gonzalez

Teamaufsichtsrat Niki Lauda, eher ein Hamilton-Verehrer, lobte bei RTL ungewöhnlich persönlich: "Danke, Nico, dass du dich so gefangen hast. Jetzt ist der ganze Bullshit vorbei." Analytischer fügte er an: "Dass er die Pole Position erobert hat gegen seinen Erzfeind Lewis Hamilton, das ist für seinen Kopf ganz wichtig." Denn schon am Sonntagabend geht es nicht nur um den Tagessieg zwischen den Mercedes-Fahrern, sondern auch um die Ausgangsposition für die kommende Saison. Bislang hat Hamilton nicht nur sportlich, sondern auch mental deutlich mehr Punkte gemacht als Rosberg.

Aber mehr noch gilt der Fokus der Siegerpfeil-Fraktion beim mexikanischen Grand Prix dem erneut vielversprechenden Auftritt von Ferrari. Wolff: "Dieses Qualifying ist ziemlich eng gewesen. Red Bull und Ferrari werden im Rennen harte Gegner sein." Das hofft Vettel auch, der über Probleme mit den Reifen klagte: "Leider war Platz drei wieder das Maximum, das wir rausholen konnten. Aber ich glaube, dass es im Rennen spannend wird und wir was machen können. Vielleicht können wir ja den Speedy Gonzalez auspacken."

© SZ vom 01.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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