Porträt:Ein bisschen Bossa Nova

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Wirbelwind mit vielen Verfolgern, gegen den HSV aber ohne echte Gegner: Bayerns Douglas Costa (M.). (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Eher bescheiden gedämpft denn hemmungslos jubilierend feiert der Brasilianer Douglas Costa seine beeindruckende Bundesliga-Premiere gegen den Hamburger SV.

Von Maik Rosner, München

Auch den Nachlauf hat Douglas Costa vergnügt und unbekümmert hinbekommen, trotz aller Aufregung um ihn. Live zugeschaltet worden war der Brasilianer für die Fernsehzuschauer in der fernen Heimat, und gemessen daran, wie er zuvor über den Platz gefegt war, wirkte er neben dem Moderator des TV-Senders Fox Sports vergleichsweise zurückhaltend, als könne er die Aufregung gar nicht verstehen. Der brasilianische Fernsehmann dagegen sprach so laut und freudig erregt in sein Mikrofon, als berichte er live von einem immensen, nie zuvor dagewesenen Naturschauspiel, das es zu bestaunen gilt. Der Schweiß rann dem Reporter über die Stirn.

"Wir befinden uns hier in der Mixed Zone von Bayern München, und an meiner Seite steht der Brasilianer Douglas Costa", unterrichtete der TV-Mann die Zuschauer daheim, gefolgt von Glückwünschen zum 5:0 (1:0)-Auftaktsieg gegen den Hamburger SV und zu Costas erstem Tor (87.) bei seiner Ligapremiere sowie der Frage, wie das erste Mal in der Bundesliga gewesen sei. "Vielen Dank", sagte Costa ruhig, "es ist schön, dass ich ein Tor geschossen habe. Ich bin sehr zufrieden."

Wie ein Naturereignis klang er nun nicht gerade, sondern eher nach Bossa Nova, durchaus beschwingt, aber eher gedämpft denn jubilierend. Beeindruckt sei er von seinen Kollegen, sagte der 24-Jährige, und er fühle sich bei ihnen schon sehr wohl, nicht nur durch seine brasilianischen Teamkollegen Dante und Rafinha, sondern auch durch die Mitspieler aus Spanien, allein schon sprachlich sei es für ihn nicht so schwer. Angekommen fühle er sich, "das erste Mal hat Freude gemacht". Und, claro, klar, sei da zwischen Schachtjor Donezk, wo er für rund 30 Millionen Euro ausgelöst worden war, und "Bayern de Munique" ein Unterschied - es sei "sehr positiv", nun für diesen großen Klub spielen zu dürfen.

Mit dem Außenrist wird Torschütze Müller bedient

Das Wort "claro" fiel mehrmals, zum Beispiel zu seinem Tor, das etwas Besonderes gewesen sei für ihn. Und, claro, hoffe er nun auch auf die anstehenden Testspiele mit Brasiliens Nationalelf. "Wenn ich es hier im Verein gut mache, werde ich das gelbe Trikot der Seleção wieder tragen", sagte Costa. Es folgte noch ein kurzer Aufsager für den TV-Sender samt Gruß an die Zuschauer in der Heimat. "Klasse!", lobte der Moderator.

Klasse! So ließ sich auch Costas Abend zusammenfassen. Gekrönt worden war er von diesem schönen Tor zum 5:0 (87.) nach explosivem Antritt von rechts samt Abschluss mit links. Zuvor war ihm ja bereits jene kunstvolle Torvorlage gelungen, als er vor dem 3:0 (69.) von der Grundlinie mit dem linken Außenrist Thomas Müller so elegant wie exakt bediente. Hinzu kamen bei seinen 77 Ballkontakten viele Offensivaktionen, in denen er seine Wucht entfaltete, zunächst auf der linken, später, nach der Auswechslung von Arjen Robben, auf der rechten Seite. Wie eine Flutwelle des Amazonas brach er dabei mehrfach über die Hamburger herein.

Nun hat auch München ein brasilianisches Naturschauspiel, und mit dem Publikum staunten die Kollegen. "Er hat natürlich eine wahnsinnige Energie. Das hilft uns", sagte Thomas Müller. Ein bisschen überrascht gewesen sei er ja schon von Costas filigranem Außenrist-Zulieferdienst vor dem 3:0. "Natürlich war es eine Szene, in der man nicht mehr mit einer so guten Flanke rechnet", sagte Müller, "aber ich weiß, dass er, wenn er außen durch ist, schon versucht, seine Flanke am ersten Pfosten zu platzieren. Dann bin ich halt durchgelaufen, und die Flanke war super."

Franck Ribéry schaut auf der Tribüne zu

Daneben ist Müller von Costas Charakter und Stil angetan. "Er ist ein guter Typ und auch ein sehr mannschaftsdienlicher Spieler", sagte Müller, "ich hoffe, dass er so weitermacht." Das würde dem deutschen Nationalspieler ebenso zu Gute kommen wie den anderen Offensivkollegen, die derartige Impulse in der Endphase der Vorsaison vermisst hatten, weil Arjen Robben und Franck Ribéry verletzt fehlten, wie im Halbfinale der Champions League gegen den FC Barcelona. Nun musste die Absenz von Ribéry gar nicht erst groß thematisiert werden, der Franzose saß nach weiterhin nicht auskurierter Verletzung auf der Tribüne.

Auch nach dem Live-Interview für das brasilianische Fernsehen hat Costa noch ruhig weitergeplaudert im Bauch der Arena. Ob es einen Unterschied für ihn mache, auf links oder rechts zu spielen, wurde er gefragt. "Nein, ich glaube nicht", sagte er gelassen. Und welche Seite ihm lieber sei? "Beide gleich", antwortete Costa. Bald danach zog er vergnügt von dannen, mit einer Höflichkeitsfloskel, die zu seinem Auftritt passte. "Nada" - dafür nicht, sagte Costa und lächelte, als sich die Fragesteller für seine geduldigen Auskünfte bedankten.

© SZ vom 16.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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