Polen siegt 5:4 im Elfmeterschießen:"Träume sind wahr geworden"

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Zum ersten Mal ist Polen bei einer EM in der K.o-Phase dabei. Im Achtelfinale hat das Team um Robert Lewandowski Glück - und wird doch den Erwartungen in der Heimat gerecht.

Von Ulrich Hartmann, Saint-Étienne

Jakub Blaszczykowski hatte keine Lust, sich als Mann des Tages feiern zu lassen. "In meinem Alter kann man seine Emotionen kontrollieren", sagte der polnische Fußballer betont nüchtern, als gäbe es nach einem dramatischen Achtelfinalsieg im Elfmeterschießen gegen die Schweiz nichts wichtigeres zu tun, als seine Leidenschaft zu zügeln. Der 30-Jährige, zuletzt zum AC Florenz verliehener Angestellter von Borussia Dortmund, hatte seine Mannschaft in der ersten Halbzeit zunächst mit 1:0 in Führung gebracht und verwandelte auch im Elfmeterschießen seinen Schuss. 5:4 endete das Wettschießen für die beim 1:1 nach Verlängerung zuvor spielerisch unterlegenen Polen. "Das ist ein historischer Erfolg, jetzt stehen wir unter den besten acht Mannschaften Europas", sagte Blaszczykowski schließlich mit solchem Stolz in der Stimme, dass die Kontrolle seiner Emotionen nicht ganz glückte. Aber dies war dann auch schon sein einziger kleiner Misserfolg am Samstag in Saint-Etienne.

Zum ersten Mal bei ihrer dritten EM-Teilnahme waren die Polen in die K.o.-Runde eingezogen, und nun spielen sie am Donnerstagabend in Marseille sogar um den Schritt ins Halbfinale. "Ich bin jetzt sehr optimistisch für dieses Halbfinale, weil wir emotional obenauf sind", sagte der Nationaltrainer Adam Nawalka, war aber sichtlich froh über den etwas glücklichen Triumph. "Es war ein sehr schwieriges Spiel, die Schweizer sind eine Weltklasse-Mannschaft."

Die Polen bedanken sich am Ende bei ihrem Torhüter

Mit bloß 45 Prozent Ballbesitz und 21:29 Torschuss-Versuchen hatten die Polen nach 120 Minuten zwar statistisch hinten gelegen, aber das machte nichts, weil sie im Elfmeterschießen ja dann fünf Mal trafen.

"Unsere Träume sind wahr geworden", sagte Trainer Nawalka und hatte im Gegensatz zu Blaszczykowski durchaus wenig Interesse daran, seine Emotionen zu kontrollieren. Dass seine Mannschaft gegen Ende des Spiels erheblich unter Druck geraten war, nahm er ebenso gelassen hin wie den Umstand, dass Lewandowski nun schon sechs Stunden EM-Fußball ohne Treffer hinter sich hat - seinen verwandelten Schuss im Elfmeterschießen einmal ausgenommen. "Robert leistet dennoch Herausragendes für die Mannschaft", wiederholte Nawalka noch einmal sein vor wenigen Tagen erst angestimmtes Loblied auf den in Frankreich so mannschaftsdienlich auftretenden Angreifer. "Er hilft dieser Mannschaft mental wie fußballerisch."

Dabei war gerade dies ab der zweiten Halbzeit eben nicht mehr gelungen. Die Polen hatten sich gegen die starken Schweizer kaum mehr wehren können, sie bedankten sich bei ihrem herausragenden Torwart Lukasz Fabianski dafür, dass die Schweizer nur ein einziges Tor aus dem Spiel heraus erzielt hatten. "Was für ein Match, das war sehr emotional, wir haben alles gegeben", jubelte Fabianski. Bis auf Blaszczykowski ließen alle polnischen Spieler ihren Gefühlen freien Lauf. Gefühle, die sie am Donnerstag brauchen werden - sonst ist im Viertelfinale Schluss.

© SZ vom 26.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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