Piräus - Werder:Die falschen Bremer

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Der SV Werder scheidet nach einem enttäuschenden 0:3 in Piräus aus der Champions League aus - als Trost bleibt der Uefa-Cup.

Vor diesem entscheidenden Spiel in der Champions League hatten die Bremer einen klaren Wettbewerbsvorteil: Sie wussten von vornherein, mit wem sie es zu tun hatten, mit Olympiakos Piräus, einer griechischen Spitzenmannschaft, die beim 3:1-Sieg in Bremen bewiesen hatte, wie konkurrenzfähig sie ist. Die Griechen dagegen wussten zwar auch, dass sie auf Werder Bremen treffen würden, aber das half ihnen nicht besonders. Niemand hatte ihnen gesagt, mit welchem Bremen sie zu rechnen hatten: Drohte jenes Bremen, das im Hinspiel die erste Halbzeit mit feinem Fußball bestimmt hatte? Oder traten jene Bremer an, die damals die zweite Hälfte fahrig verschenkten? Es dauerte nicht lange, bis die Griechen merkten, dass sie es mit den falschen Bremern zu tun bekamen - mit einer bemühten, aber wenig inspirierten Elf, die wenig von dem zeigte, was Werder eigentlich kann und folgerichtig 0:3 (0:1) verlor. Damit haben die Bremer das Achtelfinale der Champions League verpasst, während der Außenseiter Piräus den Einzug in die Runde der letzten Sechzehn sicher stellte. Immerhin dürfen die Bremer im Frühjahr im Uefa-Cup weiterspielen - dank Real Madrid, das im Parallelspiel Lazio Rom bezwang.

Da wünscht man sich ein größeres Handtuch: Tim Wiese versucht sich nach dem 0:3 gegen Piräus zu verstecken. (Foto: Foto: AFP)

Allzu geräumige Raumdeckung

"Wir haben uns bemüht und viel für das Spiel getan, aber wir haben den Weg nicht gefunden", sagte Trainer Thomas Schaaf enttäuscht. "Wir haben einfach zu viele Fehler gemacht." Während Piräus spritzig und präsent startete, fand die fahrige Variante des SV Werder zunächst keinen Zugriff auf dieses Spiel. Zwar gilt Raumdeckung inzwischen als modern, aber so wie die Bremer sie spielten, hat der Erfinder sie wohl eher nicht gemeint. Die Bremer legten ihre Raumdeckung allzu geräumig an, sie attackierten die Griechen viel zu spät, und so hatten sie viel zu wenig Ballbesitz, um ein Gefühl für dieses Spiel zu entwickeln. Darunter litt besonders der gefühlvollste aller Bremer, der Brasilianer Diego, der sich dauerhaft von drei Griechen umstellt fand. So lange hatten die Bremer darauf gewartet, dass sie endlich wieder über personelle Alternativen verfügen, aber an diesem Abend ließen die Alternativen sie im Stich. Weder dem zuletzt so überzeugenden Dänen Daniel Jensen noch Tim Borowski gelang es, Diego hilfreich zur Seite zu springen, und so schafften es die Werderaner zu selten, Piräus zu fordern. Nur einmal fand Diego in der Anfangsphase eine Lücke zum Schuss, aber beim Abpraller des unsicheren Torwarts Nikopolidis kam Sanogo zu spät.

Für die Griechen war Werders Spiel eine freundliche Einladung: Sie hatten nicht viel Mühe, die Partie zu kontrollieren und fanden gleichzeitig immer wieder Zeit für eigenen schnelle Angriffe. Vor allem der kongolesische Stürmer LuaLua war eine ständige Herausforderung für die Bremer - stellvertretend zu besichtigen in der 12. Minute, als sein Querpass Werder auf dem falschen Fuß erwischte. In der Vorwärtsbewegung hatte Werders Jurica Vranjes schlampig den Ball verschleudert, und nach LuaLuas Pass machte Clemens Fritz freundlicherweise noch einen Schritt zur falschen Seite. So fand Stoltidis genügend Raum und Zeit, um anständig zu zielen: Sein 20-Meter-Schrägschuss zischte unhaltbar für Torwart Tim Wiese ins Eck. Eine verdiente Führung - zu unsortiert präsentierten sich die Bremer in der Abwehr, in der Kapitän Frank Baumann (für den erkrankten Per Mertesacker spielend) einen steten Unsicherheitsfaktor darstellte. "Wir haben in den letzten Spielen schon gemerkt, dass wir Schwierigkeiten haben, die Balance zwischen Offensive und Defensive zu finden", sagte Schaaf.

Nun waren es die Bremer, die nicht so recht wussten, welche Bremer sie eigentlich waren. Sie spielten nun besser, aber noch lange nicht gut genug. In dieser Champions-League-Saison ist bei den Bremern ja alles möglich gewesen: Sie hatten eine abenteuerliche Amplitude in ihren Spielen, und am Ende waren es zu viel Aufs und Abs, um weiterzukommen. Die Bremer wurstelten sich nun zwar hinein ins Spiel und kamen auch zu Chancen wie in der 24. Minute, als Torwart Nikopolidis wieder einen Schuss nach vorne prallen ließ; aber wieder kam Sanogo eine Schuhbreite zu spät. Dennoch war wenig zu spüren von der Leichtigkeit, die von Werders Spiel sonst so gerne ausgeht. Das hier war harte Arbeit, und der eher schwerfüßige Vortrag der Bremer ermöglichte den Griechen immer wieder einige flinke Konter - wie in der 41. Minute, als Wiese sich gerade noch Kovacevic entgegen warf. Der Pass auf Kovacevic war ein Querpass gewesen, und er war, jawohl, von LuaLua gekommen.

Das Tor, das den Bremern vorschwebte, fiel nun auf der anderen Seite

Manchmal braucht eine Elf in so einer Phase einfach ein ganz banales Tor - in der 47. Minute trat Diego eine ganz banale Ecke, ganz banal übersprang Naldo die griechische Abwehr, aber Mendrinos schlug den Ball in letzter Sekunde von der Linie. Das Tor fiel nicht, die Bremer quälten sich weiter, aber sie trafen einfach nicht. So scheiterte Sanogo nach einer Flanke von Fritz per Kopf an Nikopolidis - völlig freistehend (62.).

Trainer Thomas Schaaf brachte nun die offensiven Aaron Hunt und Hugo Almeida, und mit dem langen Portugiesen bekamen die Bremer Angriffe nun immerhin ein klar definiertes Ziel. Aber genau jenes Tor, das den Bremern vorschwebte, fiel nun auf der anderen Seite: Nach perfekter Flanke von Stoltidis nahm Kovacevic keine Rücksicht darauf, dass Werder-Verteidiger Naldo knapp zwei Meter misst. Frech übersprang er den desorientierten Brasilianer und ließ Wiese keine Chance (70.). Und während die Bremer darüber nachdachten, dass sie nun schon drei Tore zum Weiterkommen brauchten, legten die Griechen nach: Nach einer Ecke von Galletti nutzte Stoltidis die Verwirrung in Werders Abwehr zum 3:0 (74.). Nun dachten die Bremer nicht mehr daran, dass sie noch vier Tore brauchten. Nun dachten sie nur noch an den Samstag. Dann kommt Bayer Leverkusen, in der deutschen Bundesliga.

© SZ vom 12.12.2007/lsp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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