Pferdesport:Aus gutem Hause

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Dritter und bester Deutscher in Leipzig: Der 23-jährige Niklas Krieg auf Carella. (Foto: dpa)

Die jüngeren deutschen Reiter nutzen in Leipzig ihre Chance. Ludger Beerbaum vollzieht den Ausstieg aus dem großen Sport derweil in kleinen Schritten.

Von Gabriele Pochhammer, Leipzig

Der nicht ganz uneigennützige Wunsch von Bundestrainer Otto Becker wurde nicht erhört: "Mir ist ganz egal, wer gewinnt, Hauptsache, es ist ein Deutscher." Am Ende ging wie alle anderen großen Springen in Leipzig auch das Weltcupspringen ins Ausland. Der Belgier Gregory Wathelet (0/41,77) gewann auf der elfjährigen westfälischen Schimmelstute Coree vor dem Franzosen Kevin Staut auf dem 16-jährigen Kashmir van Schuttershof (41,94), der damit seine Führung in der Weltcup-Zwischenwertung bequem ausbauen konnte. Dritter wurde als bester Deutscher Niklas Krieg auf Carella (43,76).

Ungewöhnlich viele Reiter, 16 von 40, erreichten das Stechen. Das lag nicht daran, dass Parcourschef Frank Rothenberger etwa die Klasse der Reiter und Pferde unterschätzt hatte. "Das Gewinnen ist schwerer geworden", sagt der vierfache Olympiasieger Ludger Beerbaum, mit seinem Rio-Pferd Casello auf Rang vier. "Zwar sind die Springen nicht technisch anspruchsvoller geworden, aber heute kann zwei Drittel eines Starterfeldes gewinnen, früher war es vielleicht ein halbes Dutzend."

Bundestrainer Otto Becker durfte sich trotzdem freuen: Die jüngeren Reiter, die unter seiner Federführung eine Starterlaubnis für Leipzig erhalten hatten, nutzten die Chance, die Etablierten vor sich her zu treiben. Krieg, der im Vorjahr als Überraschungssieger in Leipzig gefeiert worden war, legte als einer der ersten Starter im Stechen einen flotten Ritt hin, der die folgenden Reiter so unter Druck setzte, dass ihnen so mancher Flüchtigkeitsfehler unterlief. Der 23-Jährige beweist, dass es hilft, wenn der Pferdesport in der Familie verankert ist: Er wird trainiert von seinem Vater Andreas, der vor einigen Jahren noch selbst ein international erfolgreicher Springreiter war.

Ludger Beerbaum vollzieht den Ausstieg aus dem großen Sport in kleinen Schritten

Marcus Brinkmann, 36, der auf Pikeur Dylan Fünfter wurde, ist als Juniorpartner in der väterlichen Bekleidungsfirma so etwas wie einer der letzten Amateure im Springreiterlager und kann sich ebenfalls gute Ratschläge in der Familie holen. Und sein Vater Wolfgang Brinkmann, der 1988 zusammen mit Dirk Hafemeister, Franke Sloothaak und Ludger Beerbaum olympisches Gold gewann, kann für seinen Sohn nicht nur gute Pferde besorgen, manche züchtet er auf seinem Gestüt bei Herford sogar selbst. Auch Guido Klatte und Maurice Tebbel, beide 23 Jahre alt und beide im Stechen, kommen aus Reiterfamilien.

Ludger Beerbaum war er der einzige der alten Garde, der den ehrgeizigen jungen Leuten Paroli bieten konnte. Er vollzieht den Ausstieg aus dem großen Sport in kleinen Schritten: Zwar verabschiedete er sich nach Rio aus der deutschen Nationalmannschaft, aber in Leipzig war er in allen Springen vorne dabei, mit seinen alten Cracks und den jungen Talenten gleichermaßen.

Die Jagd nach Punkten für das Springreiterweltcup-Finale Ende März in Omaha im US-Staat Nebraska haben die deutschen Reiter bislang gemächlich angehen lassen, auch weil inzwischen die millionenschwere Global Champions Tour Spitzenpaare anzieht und dem Weltcup immer häufiger das Wasser abgräbt. "Die brauchen alle noch Punkte fürs Finale", sagte Bundestrainer Otto Becker vor dem Springen. Nach Leipzig stehen nur noch drei Stationen aus - Zürich, Bordeaux und Göteborg.

Von den Topreitern lagen vor Leipzig nur Marcus Ehning und Holger Wulschner auf einigermaßen sicheren Listenplätzen. Beide erreichten in Leipzig das Stechen nicht. Auch die anderen gesetzten Reiter hatten mit der Entscheidung nichts zu tun, wie der Weltranglisten-Erste Daniel Deußer und der Zweite Christian Ahlmann. Es gibt eben kein Abonnement auf ewigen Ruhm.

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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