Peru unterliegt Dänemark:Und Guerrero trocknet Tränen

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Peru spielt im ersten WM-Spiel seit 1982 teilweise famos, aber trifft das Tor nicht. Der Leipziger Yussuf Poulsen schießt Dänemark zum glücklichen 1:0.

Es war so viel über ihn geschrieben und gesprochen worden. Mehrere Gerichte entschieden über sein Schicksal. Nach seinem eigenen Empfinden widerfuhr dem peruanischen Stürmer José Paulo Guerero daraufhin erst Unrecht, dann Recht, dann Unrecht und letztlich wieder Recht in der Frage, ob er denn ein Dopingvergehen begangen habe und damit gesperrt werden sollte. In der peruanischen Hauptstadt Lima fanden sich Menschen zusammen, die für ihn demonstrierten, Guerrero selbst beteuerte unter Tränen: "Ich habe nie Drogen genommen." Daniel Alfaro, der Bildungsminister des Landes, schaltete sich ein und bedauerte ein mögliches WM-Aus Guerreros. Und die gegnerischen Kapitäne der WM-Gruppe C sprachen sich dann auch noch für ihn aus.

Am Ende stand fest: Die vom obersten Sportgerichtshof Cas ausgesprochene Dopingsperre für Guerrero wegen des im Oktober 2017 nachgewiesenen Benzoylecgonin, einem Abbauprodukt des in Peru so beliebten Kokas und Derivaten wie Kokain, wird aufgeschoben. Vom Schweizer Bundesgericht, das letztlich also Recht sprach aus Guerreros Sicht. Das Gericht habe "den diversen Nachteilen Rechnung getragen, die der 34 Jahre alte Fußballspieler erleiden würde, wenn er nicht an einer Veranstaltung teilnehmen könnte, welche die Krönung seiner Fußballer-Karriere darstellen wird", teilte es mit.

Und dann, im ersten WM-Spiel der Peruaner seit 1982, der Krönung seiner Karriere also? Saß Perus Nummer neun nur auf der Bank.

Von dort aus musste Guerrero mit anschauen, wie statt ihm ein gegnerischer Stürmer zum Entscheider wurde. Der Leipziger Yussuf Poulsen traf zum 1:0 (0:0)-Sieg der Dänen. Guerrero selbst erarbeitete sich nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit eine gute Chance zum Ausgleich, doch sein feiner Hackenschuss holperte Zentimeter am Tor der Dänen vorbei. Es war nur einer von vielen Belegen für die äußerst unglückliche Niederlage der Peruaner. "Es war hart. Wir hoffen, dass es im Laufe des Turniers besser wird. Wir hatten nicht das Glück, die Chancen zu verwerten", sagte der ehemalige Schalker Jefferson Farfan.

Peru verzweifelt an Dänemarks Torwart Kasper Schmeichel

Statt Guerrero stürmte zu Beginn der sieben Jahre jüngere André Carrillo. Man durfte das durchaus als gelungenen Schachzug von Nationaltrainer Ricardo Gareca sehen. Schließlich hatten sich die dänischen Innenverteidiger Andreas Christensen (früher Mönchengladbach) und Simon Kjaer (früher Wolfsburg) explizit und ausgiebig auf den Mittelstürmer Guerrero vorbereitet. Jetzt mussten sie mit dem deutlich flinkeren und umtriebigen Carrillo zurechtkommen. Und das in einem Stadion, in dem sich die Peruaner ohnehin heimischer gefühlt haben dürften: Mehr als 25 000 Peruaner sollen in Saransk gewesen sein und verlegten das Spiel mit ihren Trommeln und Tröten so scheinbar aus Mordwinien nach Südamerika.

Den Peruanern gehörte nach drei Minuten die erste Strafraumaktion des Spiels, aus der durchaus ein Elfmeter hätte entstehen können. Poulsen traf Edison Flores am Fuß, doch der gambische Schiedsrichter Bakary Gassama entschied sich zügig gegen einen Pfiff und unterließ auch den Gang zum Monitor neben dem Spielfeld, der deutsche Videoschiedsrichter Felix Zwayer schien sich dabei nicht eingemischt zu haben. Später war es Carrillo, der von rechts außen den ersten gefährlichen Torschuss abgab (13.). Kasper Schmeichel, der Sohn von Dänemarks 1992er-Europameister Peter, wehrte ab.

Das zuvor stärker eingeschätzte Dänemark legte dagegen überraschend schwach los, nach 20 Minuten stand es bei den Torschüssen 6:0 für Peru, erst danach drehte sich die Partie etwas, Bremens Thomas Delaney drosch einen Weitschuss übers Tor des Peruaners Pedro Gallese (27.). Delaneys Sechser-Kollege William Kvist (36.) musste dann mit Verdacht auf Rippenbruch auf der Trage das Spielfeld verlassen, nachdem ihn Jefferson Farfan mit dem Knie getroffen hatte. Kurz vor der Pause eilte dann der Stürmer Poulsen erneut in den Strafraum zurück, wo er erneut ein Bein traf: das von Christian Cueva, dem begabten Spielmacher der Südamerikaner. Diese Szene sah sich der Schiedsrichter Gassama nun auf dem Monitor an und entschied nach Rücksprache mit Zwayer auf Strafstoß (45.). Der zuvor gefoulte Elfmeterschütze Cueva, den sie in Peru wegen seines so magischen Ballgefühls "Aladin" nennen, hatte die große Chance zur Führung: Er lief dann jedoch erst langsam und umständlich an und schoss dann umso schneller, geradliniger und höher übers Tor. Traurig, aber auch gestützt von Guerrero, wankte er zur Halbzeit in die Kabine.

Danach sollte erneut Peru das Spiel bestimmen, noch einige Chancen vergeben, doch ein einziges Mal passte die Abwehr nicht richtig auf, was Poulsen zu nutzen wusste. Christian Eriksen entließ ihn mit einem Steilpass in den Strafraum, wo der Leipziger links an Gallese vorbei ins Tor traf (59.). "Es war ein emotionales Spiel, vor allem für mich", sagte Poulsen: "Zuerst war ich der böse Bube, dann der Held. Aber da war auch viel Glück dabei."

© SZ vom 17.06.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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