Neuling Lewis Hamilton:Der routinierte Debütant

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Lewis Hamilton hat sich akribisch auf die Formel 1 vorbereitet und wird glänzender Dritter.

Lewis Hamilton ist erst 22 Jahre alt, aber der erste Formel-1-Pilot mit dunkler Haut schleppt schon historischen Ballast mit sich herum. Am Sonntag trat er beim Großen Preis von Australien nicht nur zu seinem ersten Grand Prix an, sondern auch gegen Giancarlo Baghetti. Der Italiener war der Letzte, dem beim Debüt ein Sieg glückte. Vor 46 Jahren war das, in Frankreich.

Neuling Lewis Hamilton: erstaunlich routiniert. (Foto: Foto: dpa)

Vier Runden lang führte Hamilton das Rennen tatsächlich an, am Ende wurde er Dritter. Den Vergleich mit Baghetti verlor er zwar, aber für Großbritannien war es dennoch bemerkenswert: Seit Mike Parkes 1966 in Frankreich war kein Pilot von der Insel auf Anhieb so weit vorne gelandet. Global betrachtet war es die erfolgreichste Premiere seit Jacques Villeneuves Einstand 1996. Der Kanadier wurde damals in Australien Zweiter. Am Ende belegte der Rang zwei der WM-Wertung, im Jahr darauf wurde er Weltmeister.

Früher oder später wird es Hamilton auch so weit bringen, glaubt zumindest sein Chef, McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh. ,,Einfach phänomenal'', jubelte der: ,,Er wird Weltmeister werden, das ist nur eine Frage der Zeit.'' Hamilton selbst nahm die Aufregung eher nüchtern entgegen. ,,Ich bin extrem glücklich für mich und mein Team'', verkündete er im Stil eines Buchhalters, der kühl Punkt für Punkt einer Rechnung prüft und abhakt. Hamiltons Bilanz des Nachmittags konnte sich sehen lassen.

Der Start: außen herum an Robert Kubica (BMW) und Teamkollegen Fernando Alonso vorbei auf Platz drei. Danach: 13 Runden lang die Spitze nicht aus den Augen verloren. Umlauf 23: erster Boxenstopp, fehlerlos. Nach Stopp Nummer zwei: Pech gehabt, von Hinterbänklern aufgehalten worden und deshalb Rang zwei an Alonso verloren. 38 Runden lang fuhr der Neuling direkt vor dem zweimaligen Weltmeister. Ein Unterschied war kaum zu erkennen. ,,Hoffentlich bleibt die Konkurrenz im Team die ganze Saison so gut'', sagte Alonso im Ziel. ,,Er ist auf einem sehr, sehr vergleichbaren Niveau gefahren'', lobte Mercedes-Sportchef Norbert Haug: ,,Ich erinnere mich an kein beeindruckenderes Debüt.''

Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt wird Hamilton von McLaren unterstützt. Bei der britischen Motorsportgala 1994 hatte er Teamchef Ron Dennis angesprochen, ihn um ein Autogramm gebeten und den Wunsch deponiert: ,,Eines Tages will ich für dich fahren!'' Dennis merkte sich den Knirps, warf ein Auge auf dessen weitere Go-Kart-Auftritte, und Jahre später meldete er sich mit einem Vertragsangebot bei ihm. ,,Er ist ein außergewöhnlicher Charakter'', sagt Dennis: ,,Wir könnten uns keinen entschlosseneren und ausgeglicheneren Fahrer wünschen.'' Ganz freiwillig überließ er Hamilton eines seiner Autos dann aber doch nicht. Erst als Kimi Räikkönens Wechsel zu Ferrari feststand, durfte Hamilton ernsthafte Hoffnungen hegen. Neueinsteiger gelten immer als Wackelkandidaten, und kein Top-Team spielt gerne auf Risiko.

Hamilton wurde penibel vorbereitet: Fitnesstraining, Startübungen, Testfahrten, Rhetorikschulung. Die Lektion ,,Wie gehe ich mit Boulevard-Schlagzeilen um?'' übernahm Vater Anthony. ,,Bloß nicht ablenken lassen'', riet er dem Filius, und der demonstrierte gleich, dass er auch das hinbekommt. ,,Ich kann mich an keinen Neuling erinnern, der ähnlich gut vorbereitet war'', staunte Jackie Stewart, der dreimalige Weltmeister, der 1965 debütierte und seitdem viele kommen und gehen sah. ,,Wir haben bei der Vorbereitung Wert darauf gelegt, jeden Bereich zu berücksichtigen'', sagte Hamilton ganz selbstverständlich. ,,Am Funk klang er wie ein selbstbewusster Routinier'', berichtete Geschäftsführer Whitmarsh. Erst im Ziel ließ Hamilton sich gehen. Kurz. Aber als sich die Kameras auf ihn richteten, war er schon wieder im Profi-Modus. ,,Ich bin entzückt'', erklärte er, denn: ,,Ich lebe meinen Traum.'' Zufällig wirbt der Hauptsponsor des Teams mit einem ähnlichen Spruch.

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